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03.12.2007    16:28 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Kritik an alter Mutter

Eine "egoistische Lösung"

Dass eine 64-jährige Frau ein Kind zur Welt gebracht hat, wird von Berufsverbänden und Fachärzten kritisiert.
Von Hanno Charisius

Nachdem am Wochenende bekannt geworden war, dass in Aschaffenburg eine 64-jährige Frau ein Kind zur Welt gebracht hat, kritisieren Berufsverbände und Fachärzte derart späte künstliche Schwangerschaften.

Das sei nicht im Sinne des Kindeswohls, sagte der Vorsitzende des Bundesverbands Reproduktionsmedizinischer Zentren (BRZ) Ulrich Hilland. Ein Kind sollte die Möglichkeit haben, das Erwachsenenalter mit Begleitung seiner Eltern zu erreichen.

Das Mädchen, das bei der Geburt 2100 Gramm wog und 46 Zentimeter groß war, wurde am Donnerstag in der 38. Woche der Schwangerschaft per Kaiserschnitt geboren. Der errechnete Geburtstermin wäre etwa zwei Wochen später gewesen, erklärte der behandelnde Arzt Elias Karam. Er habe kein Risiko eingehen wollen. Trotz des geringen Gewichts sei das Mädchen "sehr gesund" und musste nicht in den Brutkasten.


Der Leiter der Frauenklinik Aschaffenburg, in der die Entbindung vorgenommen wurde, bekräftigte in einer Erklärung, dass sowohl Karam als auch die Frauenklinik "weder direkt noch indirekt" am Zustandekommen der Schwangerschaft beteiligt waren.

Klinikleiter Michael Halbach sagte, die Patientin habe den Frauenarzt in der 31. Woche aufgesucht und sei von ihm bis zur Entbindung betreut worden. Die Patientin habe sich "in völlig eigener Initiative" um die künstliche Befruchtung bemüht.

Zu dieser Vorgeschichte könne er keine Auskunft geben. Als Arzt sei Karam aber verpflichtet, eine Schwangere zu betreuen und eine Entbindung vorzunehmen. Wegen des hohen Alters der Aschaffenburgerin sei die Schwangerschaft zwar grundsätzlich als Risikoschwangerschaft zu bewerten gewesen, aber problemlos verlaufen. Die Motive der Patientin und ihres ebenfalls 64-jährigen Mannes wollten die beiden Ärzte nicht bewerten.

Eizelle im Ausland eingesetzt

Die Patientin hatte sich im Ausland die Eizelle einer jungen Frau einsetzen lassen, die zuvor im Reagenzglas mit den Spermien ihres Mannes befruchtet worden war. In Deutschland ist die Eizellspende nicht erlaubt. Die Frau hatte zuvor mehrere Fehlgeburten erlitten. Der behandelnde Arzt Karam vermutet, dass Eizellspenden "früher oder später" auch in Deutschland erlaubt sein werden. "In anderen Ländern ist das bereits gang und gäbe."

Volker von Loewenich vom Forum Ethik in der Medizin hält Eizellspenden an ältere Frauen nicht für "grundsätzlich moralisch verwerflich", sieht aber Probleme auf mehreren Ebenen. Verwerflich werde es etwa, wenn man die finanzielle Not von Eizellen-Spenderinnen in ärmeren Ländern ausnutze.

Der Gynäkologe Klaus König vom Berufsverband der Frauenärzte kritisiert die Kollegen, die den Wünschen der Eltern in solchen Fällen nachgeben. "Eine Frau ist keine Experimentierbühne."

Nach Ansicht des Lübecker Frauenarztes Klaus Diedrich sollten Eizellspenden in Deutschland auch weiterhin verboten bleiben. Ausnahmen könne es etwa für junge Frauen ohne Eierstöcke geben. "Bei Frauen, die jenseits der natürlichen Empfängnis, also über 45 Jahre alt sind, sehe ich eine Eizellspende kritisch", sagt der Direktor der Universitäts-Frauenklinik Lübeck und Vorstandsmitglied der Deutschen Gesellschaft für Gynäkologie und Geburtshilfe.

