Zwischen Ankündigung und Abschluss der Transaktion lagen keine zwölf Stunden. Am Morgen des 30. Oktober teilte der Autozulieferer Continental mit, dass er 1,48 Mrd. Euro frisches Geld vom Kapitalmarkt holen wolle. Am Nachmittag war die Kapitalerhöhung in trockenen Tüchern.
Die mit einer solchen Maßnahme immer verbundene Unruhe an den Kapitalmärkten war auf ein Minimum reduziert. Das Geld hilft dem Konzern, die 11,4 Mrd. Euro schwere Übernahme von Siemens VDO zu stemmen, mit der die Hannoveraner weltweit auf Platz fünf in der Branche rücken.
Ohne Unterstützung der Aktionäre und die Hilfe von 39 Fremdkapitalgebern wäre die größte Akquisition in der Konzerngeschichte nicht zustande gekommen. Dabei musste Continental den amerikanischen Zulieferer TRW ausstechen, hinter dem der Finanzinvestor Blackstone steht.
Der Held des Tages war Finanzvorstand Alan Hippe. Er hatte das Projekt gestemmt. Hippe hatte die Übernahme aktiv vorangetrieben und die Interessen von Investoren und Banken unter einen Hut gebracht. Klassisch gehören Finanzierung, Rechnungswesen und Controlling zum Verantwortungsbereich eines Chief Financial Officer oder CFO.
Aber in den vergangenen Jahren hat sich das Rollenverständnis der Zunft radikal gewandelt. Früher sollte der Finanzchef vor allem die Klaviatur der verschiedenen Finanzinstrumente beherrschen und den Vorstandskollegen durch das Zusammenstellen von Informationen und Analysen die Grundlage für Entscheidungen liefern.
Heute sind zusätzliche Qualitäten gefragt. "Der CFO muss wesentlich mehr sein als ein solider Finanzexperte", sagt Conti-Vorstand Hippe. "Er muss auch unternehmerische Risiken vorantreiben und ab und an im Angriff selbst ein Tor erzielen." Es geht nicht allein darum, mit dem gesamten Vorstand Wachstumsziele festzulegen. Genauso wichtig ist es, Wege für die Umsetzung zu finden.
Der Finanzchef von heute soll das Unternehmen überzeugend auf Roadshows bei Anlegern und Fremdkapitalgebern verkaufen sowie professioneller Risikomanager sein. Er muss sich im komplexen Geflecht aus rechtlichen Auflagen, Anforderungen von Finanzaufsicht und Börse, Ratingagenturen und Wirtschaftsprüfern ebenso auskennen wie mit Gesetzen.
Sein Unternehmen verlangt, dass er die Organisationsstruktur der Finanzabteilung an die Erfordernisse der globalisierten Wirtschaft anpasst und dabei auch keine tiefen Schnitte scheut. Bei alldem trägt der CFO noch immer die Verantwortung für den Jahresabschluss, der innerhalb von sechs bis acht Wochen nach Ultimo vorliegen soll, um Analysten mit dem "Fast Close" zufriedenzustellen. Das allein könnte ihn eigentlich voll auslasten.
In vielen Branchen bleibt es nicht bei einem Abschluss - Versicherer brauchen oft drei oder vier: einen nach dem internationalen Finanzreporting-Standard IFRS und auf jeden Fall einen weiteren nach dem deutschen Handelsgesetzbuch (HGB), denn der ist maßgeblich für Steuern und Gewinnbeteiligungen. Vielleicht kommt auch noch ein Abschluss nach den französischen oder Schweizer Spezialregeln dazu, wenn die Muttergesellschaft dort ihren Sitz hat.
FTD.de, 19.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: FTD.de
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