Der diesjährige Nobelpreis für Literatur geht an die englische Autorin Doris Lessing (87). Das teilte die Schwedische Akademie am Donnerstag in Stockholm mit.
In der Begründung hieß es, Lessing sei eine "Epikerin weiblicher Erfahrung, die sich mit Skepsis, Leidenschaft und visionärer Kraft eine zersplitterte Zivilisation zur Prüfung vorgenommen hat".
Der Chef der Akademie, Horace Engdahl, sagte über die völlig überraschende Vergabe: "Dies ist eine der wohldurchdachtesten Entscheidungen, die wir jemals getroffen haben." Lessing konnte bis Donnerstagmittag noch nicht verständigt werden.
Lessing beim Einkaufen
Ihr Agent Jonathan Clowes erklärte, die am 22. Oktober 1919 in Kermanschah (damals Persien) geborene Lessing sei derzeit beim Einkaufen. "Wir sind hoch erfreut, und das ist sehr verdient", sagte Clowes zu der Ehrung.
Der Durchbruch sei ihr 1962 mit dem Werk "Das goldene Notizbuch" gelungen, wie die Nobelpreisakademie erklärte. Lessings Werk sei von der Frauenbewegung als Pionierleistung angesehen worden. "Es gehört zu der Handvoll Bücher, die über die Sicht der Mann-Frau-Beziehung des 20. Jahrhunderts informieren."
Die 2004 als bisher letzte mit dem Literatur-Nobelpreis ausgezeichnete Frau, Elfriede Jelinek, sagte zur Auszeichnung Lessings: "Das war längst überfällig". Lessings "Das Goldene Notizbuch" sei "sicher eines der wichtigsten feministischen Werke der Literatur überhaupt".
Reich-Ranicki: "Bedauerlich"
Kritik an der Vergabe übte hingegen Literaturkritiker Marcel Reich-Ranicki: Er fand diese "bedauerlich" und ist der Ansicht, dass die angelsächsische Welt "viele, jedenfalls mehrere bedeutendere, wichtigere Schriftsteller hat".
Lessings deutscher Verlag Hoffmann und Campe zeigte sich am Donnerstag auf der Frankfurter Buchmesse sehr erfreut. "Es ist ein großes Glück für den Verlag. Natürlich haben wir immer gehofft, dass Doris Lessing den Literaturnobelpreis erhält", erklärte Geschäftsführer Günter Berg.
Er erinnerte daran, dass die Autorin erst am Mittwoch zu einer Lesung in Hamburg gewesen sei. Berg beschrieb sie als eine hochsympathische Frau, die sich nie habe vereinnahmen lassen.
Elfte Frau mit Literaturpreis
Lessing ist die elfte Frau, die den begehrtesten Literaturpreis der Welt zuerkannt bekommt. Seit der ersten Vergabe 1901 wurden umgekehrt 93 Männer ausgezeichnet.
Im vergangenen Jahr erhielt der türkische Autor Orhan Pamuk den Nobelpreis. Der Preis ist mit umgerechnet 1,1 Millionen Euro dotiert und wird am 10. Dezember vom schwedischen König Carl XVI. Gustaf überreicht.
11.10.2007 |
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