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Nkstellnschop u. Jubiläumsbier
Die Kolumne, in der das Leben, die Liebe und das Universum vollständig beschrieben werden.
Die Butter, die man sich am Sonntag
aufs Brot schmieren würde, wenn man
welche hätte, ist die Intelligenz. Aber man
hat keine, also fährt man zum BP-Tankstellenshop
und zeigt damit die niedrigste
Form menschlichen Einkaufsverhaltens.
«Haben Sie Butter?», fragt man den Thailänder
an der Kasse, und dieser antwortet:
«Haben Sie inneren Frieden?» Dies ist
aber keineswegs der Auftakt zu einem anspruchsvollen
Gespräch, es ist lediglich eine
in Thailand übliche Floskel, mit der
man Leute begrüsst, die einen gestressten
Eindruck machen. Mein Vater, der bekanntlich
Chirurg war, sagte immer:
«Das Schöne an meinem Beruf ist, dass
man es mit Leuten zu tun hat, die bewusstlos
sind.» Dasselbe würden die Thailänder
in den Tankstellenshops sich auch
wünschen, denn auf die Frage nach dem
inneren Frieden werden sie sehr oft angebrüllt.
Man wirft ihnen dann die so genannte
Mongolenfalte vor und die billigen
Flugpreise, die es überhaupt möglich
machen, dass Leute aus Thailand bei uns
in Zürich den «SonntagsBlick» verkaufen.
Könnten wir Schweizer das eigentlich
nicht selber tun? Stattdessen fliegen wir
im so genannten Hugo-Loetscher-Jet nach
Thailand und kaufen den «Sonntags-
Blick» dort, und zwar wiederum aus der
Hand von Thailändern. Die Korrelation
zwischen «SonntagsBlick» und Thailand
zählt zu den grossen Rätseln der Pressegeschichte.
Von hier bis zur Kosmologie ist
es dann nur noch ein Katzensprung. Warum
zum Beispiel ist das Sonnensystem so
unbelebt? Warum gibt es auf dem Mond
und dem Mars sowie dem Merkur nicht
auch eine Wohlstandsgesellschaft oder
wenigstens ein paar Topfpflanzen? Man
kann sich die Ödheit des Sonnensystems
eigentlich nur mit dem Geiz Gottes erklären.
Drei oder vier von Leben wimmelnde
Planeten auf einem Haufen, das wäre
ihm vorgekommen wie frisches Brot wegwerfen
oder im Parkhaus von Sihlcity parken,
vier Franken pro Stunde! Gott geizt
mit grünen, belebten Planeten! Ihm ist
wahrscheinlich schon der eine zu kostspielig,
«Media Markt – Ich bin doch nicht
blöd!» Aber wenn man das alles im Tankstellenshop
dem Schwager des Kassiers erzählt,
sagt der bloss: «Sie nicht innerer
Frieden.» Mein Vater sagte immer: «Wer
den inneren Frieden gefunden hat, dem
droht die ewige Ruhe.» Er musste es wissen,
er hat vielen Patienten die ewige Ruhe
verschafft: Das Letzte, was sie rochen,
war der Orangenduft aus dem Mund meines
Vaters, der bekanntlich ein grosser Anhänger
des Grand-Marnier-Likörs war.
Aber, ach, in meinem Kopf sieht es heute
wieder aus wie in einem Tankstellenshop
am Sonntag: nichts Frisches, beschränktes
Sortiment, Kundschaft in Trainerhosen
mit Spermaflecken vom Sunntigsmorgäfigg,
Sinnentleertheit, Darmverstopfung,
und immer wieder der «SonntagsBlick»,
der Blick in die Abgründe von Männern,
die ihr A. hinter dem Vornamen tragen
wie andere einen Pudel auf dem Arm.
Doch die Bierbrauer sind die Freunde der
Menschheit, sie bieten im Tankstellenshop
manchmal so genanntes Jubiläumsbier an
zur 0-Jahre-Feier des inneren Friedens.
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