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28.08.2007    11:02 Uhr Drucken  |  Versenden  |  Kontakt
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Teil 23: Geist- und Wunderheilung/Reiki

Heilsame Hände

Wunderheiler treten mal als Gesundbeter auf, mal als Schamanen oder Reiki-Therapeuten, durch deren Hände übernatürliche Energie fließen soll.
Von Colin Goldner


Übernatürliche oder kosmische Energie fließt angeblich durch die Hände der Heiler.
Foto: iStock
 

Zu den berühmtesten Vorläufern der heutigen Wunderheiler zählt der Wiener Arzt Franz Anton Mesmer (1734-1815), der via Handauflegung "heilmagnetisches Fluidum" auf seine Patienten zu übertragen vorgab. Daneben verabreichte er "magnetisiertes" Wasser, das den Kranken besondere Heilkraft zukommen lassen sollte.

An der Vorgehensweise der Wunderheiler hat sich im Vergleich dazu bis heute nicht viel geändert: Nach wie vor legt man der gläubigen Kundschaft die Hände auf und nach wie vor dreht man ihr wundersam aufgeladene Heilmittel und Schutzamulette an.

Lediglich in Nimbus und Auftreten unterscheiden sich die Wunderheiler voneinander: Dienen sich die einen in bodenständiger Manier als Gesundbeter und Warzenbesprecher an, so treten andere in esoterischer Aufmachung als Hellseher, Magier, Schamanen oder Reiki-Therapeuten auf. Nicht wenige kommen im Drapé "seriöser Wissenschaftlichkeit" daher.

Und stets berufen sie sich auf übernatürliche oder kosmische Energien, die durch sie flössen beziehungsweise die sie in ihren Handflächen oder Fingerspitzen zu sammeln und als Heilkraft an andere weiterzugeben befähigt seien.


Derlei Fähigkeit sei ihnen von höherer Warte zuteil geworden, oftmals in Form eines mystischen Erlebnisses. Vielfach beziehen sie sich ausdrücklich auf das biblische Vorbild Jesu oder auf andere Religionsstifter, die ebenfalls durch Handauflegen geheilt haben sollen.

Die Übertragung kosmischer Heilenergie soll angeblich auch ohne weiteres in Abwesenheit der Person durchgeführt werden können, der sie zugedacht ist. Dazu bedarf es angeblich lediglich eines Fotos oder eines Gegenstandes aus ihrem persönlichen Besitz (als besonders wirksam sollen sich ein Blut- oder Speicheltropfen erwiesen haben).

Geistheilung, wie es in einem Standardwerk heißt, "ist die größte Gabe, die Gott einem Menschen verleihen kann”. Tatsächlich ist sie jedoch als Betrug – manchmal vielleicht auch als Selbstbetrug - zu werten: Der Nachweis paranormaler Fähigkeiten und Kräfte konnte bislang in keinem einzigen Fall erbracht werden.

Hingegen wurden in einer Vielzahl an Verfahren Geist- und Wunderheiler rechtskräftig verurteilt, die in nachweislich betrügerischer Absicht – also trotz besseren Wissens und/oder ohne Erlaubnis zur Ausübung der Heilkunde – mit dem Angebot übernatürlicher Heilkräfte oder Wundermittel hausieren gegangen waren.

Beispielsweise verurteilte der Bundesgerichtshof einen Wunderheiler zu neun Monaten (auf Bewährung), der sich als "Pneumotherapeut" ausgegeben und "Geistheilung auf astraler Ebene" angeboten hatte. Seine Tätigkeit hatte darin bestanden, dass er seine Hände faltete und ein Kreuzzeichen über der Stirn des Patienten machte. Nach eigenen Angaben hatte er damit monatlich "Spenden" in fünfstelliger Höhe eingenommen.

Und vor dem Amtsgericht Montabaur wurde ein Heiler zu fünf Monaten Freiheitsstrafe verurteilt, der als "Heilkanal Gottes" bei Patienten unter anderem mit Multipler Sklerose und Krebs Handauflegungen und Fernheilungen angewendet hatte .