"Das halte ich für eine egoistische Lösung des Paares." Dies gehe zulasten des Kindes, schließlich könnte es sein, dass die Eltern bei der Einschulung des Mädchens schon tot sind. "Man muss auch an die Zukunft des Kindes denken und sich fragen, was das alte Paar noch von dem Kind hat."

Mutter und Kind werden vermutlich noch in dieser Woche aus dem Krankenhaus entlassen.

(SZ vom 4.12.2007/mcs)


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Kommentare


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03.12.2007 20:44:54

Security: Petra_H

Sie haben absolut Recht!


2 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



03.12.2007 20:30:31

Petra_H: Egoistisch?

Kinderwunsch ist per se egoistisch. Glücklicherweise. Das wär ja auch schlimm, wenn alle Kinder un-erwünscht geboren würden.

"schließlich könnte es sein, dass die Eltern bei der Einschulung des Mädchens schon tot sind" - wie engstirnig und hartherzig muss ein Arzt sein, der frischgebackenen Eltern sowas mitgibt anstatt ihnen ein langes und glückliches Leben zu wünschen! Das ist einfach nur schäbig!


6 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



03.12.2007 18:12:57

California-Ralf:

""Das halte ich für eine egoistische Lösung des Paares." Dies gehe zulasten des Kindes, schließlich könnte es sein, dass die Eltern bei der Einschulung des Mädchens schon tot sind. "Man muss auch an die Zukunft des Kindes denken und sich fragen, was das alte Paar noch von dem Kind hat."

Wo bleibt denn eigentlich die Liste mit den "...egoistischen, alten" Vätern?


13 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



03.12.2007 18:10:51

gesabert:

Ein älteres Ehepaar hat sich einen Herzenswunsch erfüllt, noch spät ein Kind bekommen und der Aufschrei ist groß. Eine derartige künstliche Befruchtung ist in Deutschland verboten, also wird das ein Einzelfal bleiben. Wenn etwas über die Gesundheit der Eltern erwähnt wird, dann immer daß sie fit sind, also wird das Kind hoffentlich noch lange seine Eltern haben. Laßt doch die kleine Familie in Frieden, ethisch ist doch in Deutschland alles schon geregelt und verboten. Und ganz nebenbei, ich möchte keine Altersgrenze einführen, oder so eine Entscheidung treffen wollen.


14 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



03.12.2007 18:05:22

Sternenauge: @ ohobert

@ ohobert: Das mit der Mathematik ist doch voellig daneben gegriffen - darum geht es ueberhaupt nicht. Es geht lediglich darum, dass es einen Artikel und diverse Diskussionen gibt, bei denen sich die Leute erlauben, ueber eine "alte" Frau herzuziehen.

Ich persoenlich bin zwar auch der Meinung, dass 64 doch eher das Alter einer treuumsorgenden, niedlich Omi sein sollte. Dennoch: Wird hier jemals Kritik geuebt an altern Vaetern? Darum geht es doch! Der Vater "darf" also ruhig 60 oder 70 sein, die Mutter nicht? Vielleicht ist ja der Partner der Frau 20 Jahre juenger, who knows. Ach nee, das geht ja nicht - wir leben ja in einer Gesellschaft, in der er es nur ok ist, wenn der Mann sich ne juengere Frau nimmt, bloss nicht umgekehrt, das waere ja wieder verwerflich und man wuerde sich wieder ueber die Frau das Maul zerreissen.

Es soll mir keiner erzaehlen, dass es Leute nicht komisch finden, wenn Demi Moore mit einem ach so jungen Ashton Kutcher verheiratet ist. Es ist aber voellig in Ordnung, wenn Harrison Ford mit Calista Flockhart liiert ist.


5 Besucher haben diesen Kommentar bewertet


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