03.11.2007 / Inland / Seite 8

»Spangdahlem ist eine der wichtigsten Startbahnen«

Wie sich aus dem Ärger über Abgase und Fluglärm in Rheinland-Pfalz eine solide Antikriegshaltung entwickelt. Ein Gespräch mit Markus Pflüger

Interview: Claudia Wangerin
Bild 1
Markus Pflüger ist in der »Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier« und der Deutschen Friedensgesellschaft – Vereinigte KriegsdienstgegnerInnen (DFG-VK) aktiv. Er ist Mitorganisator der Protestkundgebung mit Aimee Allison am Samstag vor dem US-Luftwaffenstützpunkt Spangdahlem

Was zeichnet den US-Luftwaffenstützpunkt in Spangdahlem in Rheinland-Pfalz aus, vor dem Sie am Samstag protestieren wollen?

Spangdahlem und der Stützpunkt in Ramstein sind auf deutschem Boden die wichtigsten Startbahnen für die gegenwärtigen US-Kriege.

Spangdahlem wurde kürzlich ausgebaut. Wie wirkt sich das auf die Umgebung aus?

Wir haben Kontakt zu einer Anwohnerinitiative, die ein Lied davon singen kann, was für eine gigantische Militärmaschinerie da zugange ist. Nachts leuchten riesige Scheinwerfer, Triebwerke werden getestet. Bis zu zehn Großraumflugzeuge können dort geparkt und beladen werden. Es soll jetzt die längste Startbahn Europas sein. Das macht deutlich: Es geht um Nachschub und Versorgung für Kriegseinsätze in aller Welt. Vor allen Dingen im Irak und Afghanistan.

Fordern Sie deshalb die Schließung aller US-Truppenstandorte auf deutschem Boden?

Grundsätzlich wollen wir die Schließung aller Kriegsflughäfen – nicht nur der US-Airbasen. Das ist natürlich eine sehr weitgehende Forderung, momentan geht es erst einmal darum, zu zeigen: Es gibt viele Anwohner und Menschen in der Region, die das nicht mehr hinnehmen wollen. Ich halte es darüber hinaus für wichtig, auf die deutsche Unterstützung für diese Kriegseinsätze hinzuweisen.

Sehen auch die Anwohner, die sich am Protest beteiligen, diesen Zusammenhang? Lehnen sie grundsätzlich Interven­tionskriege ab, oder geht es ihnen eher nur um die Lärm- und Umweltbelastungen direkt vor ihrer Haustür?

Bei einigen fängt das natürlich mit dem Ärger über Lärm und Abgase an – aber es hat sich weiterentwickelt. Wir haben im Laufe der Diskussion beobachtet, daß Anwohner, die anfangs nur gegen die Erweiterung waren, inzwischen auch die Funktion des Stützpunktes kritisieren. Es ist ja auch legitim, die Kollateralschäden vor Ort zu kritisieren – Lärm, Abgase, Landschaftszerstörung, Versiegelung, Wasserverschmutzung. Dabei sind aber viele nicht stehengeblieben. Sie wissen: Es geht um Macht und Ressourcen, wenn es täglich bei ihnen im Wohnzimmer wackelt, weil da Flugzeuge starten und landen.

Welche Gruppen und Organisationen der Friedensbewegung unterstützen den Protest in Spangdahlem?

Die Kundgebung wird von der »Arbeitsgemeinschaft Frieden Trier« veranstaltet, unterstützt wird sie von der Gruppe Trier und dem Landesverband Rheinland-Pfalz der DFG-VK, dem Friedensnetz Saar, aber auch von der Katholischen Studierenden Jugend Trier und Pax Christi Trier, dem Initiativkreis gegen Atomwaffen und Connection e.V. Aber auch von regionalen und kleinen örtlichen Friedensgruppen. Das halte ich für ein wichtiges Zeichen in dieser Region, wo die rheinland-pfälzische Landesregierung immer wieder versucht, die Kritik an der Airbase niederzubügeln.

Als Hauptrednerin haben Sie die US-amerikanische Kriegsdienstgegnerin Aimee Allison eingeladen. Wie ist sie zur Friedensbewegung gestoßen?

Das Spannende an ihr ist, daß sie sich einst selbst hat rekrutieren lassen – sie weiß also genau um die Tricks der US-Armee, junge Leute zu ködern. Sie hat sich dann aber im 1991er Irak-Krieg von der Armee distanziert und jeden weiteren Kriegsdienst verweigert. Heute engagiert sie sich gegen die Rekrutierungskampagnen der US-Armee. Bei unserer Kundgebung werden zum Wachwechsel ständig Soldaten den Stützpunkt verlassen oder betreten – die sind natürlich erst recht Adressaten für das, was Aimee Allison zu sagen hat.

Mehr aus der Rubrik Inland (03.11.2007)

»Die Stadtwerke gehören den Leipzigern«
Ein Bürgerbegehren soll ihren erneuten Verkauf verhindern. Der Oberbürgermeister will aber die Privatisierung um jeden Preis. Ein Gespräch mit Mike Nagler Artikel lesen
Nora Schareika
Straße frei für Transrapid-Gegner
Teuer, laut und unerwünscht: München steht am Samstag im Zeichen des Protests gegen die geplante Magnetbahnstrecke für Transrapid. Politiker von Linkspartei bis CSU lehnen Großprojekt ab Artikel lesen
Claudia Wangerin
Nazis hui, Rote pfui
Bundeswehr duldet Traditionsfeiern für Görings Vorzeigeflieger. Ehrung revolutionärer Matrosen hingegen ist »unzulässig«. Bundesregierung hält das für normal Artikel lesen
Frank Brendle
Niedersachsen bleibt ein Härtefall
Wohlfahrtsverbände verlassen nach einem Jahr Kommission, die individuell über Bleiberecht für Flüchtlinge entscheiden soll. Blockade durch rigide Verordnung beklagt. Bisher nur fünf Fälle positiv entschieden Artikel lesen
Reimar Paul
Preis für »Herdprämie«
Konservatives »Familiennetzwerk« will thüringischen Ministerpräsidenten ehren. Gewerkschaften ziehen negative Zwischenbilanz nach einem Jahr Landeserziehungsgeld Artikel lesen
Holger Elias

Navigation


Zum Seitenanfang springen

Aktuelle Angebote und Hinweise der jungen Welt

Zum Onlineabo

Login für Onlineabonnenten der jungen Welt


Aktuelle Titelseite

Aktuelle Titelseite der Tageszeitung junge Welt

Newsletter

Newsletter Abonnieren

Aktuelle Aktion|

|
|

Annäherungsversuch|

|
|

Beilage am 28.11.|

|
|

Hinein in die LPG!|

|
|

Tiefgang|

|
|

Verortung|

|
|

Online-Shop|

Heinz-Jung-Stiftung (Hg.)
|
18,00 EUR

Termine



- Montag, 5. November 2007, Nr. 256

Werbung

jW-Ladengalerie
Print-Abo

Aktion aktuell

Zum Seitenanfang springen