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Paris und Rom schmieden Pakt gegen Eon

von Lutz Meier und Peggy Hollinger (Paris), Matthias Ruch (Düsseldorf) und Adrian Michels (Mailand)

Frankreich und Italien arbeiten an einer weitreichenden Kooperation in der Energiewirtschaft. Dazu rücken die staatlich gelenkten Stromkonzerne Electricité de France (EDF) aus Frankreich und Enel aus Italien zusammen.

Regierungskreise in Paris und Rom bestätigten am Donnerstag, dass das Thema auf der Tagesordnung eines Gesprächs steht, zu dem sich am Freitag in Nizza Präsident Nicolas Sarkozy und Ministerpräsident Romano Prodi treffen. "Zentrales Thema der Begegnung ist die Energiekooperation", hieß es in Rom. "Es geht darum, den Missverständnissen der vergangenen Monate auf diesem Gebiet ein Ende zu setzen", sagte Sarkozys Sprecher.

Die Zentrale der Eon Ruhrgas AG in Essen
 Die Zentrale der Eon Ruhrgas AG in Essen

Im Rahmen des Pakts soll Enel drei Prozent der EDF-Anteile erhalten. Sarkozy bestätigte am Donnerstag Abend in einem Fernsehinterview, dass der Staat einen Anteil an EDF in dieser Höhe abgeben will. Mit den Einnahmen – Sarkozy bezifferte sie auf 5 Mrd. Euro – wolle Frankreich die Sanierung und den Ausbau seiner Universitäten finanzieren.

Die Italiener bekommen eine Beteiligung an Frankreichs Programm zum Bau neuer Atomkraftwerke. Dabei entstehen sechs neue Anlagen, darunter das umstrittene Leichtwasseratomkraftwerk Flamanville in der Normandie. Der Anteil von 12,5 Prozent für Enel wird auf einen Wert von rund 2 Mrd. Euro taxiert.

Die Annäherung ist ein weiterer Beleg für die Strategie der Südwesteuropäer, ihre Kräfte in der Energiepolitik zu bündeln. Dieses Bündnis richtet sich auch gegen das Expansionsstreben der großen deutschen Stromkonzerne Eon und RWE. Es hilft dabei, die Märkte in Frankreich und Italien abzuschotten. Im Abwehrkampf gegen den deutschen Branchenführer Eon hatte im Sommer der spanische Versorger Endesa in der entscheidenden Phase Unterstützung aus Italien bekommen - und damit die Übernahme durch Eon abgewehrt. Auf dem wichtigen Wachstumsmarkt in Russland hat sich Enel bereits etabliert. Über die Italiener bekommt nun auch EDF dort einen besseren Zugang. EDF wiederum ist in Deutschland über die Beteiligung an EnBW vertreten.

In der EU können Frankreich und Italien mit der Unterstützung von Spanien und Portugal energiepolitisch einen mächtigen Block bilden - nicht zuletzt gegen die Interessen der Deutschen und der Briten. Deutschland und Großbritannien sind die einzigen EU-Länder, die ihre Energiewirtschaft tatsächlich weitgehend privatisiert haben. In allen anderen Märkten stehen die großen Versorger noch im Staatseigentum - oder sind zumindest staatlich gelenkt.

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Allerdings können auch die deutschen Konzerne bei ihren Expansionsplänen auf die Unterstützung der Regierung zählen: So kämpft Berlin gegen einen Plan, mit dem die EU-Kommission mehr Wettbewerb schaffen will. Brüssel will erreichen, dass Stromerzeugung und -netze nicht in einer Hand sein dürfen.

Eigentlich wollten Enel und EDF ihre Zusammenarbeit bereits vor zwei Jahren besiegeln. Doch dann gab es heftigen Streit zwischen beiden Ländern: Enel hatte ein Übernahmeangebot für den französischen Energieversorger Suez vorbereitet. Die Regierung in Paris vereitelte das. Sie lancierte den Plan, Suez mit dem staatlichen Gaskonzern GdF zu verschmelzen. Rom reagierte empört. Allerdings hatte vier Jahre zuvor bereits Italien das Expansionsstreben von EDF im eigenen Land gestoppt. Nachdem sich EDF überraschend die Mehrheit beim zweitgrößten italienischen Stromproduzenten Edison gesichert hatte, begrenzte Rom nachträglich die Stimmrechte der Franzosen.

Die künftige Kontrolle von Edison ist auch jetzt noch ungeklärt. Bislang kontrolliert EDF den Konzern gemeinsam mit dem Mailänder Versorger AFM. Kommendes Jahr läuft der entsprechende Aktionärspakt aus. Beide Seiten könnten dann um die Kontrolle von Edison rangeln. Edison-Chef Umberto Quadrino wiegelte am Donnerstag entsprechende Befürchtungen ab. "Ich sehe keine großen Hindernisse dafür, den Aktionärspakt zu erneuern."

Für EDF und Enel erfüllt das angepeilte Bündnis lang gehegte Wünsche: Enel will am erwarteten Boom der Atomkraft teilhaben. Italien hat zwar 1987 den Ausstieg aus der riskanten Energie beschlossen. Nun stellen Politiker den Beschluss infrage. Enel hatte sich 2005 bei einem slowakischen Atomkraftwerkbauer eingekauft.

EDF wiederum strebt danach, via Enel Zugang zu den osteuropäischen Märkten sowie den Zugriff auf Stromkapazitäten zu bekommen. Südeuropa leidet vor allem im Sommer unter Mangel. Wenn französische Atomkraftwerke wegen der Erwärmung der Flüsse im Sommer heruntergefahren werden müssen, ist das Land auf Importe angewiesen.

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Aus der FTD vom 30.11.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP

 

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