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Dossier ThyssenKrupp stellt die Weichen

von Kirsten Bialdiga

Bei ThyssenKrupp geht das Rennen um die Nachfolge von Konzernchef Ekkehard Schulz in die Endphase. Trotz dreier interner Kandidaten könnte der Sieger am Ende wieder Schulz heißen.

Berthold Beitz lässt auf ihn nichts kommen: "Ekkehard Schulz ist ein guter Mann", sagt der Chef der Alfried Krupp zu Bohlen und Halbach-Stiftung über den ThyssenKrupp-Vorstandsvorsitzenden, wenn er nach ihm gefragt wird. Diese Worte kommen einem Ritterschlag gleich - nach wie vor ist der 94-jährige Beitz der mächtigste Mann im Konzern. Als Chef der Krupp-Stiftung vertritt Beitz die Interessen des wichtigsten Aktionärs. Denn sie hält mit knapp über 25 Prozent eine Sperrminorität an dem Stahl- und Industriegüterkonzern und ist damit die größte Einzelaktionärin.

ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz bleibt vielleicht noch eine Weile
 ThyssenKrupp-Chef Ekkehard Schulz bleibt vielleicht noch eine Weile

Seit 1999 steht Schulz an der Spitze von ThyssenKrupp - und die Chancen stehen gut, dass er es noch eine Weile bleibt. Schulz' Vertrag als Vorstandschef läuft Ende Januar 2009 aus und wurde zuletzt um zwei Jahre verlängert. Über Vertragsangelegenheiten von Vorständen wird in Konzernen üblicherweise etwa ein Jahr im Voraus entschieden - höchste Zeit also, die Weichen zu stellen.

Drei Kandidaten laufen sich seit einiger Zeit für die Nachfolge warm: Karl-Ulrich Köhler, Chef der größten Konzernsparte Steel, Olaf Berlien, Chef der Anlagenbau- und Werftentöchter, sowie Edwin Eichler, Chef der Service- und Aufzugssparte. Daneben werden auch Finanzchef Ulrich Middelmann Ambitionen auf den Chefposten nachgesagt.

An Herausforderungen mangelte es diesen Vorständen in letzter Zeit nicht. Köhler musste Pläne für zwei neue Stahlwerke mit auf den Weg bringen - eines in Brasilien, eines in den USA, mit einem Investitionsvolumen von insgesamt über 6 Mrd. Euro. Berlien entließ nach Problemen im Jachtengeschäft kurzerhand den Werftenchef und ist zurzeit damit beschäftigt, das Autozuliefergeschäft zu restrukturieren. Eichler muss in der Aufzugssparte dafür sorgen, dass es künftig nicht mehr zu Kartellabsprachen kommt. Die EU-Kommission hatte dem Konzern wegen wettbewerbswidrigen Verhaltens eine Strafe von 480 Mio. Euro aufgebürdet. Zudem engagiert sich Eichler stark in China, um dort das Geschäft deutlich auszubauen. Und Middelmann musste internationalen Investoren erklären, warum die Krupp-Stiftung nach der Aufstockung ihres Anteils auf über 25 Prozent ein Entsenderecht für bis zu drei Aufsichtsräte bekommt. Allerdings räumen Insider dem Finanzchef allein aus Altersgründen kaum noch Chancen auf den Chefposten ein.

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Und doch - trotz der vielen Kronprinzen gibt es laut Unternehmenskennern zurzeit Überlegungen, den Vorstandsvertrag des 66-jährigen Schulz noch einmal zu verlängern. Allerdings nicht um eine volle Amtszeit, sondern nur um ein oder zwei Jahre. Eine solche Lösung hätte den Vorteil, dass Schulz angefangene Projekte wie den Bau der neuen Stahlwerke und den Umzug der Hauptverwaltung nach Essen noch weiter begleiten und zum Teil abschließen könnte. Auch Beitz spreche sich für eine Vertragsverlängerung aus, heißt es.

Selbst wenn Schulz nur ein weiteres Jahr dranhängen würde, wäre er bei seinem Ausscheiden 68 Jahre alt. Aus Sicht von Beitz sei er immer noch ein junger Mann, hatte Schulz einmal vor zwei Jahren halb scherzhaft in kleiner Runde gesagt.

Beitz, der als Stiftungschef über das Krupp-Erbe wacht, schätzt an Schulz über die fachliche Expertise hinaus vor allem dessen Aufrichtigkeit und Integrität - auch im Umgang mit Belegschaftsvertretern. Auch schreiben es viele Insider Schulz' integrativen Fähigkeiten zu, dass die Fusion der einstigen Ruhrrivalen Thyssen und Krupp am Ende doch zu einer Erfolgsstory wurde. Der Konzern mit rund 50 Mrd. Euro Umsatz und über 185.000 Beschäftigten schrieb in den vergangenen Jahren einen Rekordgewinn nach dem anderen.

Der einstige Thyssen-Manager hatte sich nie gegen eine Fusion der beiden Ruhrkonzerne gestellt. Immer wieder hatte er in den 90er-Jahren den Thyssen-Aufsichtsrat davon zu überzeugen versucht, zumindest die Stahlsparten zu verschmelzen.

Eine Entscheidung über die Vertragsverlängerung ist noch nicht gefallen - der ThyssenKrupp-Aufsichtsrat wird über das Thema aber in den kommenden Wochen beraten. Schulz selbst sagte einmal: "Herr Beitz möchte am liebsten, dass ich bis auf Weiteres ThyssenKrupp-Chef bleibe." Bisher lief es im Konzern meistens so, wie Beitz es wünschte.


Stählerne Bande

Sitz der Konzernleitung der ThyssenKrupp AG in Düsseldorf
 Sitz der Konzernleitung der ThyssenKrupp AG in Düsseldorf

Der Chef Der ThyssenKrupp-Vorstandsvorsitzende Ekkehard Schulz gilt in der Branche als einer der renommiertesten Stahlexperten weltweit. Schulz wurde 1941 im westpreußischen Bromberg geboren und wuchs in einem Försterhaus im Pfälzer Wald auf. Nach Studium und Promotion im Fach Eisenhüttenkunde startete er seine Karriere bei Thyssen. Dort stieg er bis 1998 zum Vorstandschef auf. Seit 1999 führt er ThyssenKrupp.

Das Unternehmen Der ThyssenKrupp-Konzern erwirtschaftet mit Stahl und Industriegütern rund 50 Mrd. Euro Umsatz. Im abgelaufenen Geschäftsjahr, das am 30. September endete, soll der Vorsteuergewinn auf 3,6 Mrd. Euro steigen.

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Aus der FTD vom 26.11.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP, www.thyssenkrupp.de

 

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