Wenn es um Trends geht, erkranken die Medien mitunter an akuter Hysteritis. Da werden Mimen aus Vorabendserien und Drittligastürmer als "Mode-Ikonen" verehrt, Leder gewordene Geschmacksverirrungen zu "It-Bags" gekürt und unfassbar hip klingende Begriffe wie "Best Ager" oder "Functional Food" herbeifantasiert.
Ein gottlob verblichener Bestseller im Vokabular der "In-Crowd": Metrosexualität. Klang nach Frivolem in der U-Bahn und war "out", ehe man nachfragen konnte, was an Beckham im Sarong mit schwarzen Fingernägeln revolutionär sei.
Unbestreitbar ist jedoch, dass der Kicker Männern in unzähligen Fotostrecken gezeigt hat, wie sie sich gerade nicht präsentieren wollen - Brillistecker bleibt Brillistecker, auch wenn er durch äußerst wohlgeformte Ohrläppchen getrieben wird.
Schmuck für Männer, das hat Mann schnell gespeichert, ist eine heikle Angelegenheit. Im bundesdeutschen Büroalltag mündet diese Unsicherheit dann im Accessoire-Dreiklang: Uhr, Manschettenknöpfe von der Stange und Ehering.
Individualität, markige Stilbekenntnisse in Edelmetall? Andere Baustelle. Man muss jedoch keinen Boom bei Perlenketten für Männer heraufbeschwören, um Alternativen zu nüchternen, geometrisch erschreckend korrekten Schmuckstücken aus gebürstetem Edelstahl zu finden.
Immer das vernünftigste Auto in der günstigsten Serienausstattung und im schmutzunempfindlichen Lackton zu leasen ist ja auch nicht jedermanns Geschmack. Denn seit Jahren gibt es etliche Gold- und Silberschmiede sowie Schmuckdesigner, die für antizyklisch kernige Angebote jenseits der Beckham'schen "Kajal-auch-für-Manager-Bewegung" sorgen.
Der Mode-Blog "Nahtlos" von Siems Luckwaldt finden sie unter: www.ftd.de/nahtlos |
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Das Thema Männerschmuck gehörte nicht grundlos zu den Topthemen auf der letzten Fachmesse Inhorgenta in München, denn sogar das legendäre Juwelierhaus Harry Winston, seinerzeit schmachtend besungen von Marilyn Monroe, legte jüngst unter kreativer Direktive des US-Anzug-Darlings Thom Browne eine kleine Männerlinie auf. Und warum auch nicht.
In früheren Jahrhunderten gehörte üppiger Schmuck von Großbürgertum bis Hofstaat ins Garderoben-Repertoire - noch die Hippies trugen Muschelketten aus Goa, riesige Peace-Zeichen, Ringe und Lederarmbändchen.
Und dann kam die Gefrierschrank-Ästhetik der 80er: Stahlrohrmöbel, anthrazitfarbene Minimal-Kostüme von Jil Sander, "American Psycho". Was Juweliere und Goldschmiede, die sich verstärkt den männlichen Geschmeidegelüsten widmen, seit einigen Jahren forcieren, könnte man salopp so betiteln: Mittelalter trifft Black Sabbath trifft Punk trifft Ironie.
FTD.de, 10:00 Uhr
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Werkstatt München
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