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Kleinwagen zu Pflugscharen
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Linus-Model Nr. 16: Maya Sieber im Sauriermuseum Aathal. |
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Die Kolumne, in der das Leben, die Liebe und das Universum vollständig beschrieben werden.
Heutzutage, in einer Zeit, in der die
so genannte leichte Kost alle Schichten der
Gesellschaft durchdrungen hat bis hinunter
zur katholischen Kirche, die jetzt die
Vorhölle abschaffen will, wohl weil für
RTL-Zuschauer Höllen mit mehr als fünf
Buchstaben
unzumutbar sind, in einer
solchen Zeit tut es gut, sich zu fragen, ob
Niels Bohr, einer der Väter der Quantenphysik,
Recht hatte mit seiner Behauptung,
das Gegenteil der Wahrheit sei stets
ebenso wahr wie die Wahrheit. Albert
Einstein attestierte
Bohr zwar einmal
«höchste Musikalität
auf dem Gebiet des
Gedankens», aber im Fall der oben erwähnten
Behauptung Bohrs quietscht die
Geige doch erheblich. Denn Wahrheit ist
ja zunächst einmal nichts anderes als a)
in einer Demokratie die Überzeugung der
Mehrheit und b) in einer Diktatur die
Überzeugung der Minderheit. Daraus ergibt
sich die Formel: Wahrheit ohne Waffengewalt
= Langeweile, jedoch umgekehrt
auch: Wahrheit mit Waffengewalt =
12 546 Filme über den Nationalsozialismus
pro Jahr im deutschen Fernsehen. Die
Wahrheit mit Waffengewalt ist wesentlich
spannender, erregender, ja gar bedeutender
als jene, die auf den zumeist biederen,
halbklugen Überzeugungen der Mehrheit
beruht. Gemäss Bohr müsste nun aber
das Umgekehrte ebenso wahr sein, nämlich
dass die
Demokratie genauso dramatisch
ist wie die Tyrannei. Die Geschichte
zeigt jedoch, dass die Demokratie nur
dann Dramatik entwickelt, wenn ein Tyrann
sie abzuschaffen versucht. Damit ist
Niels Bohr widerlegt. Und jetzt zu den
zwölf Aposteln.
Beim Bibelstudium bin ich kürzlich auf
eine hochinteressante Tatsache gestossen.
Alle vier Evangelien berichten übereinstimmend,
dass die zwölf Apostel bewaffnet
waren.
«Simon Petrus, der ein Schwert hatte
», heisst es bei Johannes, «zog es und (…)
hieb ihm (dem Knecht des Hohen Priesters)
das rechte Ohr ab.» Matthäus berichtet:
«Und (…) einer von den Begleitern Jesu (…)
zog sein Schwert (…)». «Herr, sollen
wir mit dem Schwerte dreinschlagen?»,
fragen im Evangelium nach Lukas die
Apostel unisono.
Bei so vielen Erwähnungen
des Wortes «Schwert» kann ein
Übersetzungsfehler ausgeschlossen
werden: Die Apostel trugen tatsächlich
Schwerter und nicht etwa
Messer. In der Antike war ein Schwert
aber sehr teuer, es kostete vergleichsweise
so viel wie heute ein Kleinwagen,
und Kleinwägen konnten sich in der Antike
nur die sehr reichen Leute leisten. Wie also
kamen die zwölf Apostel, die ja aus ärmlichen
Verhältnissen stammten (Fischer,
Zöllner) zu derart teuren Waffen?
Der Vatikan wird sich seine Antwort sehr
sorgfältig überlegen müssen, um etwa den
Verdacht des Diebstahls zu zerstreuen. Was
hingegen bleiben wird, ist das neue Bild
von Jesus, der zu Beginn der Bergpredigt
die Zuhörer segnet, während hinter ihm
die Apostel ihre Schwerter schleifen.
Wenn Jesus sich mit seinen Aposteln einem
armen Bauerndorf näherte, riefen die
Kinder: «Achtung, da kommen Bewaffnete!
» Dies ist wohl ein herber Faustschlag
für «Schwerter zu Pflugscharen».
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