Auch gegen Vertreiber von Wunderheilmitteln liegen rechtskräftige Urteile vor. Ein Heiler, der unter dem Rubrum "Magisch-spirituelle Weismagie" auf Kundenfang gegangen war, hatte zu Phantasiepreisen völlig wertlose Amulette und Tinkturen verkauft. Das Gericht hielt dem Angeklagten vor, nicht nur Hoffnungen der hilfesuchenden Menschen enttäuscht zu haben - die Wundermittel sollten unter anderem von Nervenleiden, Sexualproblemen, Kurzsichtigkeit und Krebs befreien -, sondern durch "falsche Versprechungen neue, nicht erfüllbare Hoffnungen geweckt" zu haben.

Es habe ihm bewusst sein müssen, mit welchem Ausmaß menschlicher Probleme und menschlichen Leids er es zu tun gehabt habe. Wegen gewerbsmäßigen Wuchers in Tateinheit mit Betrug und unerlaubter Ausübung der Heilkunde wurde er zu einer Freiheitsstrafe von zwei Jahren verurteilt.

Die relativ hohe Zahl an Verurteilungen sollte allerdings nicht darüber hinwegtäuschen, dass die behördliche Ahndung von Wunderheilerei sehr zu wünschen übrig lässt. Zahllose Geistheiler, Astrologen, Kartenleger und Wahrsager können in einschlägigen Publikationen, über TV und Internet, gänzlich ungehindert ihre zweifelhaften Dienste andienen, Konsumentenschutz existiert hier praktisch nicht.

Die Gefahr von Wunderheilerei besteht in erster Linie darin, dass Kranke im Vertrauen und in Hoffnung auf die angepriesene "höhere Heilung" notwendige diagnostische und therapeutische Maßnahmen versäumen oder ablehnen.

Ein möglicher Placeboeffekt tritt hierhinter zurück, zumal sich gezeigt hat, dass dieser mit dem allemal höheren Risiko eines Noceboeffekts einhergeht: Erlebt der Gläubige keine Besserung seiner Beschwerden, können diese sich durch das Zusammenbrechen der oftmals als "Griff nach dem letzten Strohhalm" apostrophierten Hoffnung darauf weiter verschärfen.

Patienten laufen Gefahr, sich völlig "aufzugeben", wenn, so die subjektive Sicht, nicht einmal die paranormalen Kräfte des Wunderheilers Hilfe bringen konnten.

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Raiki


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Kommentare


04.10.2007 01:13:27

peterw8s: loewenherz: schlecht recherchiert etc

Es gibt nen netten link, wo den 'wissenschaftlichen' Erkenntnissen des Diplompsychologen Moritz Harder, dessen 'Metastudie' in deinem link zur Untermauerung der kühnen These (dass da irgend ein wissenschaftlicher Nachweis für die Wirksamkeit von Reiki existiere) erwähnt wird, auf den Zahn gefühlt wird:

http://www.google.com/search?q=cache:cQ_QOYtttJgJ:www.yigg.de/313423+Dipl.+Psychologen+Moritz+Harder&hl;=en&client;=safari&strip;=1


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03.09.2007 15:53:20

kong74: Betrüger

Behauptungen ansich sind nicht wissenschaftlich oder nicht-wissenschaftlich, sie sind allenfalls mit wissenschaftlichem Instrumentarium verifizierbar bzw. falsifizierbar; oder eben prinzipiell nicht falsifizierbar und damit Glaubenssache. In ersterem Fall ist derjenige, der eine prinzipiell falisifierbare Behauptung aufstellt - z.B. Handauflegen (oder Akupunktur, Homöopathie etc.pp) heilt Migräne (oder sonst irgendeine Erkrankung) -, auch beweispflichtig. In zweiterem Fall bei prinzipiell nicht-falifizierbarer Behauptung (z.B. Gott schickt Heilenergie durch die Fingerspitzen des Geistheilers) interessiert sich wissenschaftlich niemand dafür, da es sich um eine reine Glaubensangelegenheit handelt.

Autor Goldner im Übrigen behauptet gar nichts, er stellt lediglich fest, dass es keine tragfähigen Belege für die Behauptungen der Wunderheiler gibt. Es ist weder seine Aufgabe, jeden dahergesponnenen Schmarren zu widerlegen, noch die der Wissenschaft.

Geistheiler sind Betrüger, sonst gar nichts.


4 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



03.09.2007 01:43:57

HindyLop:

@Kong74
Offensichtlich ist Ihnen nicht bekannt, dass es sich bei dieserart psychisch-subjektiven Wahrnehmungen nicht um die tatsächliche, sondern die wahrgenommene Handlung handelt.

