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Linus Reichlin Schreiben Sie Ihre Meinung.

Viva M. T. aus A.!

linus Model
 
Die Kolumne, in der das Leben, die Liebe und das Universum vollständig beschrieben werden.

Das Interesse an der Inguschetienkolumne von letzter Woche war dermassen gering, dass ich auf eine Fortsetzung der Serie verzichte. Die Leserquote betrug nur gerade 7,28 Prozent, und ich bekam drei Mails, darunter jenes eines M. T. aus A., der mir schrieb: «… und ausserdem fehlte in Ihrer Inguschetienkolumne der entscheidende Witz.» Nun frage ich mich natürlich, was das sein soll, ein entscheidender Witz. Mein Vater, der bekanntlich Chirurg war, sagte immer: «Entscheidend ist einzig und allein, dass ein Kunstfehler unentdeckt bleibt.» Wer nie sein Skalpell in die falsche Niere gesteckt hat, weiss gar nicht, was das Wort «entscheidend» überhaupt bedeutet. Mein Vater brachte manchmal von Operationen gewissermassen Andenken mit, kleine Stücke von Organen, die für den früheren Träger einmal ganz entscheidend gewesen waren. Er legte die Stücklein in Spiritus ein, beschriftete die Gläser mit den Namen der ehemaligen Besitzer und sagte zu mir: «Wenn ich tot bin, bringst du das den Angehörigen. Sag ihnen, es habe mir leidgetan, es sei alles von dem verfluchten Grand Marnier gekommen.»

Das Entscheidende, Herr M. T. aus A., ist nämlich nicht der Witz, sondern die Reue. Mein Vater war Sklave der vergorenen Orangen, gepflückt in Südfrankreich, destilliert und verkauft von Leuten, denen es egal ist, wenn Chirurgen nach dem Genuss ihres so genannten Grossen Marniers ausrufen: «Gütiger Gott, dem Patienten wurde ein Auge ausgestochen!» «Aber Herr Doktor, das ist doch sein Nabel!» «Eine Operation», sagte mein Vater immer, «ist ein Angriff auf den Körper des Patienten. Betrachte den Patienten als eine düstere Burg, in dem sich ein Geschwür versteckt. Zunächst einmal muss die Burg sturmreif geschossen, der Patient also betäubt werden. Daraufhin reite ich auf meinem treuen Skalpell Bucephalos in die anästhesierte Burg hinein, wobei ich noch das eine oder andere Burgtor erschaffe, mit heldenhaften Schnitten.»

Es konnte lange dauern, bis mein Vater in seinen Erzählungen endlich beim bösen Geschwür ankam und ihm Bucephalos an die Kehle setzte, woraufhin das Geschwür vergeblich um Gnade winselte. «Ja», sagte mein Vater jeweils, «und wo gekämpft wird, da werden natürlich manchmal auch Unschuldige getötet, zum Beispiel die Burg.» Aber war die Burg wirklich ganz unschuldig? Beherbergte sie nicht das böse Geschwür? Eine Frage für das «Philosophische Quartett» von Peter Sloterdjik, eine Sendung, die Sie, Herr M. T. aus A., sich wohl nie anschauen, weil in ihr konsequent der entscheidende Witz fehlt. Es gibt dort nur entscheidende Weisheiten zu haben, wie zum Beispiel die, dass die Operndiva Anna Netrebko, wenn sie im Weltraum explodiert, von niemandem gehört wird, weil eine Schallwelle ein Medium braucht, um sich auszubreiten, zum Beispiel das Schweizer Fernsehen, und für Sven Epinay ist im Weltraum nun mal kein Platz mehr, es gibt dort schon ein Vakuum.




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