Das Feuerwerk beginnt. Langsam öffnet sich der Verschluss des Kippofens. 1500 Grad, 13 Tonnen flüssiges Eisen. Nun schießt es heraus. Funken sprühen, Flammen züngeln. Es zischt und knistert. Ein Mann in silbernem Aluminiumanzug und goldenem Helm wühlt mit einem Greifer in der brodelnden Glut.
Jetzt muss alles schnell gehen. Er nimmt zügig mehrere Proben, kühlt sie im Wasserbad ab und zerbricht sie mit einem Hammer. Mithilfe eines Spektralanalysegeräts erkennt er die Güte des Eisens. Zufrieden? Der Mann nickt.
Drüben warten schon die Kollegen. Der Guss muss in die Form. Zuerst fließt er in die Eingusswanne. Ist sie voll, zieht jemand den Stopfen, und das flüssige Metall rast in die Gussform für eine Rotornabe. 90 Sekunden dauert das Ganze. Dann geht es wieder von vorn los.
Tag und Nacht brennen die Öfen. Rund um die Uhr, an sieben Tagen in der Woche rühren die Arbeiter der Eisengießerei Torgelow im Feuer, wühlen im Dreck, waten durch Kohlenstoffstaub, der die Böden bedeckt. Ein Höllenjob? "Nein", sagt der Mann im Aluminiumanzug. "Wir sind froh, dass wir diesen Job haben."
Wer weiß, ob es das Feuer, den Staub, die Hitze noch gäbe, wäre nicht Hermann-Josef Taterra nach Torgelow gekommen. Den Kopf haben sie geschüttelt. Belächelt haben sie ihn, den Mann aus dem Westen. Diese marode Gießerei im äußersten Osten Vorpommerns will er haben?
Niemand glaubte, dass sie noch zu retten sei. Drei Privatisierungsversuche des DDR-Betriebs endeten im Desaster, die Zahl der Beschäftigten sank seit der Wiedervereinigung von 2400 auf zuletzt 66, die Verluste stiegen auf 1,2 Mio. Euro im Jahr.
Taterra hat das Unternehmen dennoch gekauft - und schreibt wieder Gewinne. Seine Strategie: Statt lauter Kleinaufträge abzuarbeiten, konzentriert er sich auf einige wenige Kunden, an die er große Stückzahlen liefert.
Und, noch wichtiger, er betreibt eine gezielte Personalentwicklung. "Was nützen mir volle Auftragsbücher, wenn ich keine Leute habe?", fragt Taterra. Im Wettbewerb um die besten Köpfe kann er mittlerweile mit den ganz Großen der Branche konkurrieren. Trotz der Randlage an der polnischen Grenze.
Auf welche Kunden er sich spezialisieren wollte, war Taterra schnell klar: Windanlagenbauer. Vom Boom der Branche soll auch sein neues Unternehmen profitieren: Zwei Drittel des Umsatzes in Torgelow haben heute mit Windrotoren zu tun, der Rest entfällt auf Schiffsantriebe und andere schwere Maschinen.
FTD.de, 22.10.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD/Thomas Meyer
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