Sehr wohl ist mir bekannt, "dass in der Wissenschaft derjenige, der eine Behauptung aufstellt, auch verpflichtet ist, diese unter Beweis zu stellen. Es ist nicht Aufgabe der Wissenschaft, jeden behaupteten Unfug zu widerlegen."

Seit wann behaupten Alternativmediziner (oder meinetwegen Heiler aller Couleur, ich teile wahrhaftig vieles davon nicht), wissenschaftliche Behauptungen aufzustellen? Ist es nicht vielmehr die wissenschaftliche Medizin (naja, ich will nicht unfair sein: Goldner, der behauptet, die wissenschaftliche Seite zu vertreten), die behauptet, das alles gäbe es nicht? Dann muss er es auch - seinem eigenen Anspruch gemäß! - beweisen. Was nichts anderes bedeutet, als den "behaupteten Unfug zu widerlegen". Und seine Beweisführung ist, mit Verlaub, nicht mal für eine Semesterarbeit geeignet.

Herzlichen Dank für Ihre Steilvorlage, die sehr schön die Arroganz, Kurzsichtig- und immanente Widersprüchlichkeit der aktuellen Mainstream-Wissenschaftsmedizin zeigt.


4 Besucher haben diesen Kommentar bewertet



01.09.2007 13:47:16

Ein Bürger: Ups...

da fehlte ja was.

Test: Damit sind genau die Experimente bzw. Naturbeobachtungen gemeint, die eine Möglichkeit der Falsifizierung der Theorie beinhalten.

Und wo wir schon dabei sind: es heißt natürlich anmaßend.


1 Besucher hat diesen Kommentar bewertet



01.09.2007 13:20:25

Ein Bürger: @ autor

Hört sich beinahe so an, als müssten Sie sich dazu überwinden mit uns bedauernswerten Kreaturen weiter zu diskutieren. Wer tatsächlich bedauernswert ist sei hier dahingestellt.

Mir scheint, dass Sie Ihre mangelnde Fähigkeit eine Diskussion sachlich zu führen und inhaltlich zu argumentieren, also ein insgesamt gering ausgebildetes Selbstwertgefühl, damit kompensieren, indem Sie zunehmend versuchen die Mitdiskutanten durch Bezeichnungen wie, "Hallöchen Bürgerchen", "Leute wie Sie tun mir Leid. Ich war auch mal so.", "Gottseidank konnte ich diesen Zustand überwinden und endlich erleben, was das Leben fernab [...] zu bieten hat" oder "Jetzt melde ich noch einmal, damit auch Sie es verstehen können." herabzusetzen.

Kurz gesagt: arrogant, anmaßen und überheblich!

Das lenkt jedoch keineswegs davon ab, dass Sie es nach wie vor nicht schaffen, Belege für Ihre Behauptungen zu erbringen.

Ihre sogenannte "Erfahrungsmedizin" spiegelt im Begriff auch die Methode wieder. Ein Verfahren wird als gültig und wirksam angenommen und allein durch die sinnlich gefärbte Subjektive bestätigt. Erst dann versuchen Sie durch Suchen (Wildern) in den verschiedensten wissenschaftlichen Disziplinen (z.B. Quantenphysik) Erklärungen zu konstruieren. Die überprüfung an der Wirklichkeit durch objektive Beobachtung wird nicht zugelassen, da angeblich nicht anwendbar. Damit wird jeder logische Ansatz von vorn herein ausgeblendet. Ein Infragestellen des Verfahrens durch Falsifizieren ist ebenso wenig zulässig.

Eine logische Methode des Erkenntnisgewinns funktioniert genau umgekehrt.
Ich zitiere im folgenden eine treffende Beschreibung von Martin Lambeck:

"Vermutung: Damit sind aufgestellte Theorien gemeint, die unseren gegenwärtigen Kenntnisstand zusammenfassen, und die Voraussagen für Effekte und Vorschläge für Experimente machen, die noch nicht bekannt bzw. noch nicht durchgeführt worden sind.

Bewährung: Bestätigen nach der Formulierung einer Theorie durchgeführte Experimente diese Theorie, dann gilt sie als „bewährt”, sie konnte nicht „falsifiziert” werden. Man kann jedoch nicht davon sprechen, dass die Theorie „wahr” ist, weil es ja keine Garantie dafür geben kann, dass in der Zukunft nicht Dinge gefunden werden, die im Rahmen dieser Theorie innere bzw. äußere Widersprüche ergeben.

Test: Damit si


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