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Dossier Bundesländer greifen Berufskläger an

von Monika Dunkel (Berlin) und Florian Eder (Mailand)

Die Bundesländer Sachsen und Baden-Württemberg möchten sogenannte räuberische Aktionäre in die Schranken weisen. Ihren Plan zufolge soll künftig der Gang durch die Instanzen blockiert werden.

Die Justizminister der beiden Länder, Geert Mackenroth (CDU) aus Sachsen und Ulrich Goll (FDP) aus Baden-Württemberg, bereiten eine entsprechende Bundesratsinitiative vor. Sie schlagen vor, per Gesetz die Oberlandesgerichte als Erstinstanz festzulegen. Deren Urteile wären sofort rechtskräftig. "Bisher sind die Landgerichte zuständig, und die Prozesse ziehen sich aufgrund von Rechtsmittelverfahren oft bis zu anderthalb Jahre hin", sagte Mackenroth der FTD.

Ein Mann geht in die Börse in Frankfurt
 Ein Mann geht in die Börse in Frankfurt

Den professionellen Klägern geht es meist nicht darum, ihnen ungerecht erscheinende Beschlüsse vor Gericht überprüfen zu lassen. Sie leben vielmehr davon, dass sie systematisch Hauptversammlungsentscheidungen anfechten, Kapitalerhöhungen blockieren oder den Zwangsausschluss von Minderheitsaktionären (Squeeze-out) bei Übernahmen anfechten. Diese Klagen lassen sie sich oft für hohe Summen abkaufen. Das funktioniert, da die Unternehmen lange juristische Auseinandersetzungen scheuen und lieber zahlen, zumal wenn es um Entscheidungen geht, die rasch umgesetzt werden müssen, etwa über Investitionen.

"Mit der neuen Regelung könnten wir die Verfahrensdauer halbieren und den Berufsklägern das Handwerk legen. Denn das größte Drohpotenzial ist der Zeitfaktor", sagte Mackenroth. "Mit unserem Vorschlag könnten wir den Spuk schneller beenden." Nach geltendem Recht kann jeder Aktionär, der auch nur eine einzige Aktie besitzt, Beschlüsse der Hauptversammlung anfechten.

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Notwendig sei eine Gesetzesänderung, da die bisherigen Versuche des Bundesgesetzgebers, des Problems Herr zu werden, nach Ansicht von Mackenroth nicht den erhofften Erfolg brachten. Vor zwei Jahren trat das Gesetz zur Unternehmensintegrität und Modernisierung des Anfechtungsrechts in Kraft. Alle Vergleiche müssen seitdem veröffentlicht werden. Das sollte vor allem die Unternehmen abschrecken, sich auf einen Handel einzulassen. Die Reform zeigte jedoch nicht die gewünschte Wirkung.

Auch das Bundesjustizministerium prüft nun Änderungen, konkrete Vorschläge gibt es aber noch nicht. Vor vier Wochen sorgte außerdem ein Urteil des Landgerichts Frankfurt für Aufmerksamkeit. Die Richter erklärten eine Anfechtungsklage von Klaus Zapf, eines Aktionärs der Nanoinvests AG, für sittenwidrig und verurteilten ihn wegen Rechtsmissbrauchs zu Schadensersatz. Das Urteil ist noch nicht rechtskräftig.

Der rechtspolitische Sprecher der Unionsfraktion im Bundestag, Jürgen Gebh, begrüßte die Länderinitiative. Alles, was helfe, die Klageindustrie zu stoppen, unterstütze er: "Derzeit zieht eine Handvoll übler Burschen mit ihrer Entourage von Anwälten wie eine Karawane durch Deutschland und schadet dem Wirtschaftsstandort."

Das sieht der Vorstandschef der italienischen Großbank Unicredit ähnlich. Alessandro Profumo sagte am Mittwoch der FTD: "Meiner Meinung nach gibt es in Deutschland einen exzessiven Schutz der Minderheitsaktionäre. Man geht davon aus, sie hätten automatisch und immer recht. Erstens stimmt das nicht, und zweitens schadet es auch dem Standort Deutschland."

Minderheitsaktionäre der HypoVereinsbank (HVB) haben Unicredit im Visier, die die HVB vor gut zwei Jahren übernommen hatte. Sie werfen der HVB vor, sie habe auf Druck Unicredits ihre Tochter Bank Austria Creditanstalt (BA-CA) zu billig an Unicredit verkauft, und strengen deswegen Schadensersatzklagen in Milliardenhöhe an. Profumo: "Ich bin absolut sicher, dass die Operation in allen Teilen korrekt und transparent abgelaufen ist."

Seine Argumentation, warum Unicredit einen mehr als fairen Preis für BA-CA bezahlt habe: Ziehe man von Unicredits Marktkapitalisierung - am Mittwoch waren es 74,6 Mrd. Euro - die auf Basis der Squeeze-out-Preise berechneten Werte von HVB und BA-CA sowie die Börsenwerte der anderen noch notierten Töchter ab, käme für den Rest der Unicredit-Gruppe eine negative Bewertung heraus.

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Aus der FTD vom 15.11.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Getty Images

 

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