15.12.2007
14:44 Uhr
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Traditionelle Chinesische Medizin
Fernöstliche Heilmischung
China versucht, seine vermeintlich jahrtausendealte "traditionelle chinesische Medizin" dem Westen anzupreisen. Doch die Therapieverfahren sind ein modernes Kunstprodukt.
Von Paul Unschuld
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Vor kurzem hat die Regierung Chinas Gesundheits- und Wissenschaftsminister aus 50 Staaten zu einer einzigartigen Konferenz nach Peking eingeladen. Die offizielle chinesische Sicht auf die im Westen als traditionelle chinesische Medizin bekannte Heilkunde sollte dargelegt werden.
Was aber hat die chinesischen Behörden dazu veranlasst, sich plötzlich auf höchster internationaler Ebene für die Verbreitung einer Heilkunde einzusetzen, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts von Reformern und marxistischen Intellektuellen als Symbol der Rückständigkeit Chinas verdammt wurde?
Die namhaftesten chinesischen Autoren - Lu Xun, Ba Jin - schrieben damals Novellen, in denen sie die Motive und Fähigkeiten traditioneller chinesischer Ärzte geißelten.
"Jahrtausendealter Misthaufen"Der erste chinesische Slapstick-Film aus dem Jahre 1921 nahm einen traditionellen Arzt ins Visier, weil der Filmemacher sicher sein konnte, damit Lacher zu gewinnen. Und Tan Zhuang, ein marxistischer Denker, nannte die traditionelle chinesische Medizin im Jahr 1944 einen "jahrtausendealten Misthaufen".
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Doch nach der Gründung der Volksrepublik China im Jahre 1949 sahen sich die kommunistischen Verantwortlichen einem Dilemma gegenüber. So gerne sie die Zukunft des Gesundheitswesens der westlichen Medizin anvertraut hätten, mussten sie doch einsehen, dass die westliche Medizin weder perfekt war, noch im ganzen Lande zugänglich.
Und ein Verbot der traditionellen Medizin hätte Hunderttausenden Haushalten das Einkommen genommen. Das veranlasste Mao Zedong zu seinem berühmten Diktum von der "Chinesischen Medizin als einer Schatzkammer", deren Schätze freilich, so fuhr er fort, erst einmal zu heben seien, und zwar mit Methoden der modernen, sprich westlichen Wissenschaft. Damit war ein Programm umrissen, dem die Behörden der VR China seitdem mit Weitblick und großer Umsicht folgen.
Bis in die Mitte der 1960er Jahre suchte eine im Wesentlichen aus Ärzten der westlichen Medizin zusammengesetzte Kommission, aus dem heterogenen Erbe der traditionellen chinesischen Medizin einen Kern herauszufiltern, der zumindest zwei Bedingungen erfüllen sollte: Das Ergebnis durfte weder dem marxistischen Ideengut noch den Erkenntnissen der modernen Wissenschaft widersprechen.
Abergläubische und unsinnige Teile gestrichenFolglich wurden alle abergläubischen, unsinnigen und offensichtlich falschen Teile dieser Heilkunde gestrichen, und am grünen Tisch entstand eine Verhandlungslösung, die zentrale historische Versatzstücke auf der Grundlage moderner westlicher Logik vereinte. Damit war ein Kompromiss geschaffen, der allen Seiten das Gesicht wahrte.
Die Anhänger der Tradition konnten sich unter der Bezeichnung zhongyi ("Chinesische Medizin") vereinen und weiterhin praktizieren, auch wenn in die staatlich gelenkten Studienpläne dieser zhongyi mehr und mehr Elemente der westlichen Medizin Eingang fanden.
Die Verfechter einer radikalen Modernisierung der Medizin konnten sich damit trösten, dass das ungeliebte Erbe allmählich durch Verwestlichung und durch wissenschaftliche Legitimierung tatsächlich wirksamer Praktiken der Arzneikunde und der Nadeltherapie in eine akzeptable Ergänzung der modernen Medizin überführt werde.
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