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Musik

Pop-Konzert

Tocotronic: Kapitulation als Subversion

So gibt man gerne auf: Tocotronic – im Bild Gitarrist Dirk von Lowtzow – gastierten in der Arena.  Foto: apa

So gibt man gerne auf: Tocotronic – im Bild Gitarrist Dirk von Lowtzow – gastierten in der Arena. Foto: apa

Von Andreas Rauschal

Der als letzte Zugabe gereichte Klassiker "Freiburg" aus 1995 ("Ich weiß nicht, wieso ich euch so hasse, Fahrradfahrer dieser Stadt!") lässt Dirk von Lowtzow am Ende zum Brülltier werden.

Seine Kollegen an Gitarre und Bass erarbeiten dazu ein teutonisches Lärmgebäude aus weit ausgebreiteten Feedbackschleifen im Zeichen einer ergiebigen Hallhölle, ehe sie das Schlagzeug von Arne Zank in seine Einzelteile zerlegen und über die Bühne verteilen.

Diese mit zum Besten am ersten zweier Wien-Gastspiele der deutschen Indie-Heroen Tocotronic gehörende Szene sollte auch dem letzten Zweifler im Publikum eines vorgeführt haben: Dass dem Quartett Wut und Zorn gegen die Umstände da draußen nicht etwa fremd geworden sind, sondern dass diese als künstlerische Ur-Triebkräfte heute zu neuer Form auflaufen.

Das liegt nicht ursprünglich auf der Hand. Immerhin heißt die siebente und hier live zu präsentierende Arbeit der Hamburger "Kapitulation".

"Ist halt so" gilt nicht

Diese und synonym gebrauchte Begriffe wie Resignation oder (Selbst-)Aufgabe sollten der Rockmusik Feind sein, und es sollte befremden, wenn sie ausgerechnet einer immer für ihre systemkritische Haltung zwischen bewusst gewähltem Außenseitertum und unbedingtem Widerstand geschätzten Band über die Lippen kommen. Bei Tocotronic aber wird Kapitulation als Subversion verstanden.

Wir hören es in "Sag alles ab", das als ruppigste Nummer der Band seit Jahren mit forsch holzenden Gitarrenriffs auf einen Rückzug aus der Leistungsgesellschaft pocht. "Spreng deine Ketten in die Luft/ Und lass das Scheusal mal zu Hause/ Die Prüfung findet heut nicht statt /Die Karriere macht mal Pause". Entschleunigung als Mittel zum Seelenheil, aber auch als Unterwanderung nicht weiter hinterfragter Zwänge. "Ist halt so" darf niemals gelten.

Dabei sind es bedeutungsschwangere und auf Manifeste hindeutende Phrasen und Slogans, die Tocotronic seit jeher als wichtigstes Stilmittel gelten.

Wir hören etwa das gegen ein neues, mit Stolz getragenes deutsches Nationalgefühl gerichtete "Aber hier leben, nein danke!", das sich live einmal mehr als große Hymne erweist, oder mit "Sie wollen uns erzählen" ein Pamphlet gegen die Kontrollgesellschaft.

"Raus" und stolz drauf

Ansonsten stechen "Free Hospital" als schwer betrübte Elegie und das von erhabenen Klangsphären getragene "Explosion" live hervor.

"Jackpot" schließlich vereint die oppositionelle Haltung der Band mit dem Kosmos der Romantik als Bekenntnis zur Zärtlichkeit. "Wir sind raus – und wir sind stolz darauf."

Ein guter Abend.

Tocotronic

Wiener Arena

Aktuelles Album:

Kapitulation (Universal)

Lustvolle Kapitulation.

Montag, 29. Oktober 2007

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