Dass es sich womöglich um einen tragischen Unfall handelt, kann die Schuld des Schützen mindern. Es entbindet Amato aber nicht davon, dass die Sicherheitskräfte chaotisch operierten, und dass es nach der verirrten Kugel in mehreren Städten zu einer völlig unkontrollierten Randale Tausender Schläger kam.
Das Versagen der Regierung wiegt schwer, zumal das Problem mit den sogenannten Ultras - fanatische, zerstörungswütige, meist rechtsextreme Fans - seit Jahresanfang besonders akut ist. Von den Ankündigungen, die Amato nach dem Tod eines Polizisten bei Krawallen im Februar gemacht hat, wurde nur ein Teil umgesetzt. Wäre das Krisenmanagement rund um den Gefahrenfaktor Fußball seitdem ernsthaft verbessert worden, hätten sich die Ausschreitungen vom Sonntag begrenzen lassen - alle Spiele wären abgesetzt worden.
Die Ultras haben Macht in Italiens Fußball, sie sind keine sozialen Verlierer wie jene Halbstarken, die 2005 Frankreichs Vorstädte anzündeten. Und sie schrecken nicht vor Erpressungsmethoden zurück, wie man sie von der Mafia kennt. Die Angst der Politik, gegen sie vorzugehen, ist der eigentliche Skandal.
Muss Amato sein Amt aufgeben, dann kann die Mitte-links-Regierung Romano Prodis zusammenbrechen. Amato ist bisher eine ihrer wenigen Stützen. Das Ende einer Regierung ist aber noch das kleinere Problem, verglichen mit der zersetzenden Wirkung, die schrankenloser Fußballfanatismus im Land des Weltmeisters auf die Gesellschaft hat.
Aus der FTD vom 13.11.2007
© 2007 Financial Times Deutschland
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