Ein Pünktlichkeitsfanatiker sei er, wird dem Arcandor-Chef nachgesagt. So sehr, dass er seine Armbanduhr immer ein wenig vorstelle. Allein Deals fristgerecht abzuwickeln scheint dem Manager bei aller Liebe zur Pünktlichkeit nicht so recht zu gelingen.
Zum zweiten Mal ließ Thomas Middelhoff nun schon eine selbst gesetzte Frist verstreichen. Bis Ende November - das war am vergangenen Freitag - sollte der Verkauf der Karstadt-Immobilien unter Dach und Fach sein. Schon im Jahr 2006 hatte Middelhoff die Warenhäuser für rund 3,7 Mrd. Euro an eine Gesellschaft verkauft, die nun zu 49 Prozent Arcandor selbst und zu 51 Prozent der Investmentbank Goldman Sachs gehört. Seither lotet Middelhoff aus, wo er die Immobilien zu welchen Konditionen losschlagen kann.
Anfang September hieß es noch, Ende des Monats, zum Abschluss des Rumpfgeschäftsjahrs 2007, solle der Verkauf perfekt sein. Ende September wurde noch immer verhandelt - mit der Deutsche-Bank-Tochter RREEF und der italienischen Pirelli Re, wie die Financial Times Deutschland im Oktober geschrieben hatte. Bis Ende November bräuchte man noch, ließ das Arcandor-Management mitteilen.
Am Freitag dann der Rückzieher: Man befinde sich noch in den "Endverhandlungen". Allerdings, so ein Sprecher, sei man "vollkommen planmäßig unterwegs" und werde die Verhandlungen zu einem für Arcandor positiven Ende führen. Beim smarten Arcandor-Chef fragen sich Branchenbeobachter zunehmend ratlos bis misstrauisch, was er mit seinen Ankündigungen bezweckt. Wo andere Manager großzügig bemessene Zeitfenster für ihre Transaktionen angeben, setzt Middelhoff, aus freien Stücken und völlig ohne Notwendigkeit, knappe Deadlines - die er dann nicht einhält.
Und während die Warenhauskette Karstadt am vergangenen Samstag nach Angaben des Arcandor-Sprechers gut ins Weihnachtsgeschäft gestartet ist, sorgen sich Anleger nicht nur wegen des Immobilienpakets. Auch der Teilverkauf von Neckermann hätte Middelhoffs Ankündigungen zufolge eigentlich schon im September abgeschlossen sein sollen. Für den Versandhändler sucht Arcandor schon seit Ende vergangenen Jahres eine Lösung. Immerhin gelang es Middelhoff, Mitte November eine Absichtserklärung mit dem potenziellen Käufer, dem US-Investor Sun Capital, abzuschließen. Als zweite Frist für den endgültigen Verkauf von Neckermann nannte Middelhoff dann ebenfalls Ende November. Auch sie verstrich. Dass im Berliner KaDeWe etwa fünf Prozent mehr Kunden als am Samstag vor dem ersten Advent des Jahres 2006 gezählt worden seien, wie der Sprecher beteuert, ist da wenig tröstlich. Die größte Nachfrage sei bei Spielzeug, Kaffeemaschinen und Kosmetikartikeln verzeichnet worden.
Die Fristenhuberei führt zu Spekulationen über die Beweggründe des Managers, der in einem Interview vor Kurzem erzählt hatte, es habe ihm immer Spaß gemacht, Dinge zu tun, die andere nicht tun, oder sie früher zu tun als andere. "Er hat sich das Image eines Machers erarbeitet, und das will er pflegen", sagt Handelsexperte Thomas Roeb.
Nicht alle urteilen so wohlwollend. Middelhoff, der im Jahr 2005 vom britischen Private-Equity-Haus Investcorps zur damaligen KarstadtQuelle AG kam, trauen Branchenbeobachter mittlerweile einiges zu. "Er kennt die Finanzwelt in- und auswendig und weiß natürlich, dass es bei Verhandlungen mit mehreren Beteiligten immer zu unvorhergesehenen Verzögerungen kommen kann", sagt ein Analyst. "Der würde solche Fristen nicht ankündigen, wenn er damit nicht Ziele verfolgen würde."
Experten halten es für schädlich, dass Arcandor die selbst gesetzten Fristen nicht einhält. Der Chef spiele mit dem Vertrauen der Anleger, heißt es. In einem Interview der Financial Times Deutschland hatte Middelhoff in der vergangenen Woche noch betont, ihm sei es ein wichtiges Anliegen, das Vertrauen in Arcandor wieder zu stärken. Er bezog, dies darauf, dass der Konzern Sondererlöse vor allem zur Schuldendeckung und weniger für Investitionen einsetzen wolle. Das Unternehmen war vor gut drei Jahren in eine existenzbedrohende Krise geraten - dann holte Großaktionärin Madeleine Schickedanz Middelhoff an die Spitze des Handelskonzerns.
Sein Abgang bei Arcandor ist mittelfristig absehbar. "Es ist für alle Beteiligten klar, dass ich nur noch bis Ende des Jahres 2008 Vorstandsvorsitzender bleibe", hatte der Manager gerade noch einmal konstatiert. Daran werde sich auch künftig nichts ändern.
Vielleicht ist die selbst auferlegte Frist am Ende aber auch nur eine eher vage gemeinte Ankündigung - das wäre wirklich eine schöne Bescherung.
Aus der FTD vom 03.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Bloomberg
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