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Dossier Putin siegt nach Plan

von Neil Buckley (Moskau) und Marina Zapf (Berlin)

Die Partei Einiges Russland von Präsident Wladimir Putin hat bei der Parlamentswahl des Landes mit deutlichem Abstand gesiegt. Letzten Hochrechnungen zufolge erreichte die Kremlpartei 63,5 Prozent. Die Opposition beklagte massive Manipulationen.

Die Wahlen waren vom Kreml von vornherein als Referendum über Putins bald achtjährige Präsidentschaft inszeniert worden. Drei Monate vor Ende seiner Amtszeit stärkt das Ergebnis den 55-Jährigen in seinem Vorhaben, auch künftig eine zentrale Rolle in der russischen Politik zu spielen.

Nach der Stimmabgabe gings ins Restaurant: Russlands Präsident Wladimir Putin
 Nach der Stimmabgabe gings ins Restaurant: Russlands Präsident Wladimir Putin

Drei weitere Parteien schafften den Hochrechnungen, nach denen rund 30 Prozent der Stimmen ausgewertet waren, zufolge ebenfalls den Einzug in die Duma: die Kommunisten sowie die beiden kremlnahen Parteien Gerechtes Russland und die nationalistisch geprägte LDPR des Populisten Wladimir Schirinowski.

Damit dürfte die Fraktion der kremltreuen Parteien im neuen russischen Parlament die Zweidrittelmehrheit erreichen. Sie hätte so die Möglichkeit, die Verfassung nach Belieben zu ändern.

Russlands Verfassung verbietet Putin eine weitere Amtszeit als Präsident. Der Politiker hatte deshalb angedeutet, künftig möglicherweise als Ministerpräsident die politische Richtung seines Landes vorgeben zu wollen.

Das Wahlergebnis zeige, dass die Russen Putins Politik unterstützten und eine Fortsetzung wollten, sagte ein Kremlsprecher in einer ersten Stellungnahme.

Als Erfolg für Putin gilt auch, dass der Kreml so viele Russen zur Stimmabgabe bewegen konnte. Landesweit zeichnete sich eine Wahlbeteiligung von gut 60 Prozent ab. Vor vier Jahren hatte sie noch bei 56 Prozent gelegen.

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Bis zuletzt hatte Moskau mit Wahlaufrufen per SMS Studenten, Betriebsangehörige und Soldaten für die Wahl zu motivieren versucht. Auf Busbahnhöfen wurden Reisende per Lautsprecher zur Teilnahme aufgerufen.

Unabhängige Beobachter und die Oppositionsparteien sprachen von beispiellosen Verstößen gegen das Wahlrecht. Im Vergleich zur letzten Parlamentswahl hätten diese "ein Vielfaches erreicht", sagte Lilia Schibanowa, Direktorin von Golos, einer Allianz verschiedener Nichtregierungsorganisationen mit 2000 Beobachtern in 40 russischen Regionen.

Putins Kontrahent: Garry Kasparov bei der Stimmabgabe. Der Oppositionelle bezeichnete die Wahl als Farce
 Putins Kontrahent: Garry Kasparov bei der Stimmabgabe. Der Oppositionelle bezeichnete die Wahl als Farce

Auch der Oppositionspolitiker und ehemalige Schachweltmeister Garri Kasparow kritisierte, die Wahl sei "von vornherein unfair" verlaufen. Bei der Abstimmung habe eine "Atmosphäre der Angst" geherrscht. So sei Krankenhauspatienten mit einem Abbruch ihrer Behandlung gedroht worden, falls sie nicht für die Putin-Partei stimmen. Die Wahl "vergewaltige" die Demokratie.

"Unter Präsident Boris Jelzin gab es zwei Methoden des Wahlbetrugs: Einschüchterung und Manipulation der Stimmzettel", sagte Gennadi Sjuganow, Parteichef der Kommunisten. "Nun gibt es mindestens 15 Methoden, um die Wähler zu werben und sie zu betrügen." Mehrere russische Parteien wollen die Wahl anfechten.

Die Opposition hatte sich schon im Vorfeld etwa über beschlagnahmte Broschüren, Probleme bei der Anmietung von Sälen und die Bevorzugung der Regierungspartei in den Medien beklagt.

Die Kreml-Partei Einiges Russland räumte am Abend "unbedeutende Rechtsverstöße" bei der Wahl ein. Diese hätten aber keinen Einfluss auf das Endergebnis, sagte Parteichef Boris Gryslow.

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Aus der FTD vom 03.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AFP, Bloomberg

 

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