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Klima in Gefahr
27.09.2007    11:41 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Klima-Außenpolitik

Endspiel um Öl und Gas

Die Außenpolitik ist um zwei Disziplinen reicher geworden. Klima und Energie rücken auf die Agenda der Staatenlenker.
Von Stefan Kornelius

Außenminister diskutieren nicht mehr nur klassische Geopolitik, sie verhandeln über Emissionswerte und Pipelinetrassen. Wer gibt, wer nimmt und wer bestimmt die Regeln für das globale Geschäft mit frischer Luft und frischem Öl?



vergrößern Ein Getränkehersteller in Santiago de Chile warb einmal mit dem Slogan: Dreiundachtzig Prozent Smog, hundert Prozent Orangensaft.
Foto: dpa
 

Wenn der deutsche Außenminister oder seine wichtigsten Mitarbeiter auf Reisen gehen, stehen neuerdings seltsame Ziele auf dem Flugprogramm: kanadische Provinzen, amerikanische Bundesstaaten, mexikanische Regionen. Gerade streifte Frank-Walter Steinmeier (SPD) die Polkappen und schüttelte die Hände von Arnold Schwarzenegger, dem Gouverneur in Sacramento.

Steinmeier ging es dabei nicht um die hübschen Bilder - Minister vor Gletscher, Minister mit Muskelmann -, er betreibt deutsche Außenpolitik, Bündnispolitik gar. In Ontario oder Kalifornien werden die Allianzen der Zukunft geschmiedet, wenn Steinmeiers Kalkül denn aufgeht.

Die wahren Verbündeten für das größte Problem des Planeten und die Lösungen für die wichtigsten Sorgen der Deutschen finden sich nicht in Washington oder Paris, sie sind im amerikanischen Sonnenstaat oder - ja, auch das - im Kaukasus zu finden.

Steinmeier hat das Klima entdeckt. Nicht das Koalitionsklima - das Weltklima, die Sorge um den Kollaps der Erde, die Erderwärmung, die Meeresspiegel, die Wasserknappheit treibt die Beamten im Auswärtigen Amt um. Was bisher ein Nischendasein im Umweltministerium führte oder im Wirtschaftsressort diskutiert wurde, ist nun Chefsache: Außenminister und Kanzlerin liefern sich einen Wettstreit um die - wie es in der Kommuniqué-Sprache so schön heißt - Zukunftsthemen der Erde: Klima und Energie.


Denn nicht nur das Klima wird mit diplomatischen Ehren geadelt. Der siamesische Zwilling der Klimapolitik ist die Energiepolitik, die Frage nach der Sicherheit der Versorgung mit den Rohstoffen, die jede Volkswirtschaft am Leben erhalten.

Amerikanische Denkfabriken sehen bereits die Entscheidungsschlacht eingeläutet; das finale Spiel um die Verteilung der letzten Öltropfen und damit um die Dominanz in der Welt hat begonnen.

Alarmistisches Vokabular

Das Vokabular ist alarmistisch, manchmal gar endzeitlich. "Petropolitics" ist das Schlagwort der Geostrategen, gemeint ist das globale Schachmatch auf den Öl- und Gasfeldern, Pipeline-Politik wird da betrieben, das Spiel mit den Versorgungsadern zwischen Ost und West, zwischen den Ländern aus der "Achse des Öls" und denen, die nur abhängig sind, Rohstoffempfänger und am Ende am kürzeren Hebel sitzen.

Nicht, dass dies eine neue Entdeckung der Weltpolitik wäre. Über Energiesicherheit wird schon seit Jahrzehnten geredet, US-Präsident Jimmy Carter betrieb Außenpolitik mit Blick auf die Rohstoffmärkte, weil keine Volkswirtschaft der Erde so verwundbar war und ist in ihrer Abhängigkeit von Öl und Gas wie die amerikanische. Umweltpolitik wird in den USA schon immer als Rohstoffpolitik betrieben, die "Begrünung Amerikas" ist eine Sache der letzten Jahre, wenn nicht erst Monate. Fast schon eine Modeerscheinung.

In Deutschland ist die strategische Bedeutung der Rohstoffe erst in den vergangenen Jahren ins Bewusstsein gestiegen, als Russland begann, Außenpolitik über die Pipeline zu betreiben und der Ukraine im besten Wortsinne den Hahn zudrehte. Die Schwankungen am Leitungsdruck waren in Italien zu messen und lösten mehr als nur Nervosität aus.

Feste Größen im außenpolitischen Geschäft

Klima und Energie sind also feste Größen im außenpolitischen Geschäft geworden. Klima, weil Wasserknappheit, steigende Meeresspiegel, Dürreperioden und Extremwetter politische Krisen auslösen können: Migration, Flüchtlingsbewegungen, Kriege.


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