Michael Brocker

"Hier haben Sie 30 Zeilen. Machen Sie 60 daraus." Das war der erste Auftrag meines Lokalchefs - Anfang der achtziger Jahre bei der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung" (WAZ) in Duisburg-Rheinhausen. Ich staunte, erkannte aber bald: die Redaktion hatte manchmal deutlich mehr Platz im Blatt als Stoff für Themen. So entstehen Arbeitsaufträge für Volontäre. Atypische Arbeitsaufträge. Zugegeben: das war auch das einzige Mal, dass eine solche Bitte an mich gerichtet wurde. Denn normalerweise besteht die Arbeit von Journalisten unter anderem darin, Sachverhalte kurz und prägnant zusammenzufassen. Das Wesentliche eben - wie wir gern bei WDR2 sagen.

Besonders im Radio ist das die Kunst: schnell, präzise, informativ und wenn möglich, etwas origineller zu sein als andere. Genau das reizte mich immer schon an diesem Medium. Deshalb hat es mich schon früh zum WDR-Hörfunk verschlagen. Als freier Mitarbeiter sitze ich im Kölner Journalistenbüro "punkt um". Als Autor von Beiträgen und Features arbeite ich für verschiedene Redaktionen des Hauses, als Moderator ausschließlich für WDR2. Dem Morgenmagazin habe ich vor kurzem "Lebewohl" gesagt; ein Jahrzehnt Frühdienst war denn doch genug, fand ich. Nun präsentiere ich das Mittagsmagazin, das Abendmagazin und den Tag heute. Und 30 Zeilen aufs Doppelte strecken - das mache ich nur noch in Ausnahmefällen: wenn mich mein Chef ganz höflich darum bittet.