Großer Dachausbau und Tiefgarage sind bereits genehmigt.
Mieter empört: "Nie informiert, aber ständig bedrängt."
Nur vier Monate für Baubewilligung.
Wien. Das Wiener Arsenal – nach der Märzrevolution 1848 erbaut – hat in seiner wechselvollen Geschichte schon viel überstanden. Ob der einzigartige Charakter des denkmalgeschützten Ensembles auch in den kommenden Jahren erhalten bleibt, ist aber fraglich. Denn mit der fixierten U2-Verlängerung Richtung Süden bekommt das Arsenal 2019 einen eigenen U-Bahn-Anschluss – was schon jetzt den Druck von potenten Bauinvestoren gewaltig ansteigen lässt.
Erstes diesbezügliches Ziel ist das Objekt 12 am südöstlichen Ende der ehemaligen Militäranlage (siehe Bild unten): Wie die "Wiener Zeitung" erfährt, sind auf dem quadratischen Gebäude nicht weniger als 31 neue Dachgeschoßwohnungen mit einer Gesamtfläche von 3300 Quadratmetern geplant. Zusätzlich soll es im Hof eine dreigeschoßige Tiefgarage mit 107 Stellplätzen geben.
Gegen dieses Bauvorhaben gibt es aber massive Widerstände von Bewohnern, die den Eingriff nicht nur für problematisch halten, sondern denen bis dato auch keine Pläne vorgelegt wurden. Faktum ist jedoch, dass es für das Projekt bereits eine rechtsgültige Baugenehmigung gibt – die übrigens rasend schnell binnen vier Monaten erledigt war: "Die Einreichung erfolgte am 19. Juni 2007, der Bescheid ist am 15. Oktober ergangen", berichtet das Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ).
Architekten-Pläne des Arsenal-Wettbewerbs – so nicht genehmigungsfähig. Foto: Kirsch
"Wir fühlen uns wirklich gefrotzelt. Bis jetzt haben wir keine Pläne gesehen – und nun ist der Ausbau schon genehmigt", klagt etwa der Mieter Johann Riedel. Ähnliche Vorwürfe erhebt der Bewohner Rudolf Biack: "Personen, die sich beim Hausbesitzer über einen Ausbau erkundigt haben, wurde gesagt, dass keiner geplant sei." Denn um den Dachboden ausbauen zu können, müssten erst die Bewohner ihre dortigen Abstellräume hergeben.
"In einem Brief wurde uns einmal mitgeteilt, dass unsere Kammerln zu räumen wären und wir dafür einen Container im Hof bekämen", berichtet Biack. Nachsatz: "Wir haben natürlich abgelehnt. Jetzt vernehmen wir Gerüchte, dass aus Sicherheitsgründen eine Zwangsräumung kommen soll." Auch andere Bewohner fühlen sich betreffend der Dachkammerln massiv unter Druck gesetzt.
Unverständlich ist für viele zudem, wie auf dem denkmalgeschützten Objekt überhaupt Luxuswohnungen möglich sind: "Uns wurde bisher jede kleine Veränderung vom Denkmalamt untersagt. Türfüllungen durften nicht verändert werden; auch Blumenschüsseln im Hof wurden nicht erlaubt", erinnert sich Bewohner Heinz Martinek.
Selber Besitzer wie in Schönlaterngasse 13
Beim Hausbesitzer handelt es sich übrigens um die Firma "Dr. Jelitzka + Partner", die – wie berichtet – auch für den umstrittenen Dachausbau in der Schönlaterngasse 13 verantwortlich zeichnet. "Wenn sich die bei uns so wie dort um die Auflagen für die Fundamente kümmern, bricht das Haus noch zusammen", warnt Biack. Vom Hausbesitzer war am Montag übrigens niemand für eine Stellungnahme zu erreichen.
Die Mieter, von denen einige dem Verein "Initiative Arsenal" angehören, bereiten bereits rechtliche Schritte vor. Auch im Büro Ludwig verweist man auf diese zivilrechtliche Möglichkeit, denn zwingend vorgeschrieben ist die Einbindung von Mietern nicht. "Anständigerweise hätte sie aber erfolgen müssen."
Das Denkmalamt verteidigt seine Zustimmung: Firsthöhe und Dachneigung blieben durch den eingeschoßigen Ausbau unverändert, "und einen zusätzlich geplanten Turm-Neubau haben wir gleich abgelehnt", sagt Landeskonservatorin Barbara Neubauer. Für sie legt diese Genehmigung nun auch die Latte für das ganze Arsenal fest: "Mehr als dort wird woanders sicher nicht gehen." Daher seien die im Sommer präsentierten Architekten-Ideen (siehe Bild oben) mit gewaltigen Ausbauten nicht mehr als bloße Fantasie.
Montag, 29. Oktober 2007