Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenArtikel vorlesen lassenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren

Musharraf - Herrscher ohne Truppe

von Willi Germund (Bangkok)

Pakistans Präsident Pervez Musharraf tritt von der Spitze des Militärs ab. Doch das ist es nicht allein, was den einst starken Mann Pakistans zum schwachen Despoten macht.

Auf der Brust schimmern die Orden des ehemaligen Kommandokämpfers. Eine grüne Schärpe spannt sich über den Oberleib von General Musharraf, als am Dienstag vor dem Generalstabsgebäude der Streitkräfte Soldaten an ihm vorbeimarschieren. Pomp und Gloria für eine "Häutung": Am Mittwoch will Musharraf die Uniform, die er selbst als "zweite Haut" bezeichnete, abstreifen. Am Donnerstag soll er dann als ziviler Präsident für die kommenden fünf Jahre vereidigt werden.

Abschiedszeremonie in Islamabad: Pervez Musharraf bei der Verabschiedung von den Soldaten.
 Abschiedszeremonie in Islamabad: Pervez Musharraf bei der Verabschiedung von den Soldaten.

Musharraf bleibt nominell Oberkommandierender der Streitkräfte. Aber in der gut 60-jährigen Geschichte der islamischen Nation lag die tatsächliche Kommandogewalt über die Truppen noch immer bei einem aktiven General. "Der Schwerpunkt der Macht wird sich verschieben", sagt Ex-General Talat Masood. Pakistans neuer starker Mann wird nicht mehr Musharraf, sondern der von ihm selbst ausgesuchte bisherige Chef des Geheimdienstes, Ashfaq Kiyani, sein.

Die Militärs, die bislang mit der für Pakistan üblichen Disziplin zu ihrem Chef standen, freuen sich über den Abschied - blockierte doch der General während der vergangenen acht Jahre die Ambitionen seiner Offizierskollegen auf den höchsten Posten.

Sein Abschied von der Uniform sollte einen politischen Übergang einleiten: Musharraf sollte Staatsoberhaupt bleiben, die Politikerin Benazir Bhutto seine Premierministerin werden. Das hätte die politische Realität Pakistans widergespiegelt. Die Mittelklasse, die trotz wirtschaftlicher Erfolge Musharrafs den Einfluss der Militärs einschränken will, wäre in der Regierung vertreten gewesen. Die Generäle, die den zivilen Politikern wenig zutrauen, hätten aus dem Hintergrund agieren können. Doch mit der Verhängung des Ausnahmezustands zerstörte Musharraf den Deal. Er griff zu dem Instrument, um seine Macht gegen widerspenstige Richter zu verteidigen. Es war ein Fehlgriff, der die gesamte Opposition aufbrachte. Bhutto distanzierte sich. Musharraf sah sich gezwungen, der Heimkehr von Nawaz Sharif zuzustimmen, den er 1999 gestürzt hatte. Und zugleich machen nun fundamentalistische islamische Parteien mobil.

ZUM THEMA

Die zukünftige Stellung Musharrafs hängt davon ab, wie die Pakistan Muslim League-Q (PML-Q), die ihn im bisherigen Parlament unterstützte, bei den für 8. Januar geplanten Wahlen abschneidet. Angesichts des wachsenden Widerstands gegen den bisherigen Militärherrscher sind die Politiker der Gruppierung derart diskreditiert, dass ein Wahlsieg wohl nur mithilfe von Manipulation zu bewerkstelligen ist - oder falls die anderen politischen Parteien die Wahl boykottieren.

Das Resultat wird ein schwacher Musharraf an der Staatsspitze sein - das Schlimmste, was das Land angesichts der Herausforderungen vertragen kann. Denn Pakistan verwandelt sich zusehends zu einem Zentrum islamischer Gotteskrieger.

Die Mehrheit der Pakistaner will zwar noch nichts vom radikalen Islam wissen. Aber ein schwacher Präsident Musharraf, der seine Kritiker einzuschüchtern versucht, ruiniert den Ruf der Demokratie, in deren Namen er agiert.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenArtikel vorlesen lassenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren
 

Aus der FTD vom 28.11.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

 FTD-Services 

Streit am Arbeitsplatz, mit Vermieter oder Finanzamt? Aktuelle Urteile aus vielen Rechtsgebieten kostenlos in dieser Datenbank.  mehr

 Nachrichten 

Merkel kritisiert Führung in Simbabwe

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat beim EU-Afrika-Gipfel in Lissabon die Menschenrechtsverletzungen in Simbabwe angeprangert. mehr

CIA vernichtete Verhör-Videos von Terrorverdächtigen

Der US-Geheimdienst hatte die Existenz der Bänder vehement bestritten. mehr

Bushs Subprime-Rettungsplan erntet Kritik

Das von der US-Regierung geknüpfte Sicherheitsnetz ist nach Ansicht von Kritikern nicht engmaschig genug. mehr

China schränkt Handel mit Iran ein

Peking setzt Garantien zur Sicherung von Exportgeschäften aus. mehr

Deutschland beim Klimaschutz ganz vorne

Die Leistungen der Bundesrepublik sind nach Ansicht von Germanwatch hervorragend. mehr

Dossier Wo die Welt am korruptesten ist

Jeder zehnte Mensch zahlte 2006 Schmiergeld. Das ist das Fazit einer Umfrage von Transparency International. mehr

» US-Außenseiter im Aufwind «

Über die Favoriten im US-Wahlkampf könnte der Agrarstaat Iowa entscheiden. mehr

US-Politik greift Goldman Sachs an

US-Senator Chris Dodd erwägt eine "formelle Untersuchung" gegen die US-Investmentbank Goldman Sachs. mehr

USA an der Spitze der Klimasünder

Dennoch wollen sich die USA bei der Weltklimakonferenz nicht auf ein klares Ziel für Emissionsreduktionen einlassen. mehr

Neun Tote nach Amoklauf in US-Einkaufszentrum

Fünf weitere Menschen wurden verletzt, als ein junger Mann um sich schoss. mehr

Dossier Pjöngjang öffnet Tore für Touristen

Für Nord- und Südkorea bedeutet dies ein weiteres, wenn auch kleines Stückchen Annäherung. mehr

Auf US-Flughäfen drohen Katastrophen

Trotz intensiver Bemühungen ist die Zahl der Unfälle auf den Rollfeldern der US-Airports nicht weiter gesunken. mehr

Mehr News aus International

International als
 


 

(€) Sachsen

(€) Osteuropa

(€) Hessen