An sich ist der Grandeur gar kein übles Auto. So, wie das 4,9 Meter lange Flaggschiff der koreanischen Marke dasteht, kann es auch strengen europäischen Ansprüchen genügen. Die Karosserie ist gediegen, unauffällig - mittelklassig. Das Heck, in dem sich hinter den LED-Rückleuchten ein mit 523 Litern Fassungsvermögen üppiger (und durch Umklappen der Rücksitzlehnen in Maßen erweiterbarer) Kofferraum verbirgt, hat Schwung und erinnert mit seinem angedeuteten "Rucksack" ein wenig an den 7er-BMW.
All das macht zwar noch längst kein Design, das ein Auto auf den ersten Blick im Gedächtnis verankert. Ein Mercedes, ein Audi, ein BMW sind schon aus dem Augenwinkel heraus zu erkennen. Da ist der Grandeur doch verwechselbarer. Zum Beispiel mit seinem kleinen Bruder Sonata.
Innen ist es dann aber schnell vorbei mit Mittelklasse. Sicher: Der Zustieg ist durch die weit öffnenden Türen sehr bequem, das Platzangebot vorne wie hinten opulent. Und auch die (Leder-)Sitze sind straff und bieten einen - mit den in dieser Kategorie üblichen Abstrichen zugunsten der Bequemlichkeit - ordentlichen Seitenhalt. Die Serienausstattung ist nicht minder üppig wie der Lebensraum - vom Tempomat bis zum Lichtsensor, vom Lederlenkrad bis zur Zwei-Zonen-Klimaautomatik ist alles an Bord, was das Fahren in der Mittelklasse angenehm macht. Dazu kommen Nettigkeiten wie ein selbst abblendender Innenspiegel oder beheizte Außenspiegel.
Aber all das nützt den Koreanern nicht mehr viel: Schon der erste Blick aufs Armaturenbrett sorgt für den Absturz des Grandeur aus der Mittel- in die optische Kompaktklasse. Die Materialien machen zwar einen hochwertigen Eindruck und fühlen sich angenehm an. Doch ansonsten passen außen und innen nicht zusammen.
Der Grandeur ist augenfällig noch ein Mischprodukt: Nicht mehr reiner Koreaner wie sein Vorgänger, aber auch noch nicht reiner Europäer wie Hyundais i30. Die Mittelkonsole krankt an der Unsitte der Koreaner, erst nach der Anlandung in Bremerhaven ein Fummel-Radio mit CD-Schlitz und Minimal-Navi rein zu klatschen. Mit Design hat das nicht mehr viel zu tun. Ebenso wenig wie der wuchtige Mitteltunnel, aus dem der Schalthebel der Automatik ziemlich einsam ragt.
Und wer genauer hinschaut, der merkt zwar schnell, dass die Verarbeitung überall sehr gut ist - aber die Designer im Detail geschludert haben. Ein Beispiel: Die Zierleisten der Tür gehen in die des Armaturenbrettes über. So weit die Theorie. Die Praxis zeigt jedoch einen augenfälligen Versatz der Zierleisten gegeneinander. Eine Kleinigkeit? Ja. Aber nicht in einem Auto, das gegen die E-Klasse antritt. Dass dann auch ein integriertes Telefon zumindest gegen Aufpreis erhältlich sein sollte oder diverse elektronische Helferlein, die über ESP und ABS hinausgehen, sei nur noch am Rande vermerkt.
pressinform, 16.10.2007
© 2007 Financial Times Deutschland
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