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Einfach platzen
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Linus-Model Nr. 17: Thomas Gerber in Oensingen SO in einer Sema-Betongarage. |
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Die Kolumne, in der das Leben, die Liebe und das Universum vollständig beschrieben werden.
Ermüdend finde ich die endlosen
Diskussionen darüber, ob die Kassiererinnen
im Coop im Durchschnitt hübscher
sind als die in der Migros. In der Migros
sind sie meiner Meinung nach generell etwas
jünger, aber Jugend und Schönheit
sind nicht das Paar Schuhe, für die man
es hält, wenn man älter wird. Im Gegenteil
klafft in der Jugend die straffe Haut oft
sehr mit dem auseinander, das sie bedeckt.
Man könnte das noch verschwurbelter
sagen, aber dazu fehlt mir im Augenblick
die nötige innere Krümmung. Jedenfalls
beneide ich die Sechzehnjährigen
überhaupt
nicht, denn selbst die Schönsten
unter ihnen entdecken vor dem Spiegel
immer irgendeine Katastrophe, eine zu
lange Augenbraue, einen zu breiten Schneidezahn
oder mich im Spiegelhintergrund,
den liebenden Vater, der seine Geschöpfe
zertrümmert, indem er sagt: «Du siehst
heute
wieder mal ganz toll aus. Und das
mit dem breiten Schneidezahn, das merkt
niemand, da bin ich fast sicher.»
Der Neid
gebiert
Schweine, sagen die Chinesen.
Doch wie ich schon sagte: Es ist in meinem
Fall kein Neid, ich war ja schliesslich
auch einmal jung und zwar noch wesentlich
jünger als die Kassiererinnen in der
Migros. Und nun wollen wir dieses Thema
endgültig Kurt Aeschbacher überlassen,
dem Mann, den wir früher einmal alle
geliebt haben, aber die Zeit ist ein erbarmungsloser
Aktenvernichter. Was einmal
ganz war, kommt unten in kleinen Streifen
heraus, und niemand kann das, was
einmal war, wieder zusammensetzen.
Auch dies behaupten wieder die Chinesen,
die für jede Schattierung menschlichen
Leids irgendeinen Keksspruch parat
haben. Wenn man aber einen Chinesen
fragt, wie spät es ist, bittet er einen, ihm
eine Uhr zu kaufen, dann könne er es einem
sagen, und dann sei die Welt insgesamt
ein besserer, gerechterer Ort. Für
mich klingt das nach Uhrkauf-Kommunismus
übelster Prägung. Kann sich überhaupt
noch jemand an die Absicht des
Kommunismus erinnern? Er wollte, dass
die Migros und der Coop den Kassiererinnen
gehören, aber es stellte sich heraus,
dass die Kassiererinnen nicht gleichzeitig
an der Kasse sitzen, Personal einstellen,
neue Filialen projektieren, die Buchhaltung
türken und dissidente Kunden verhaften
konnten. Der Kommunismus hat
den Menschen überfordert, und deshalb
wurde er abgeschafft, wie Elmer Citro. Elmer
Citro scheint die Menschen auch
überfordert
zu haben, denn man findet es
praktisch nirgends mehr.
Man sollte übrigens
nicht sagen «die Buchhaltung türken
», sonst wird in Brüssel wieder eine
Kommission aus dem Boden gestampft
und ein neues Verwaltungshochhaus errichtet
zur Verhinderung des Verbs «türken
», und vor dem Hochhaus steht dann
eine mahnende Skulptur, die einen traurigen
Türken zeigt, der einen Schmetterling
in der Hand hält. Und jedes Jahr einmal
lassen Schulkinder vor der Skulptur
Ballone fliegen, auf denen steht: «Helium
ist leichter als Luft», und Jean Ziegler, der
gleichfalls leichter als Luft ist, fliegt als
Botschafter der Liebe nach Ankara, und
alles ist so schön, dass man einfach platzen
muss!
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