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EZB-Liquiditätsspritze beruhigt Geldmarkt

von Doris Grass (Frankfurt)

Die Europäische Zentralbank (EZB) hat den Banken der Eurozone über den Jahreswechsel die größte Liquiditätsspritze in ihrer Geschichte bereit gestellt. Sie teilte bei ihrem Zwei-Wochen-Tender die Rekordsumme von 348,6 Mrd. Euro zu.

Hilfe vor dem Jahreswechsel: Die EZB versorgt die Banken mit Liquidität
 Hilfe vor dem Jahreswechsel: Die EZB versorgt die Banken mit Liquidität

Angesichts eines auslaufenden Geschäfts über 218,5 Mrd. Euro pumpte die EZB damit netto 130 Mrd. Euro zusätzlich in das Bankensystem. Die Währungshüter hatten schon am Vortag angekündigt, dass sie ab einem Mindestzins von 4,21 Prozent unlimitiert Mittel bereit stellen würden, um die kurzfristigen Geldmarktzinsen nahe dem Leitzins von 4,0 Prozent zu halten. Der Großteil der Gelder wurde zwar zu 4,21 Prozent zugeteilt. Manche Banken zahlten aber dennoch bis zu 4,45 Prozent.

Nach der Liquiditätsspritze sanken die Zinsen für Tagesgeld und Termingeld zum Teil massiv. Da die Banken sich gegenseitig kaum Geld leihen, waren vor allem die Zinsen für mittelfristige Interbankenkredite zuletzt auf mehrjährige Hochs gestiegen. Der Tagesgeldzins sackte auf 3,65 bis 3,75 Prozent. Der Satz für zweiwöchige Ausleihungen (Euribor) rutschte um rund einen halben Prozentpunkt auf 4,4452 Prozent von 4,945 Prozent. Auch die Sätze für Termingeld fielen, wenn auch nicht so stark. Dreimonats-Geld verbilligte sich auf 4,876 Prozent von 4,949 Prozent.

Geldmarktzinsen sinken

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Geldhändler bezeichneten die Aktion der EZB als Erfolg. Die Spitze bei den Geldmarktzinsen sei nun offenbar erreicht und die Lage beginne sich zu entspannen. Nach Ansicht der Geldmarktexperten der WGZ-Bank dürfte sich der Markt aber an der üppigen Liquidität in Kürze "verschlucken, so dass schon bald wieder mit einem Schnelltender der EZB zur Liquiditätsabschöpfung zu rechnen ist". Sie zeigten sich zudem verwundert, dass der höchste akzeptierte Zins bei der Auktion bei 4,45 Prozent lag, obwohl die EZB angekündigt hatte, alle Offerten ab einem Zins von 4,21 Prozent voll zuzuteilen. Am Nachmittag schrieb die EZB noch einen Langfristtender mit 92 Tagen Laufzeit über 50 Mrd. Euro aus. Hier rechnen Geldhändler nach einer Reuters-Umfrage nun mit einem gewichteten Durchschnittszins von 4,75 Prozent.

Bank of England pumpt Geld in den Markt

Auch die Bank von England (BoE) versorgte den heimischen Geldmarkt mit zusätzlichen Mitteln, und zwar über einen Drei-Monats-Tender. Sie hatte die Auktion im Rahmen der konzertierten Maßnahmen mehrerer Zentralbanken vergangene Woche angekündigt. Das Volumen war mit 10 Mrd. Pfund im Vergleich zur EZB allerdings sehr gering. Es boten auch nur wenige Banken. Sie mussten einen Mindestzins von 5,36 Prozent zahlen, um berücksichtigt zu werden. Der höchste akzeptierte Zins lag bei 6,60 Prozent, der gewichtete Durchschnittszins bei 5,95 Prozent. Zwar verzichtete die britische Notenbank bei dieser Auktion erstmals darauf, einen Strafzins von 100 Basispunkten auf den Leitzins zu verlangen.

"Das höchste Gebot lag deutlich über dem Londoner Interbanken-Zins (Libor), also gab es offensichtlich einen gewissen Bedarf, aber die Nachfrage war auch nicht so hoch, wie einige befürchtet hatten", erklärte John Wraith, Leiter Zinsstrategie bei der Royal Bank of Scotland. "Es ist sehr wahrscheinlich, dass einige Institutionen lieber zur EZB gegangen sind." Einige britische Institute dürften also die niedrigeren Euro-Zinsen genutzt und beim EZB-Tender geboten haben, um das Geld dann in Pfund tauschen. Dennoch hatte auch diese Geldspritze erstmals einen positiven Effekt: Der Zins für dreimonatige Sterling-Ausleihungen (Libor) fiel auf 6,39 Prozent von 6,43 Prozent am Montag. Dagegen kletterte allerdings der Zins für zweiwöchige Sterling-Ausleihungen um 77 Basispunkte auf den Rekordwert von 6,51 Prozent.

BoE-Gouverneur King ist skeptisch für die Finanzbranche

Grossbritanniens Zentralbankgouverneur Mervyn King äußerte sich gestern skeptisch. "Wir stehen vor der Schwierigkeit, dass unsere Maßnahmen voraussichtlich keine signifikante Reduzierung der Risikoaufschläge bewirken werden", sagte King vor einem Parlamentsausschuss. Die Differenz zwischen dreimonatigen Sterling-Ausleihungen und dem Leitzins der BoE ist zwar von einem Hoch im September von 1,21 Prozentpunkten auf 0,90 Prozentpunkt gesunken, liegt aber weiterhin deutlich über den etwas über 20 Basispunkten von Anfang des Jahres.

King erwartet zudem noch weitere schlechte Neuigkeiten aus der Finanzbranche. "Dem weltweiten Bankensektor steht eine schmerzhafte Anpassung in den kommenden Monaten bevor, in denen Verluste offen gelegt und neues Kapital aufgenommen wird, um die Bankbilanzen zu reparieren", sagte er vor einem Parlamentsausschuss. Zu den konzertierten Liquiditätsspritzen von fünf Zentralbanken sagte King: "Die Maßnahmen demonstrieren, dass die Notenbanken zusammenarbeiten, um jede starke Verschärfung der Kreditkonditionen zu verhindern, die weltweit zu einer wirtschaftlichen Abschwächung führen könnten."

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FTD.de, 18.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: AFP

 

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