Der Saalbau in Witten ist ein hässlicher Klotz aus den 70er-Jahren - von Glamour keine Spur. Doch an diesem Abend im Oktober erstrahlt der Saal im Kerzenlicht, auf weiß gedeckten Tischen liegen Rosenblätter. Elisabeth Tengelmann ist gekommen, Clemens Graf von Wedel von Sal. Oppenheim, Vertreter der Deutschen Bank. Der ehemalige WDR-Intendant Fritz Pleitgen hält den Festvortrag. Zur Hohensteiner Tafelrunde, wie das erlesene Fundraising-Dinner heißt, bittet die Privatuniversität Witten/Herdecke alljährlich Freunde und Förderer. "Wir wollen damit die besondere Bindung an unsere Universität stärken", sagt Präsident Birger Priddat. Und Geld einwerben.
Das klappte auch an diesem Abend: Ein Unternehmer aus der Region habe 100.000 Euro für die Förderung eines Lehrstuhls zugesagt, ein anderer will Kontakt zu zwei vermögenden Freunden herstellen. "Die Förderer sind die besten Fundraiser", sagt Edeltraud Priddat, die Frau des Präsidenten. Sie arbeitet seit vielen Jahren für die Uni als Fundraiserin; die Hohensteiner Tafelrunde ist ihre Idee. "Ich schaue darauf, dass es den Förderern der Uni gut geht", sagt sie.
Die persönliche Ansprache und das Umsorgen von potenziellen Geldgebern ist für private Hochschulen schon immer wichtig gewesen. Viele von ihnen sind auf Spenden aus der Wirtschaft angewiesen, sie bestreiten davon oft ein Drittel und mehr ihres Haushalts. Nur neuerdings müssen sie mit ansehen, wie die lang schlafende Konkurrenz an den öffentlichen Hochschulen droht beim professionellen Betteln an ihnen vorbeizuziehen. "Die Privaten haben nicht mehr den Bonus des Neuen, des Andersseins", sagt Marita Haibach. Sie arbeitet seit 1991 als Fundraising-Beraterin, zuletzt als Leiterin der deutschen Niederlassung von Brakeley, eine der weltweit größten und ältesten Fundraising-Beratungsfirmen. "Staatliche Universitäten wissen ihre lange Tradition, ihre Größe und ihr Profil zunehmend zu nutzen."
Die Millionenspenden der vergangenen Monate gingen allesamt an staatliche Einrichtungen: 30 Mio. Euro gab Logistikunternehmer Klaus-Michael Kühne an die TU Harburg, 25 Mio. Euro spendete die Familie Schwarz-Schütte der Uni Düsseldorf, eine reiche Bankierswitwe vermachte der Uni Frankfurt 33 Mio. Euro. Spätestens seit der Exzellenzinitiative wissen auch die staatlichen Unis, wie man sich um Geld bemüht. Und bauen ihr Fundraising aus. Die beiden Vobis-Gründer Theo Lieven und Rainer Fraling etwa spendeten ihrer Alma Mater RWTH Aachen 800.000 Euro für den Aufbau eines schlagkräftigen Fundraising-Teams.
Noch nie wurde so viel privates Geld an Hochschulen gespendet wie im vergangenen Jahr: Abgesehen von der außergewöhnlichen 200-Mio.-Euro-Spende der Jacobs-Stiftung an die International University Bremen (jetzt Jacobs University), nahmen vom Centrum für Hochschulentwicklung (CHE) befragte Hochschulen 2006 im Schnitt 2,5 Mio. Euro ein. Das ist im Vergleich zu US-amerikanischen Unis immer noch sehr wenig, aber für hiesige Verhältnisse immerhin eine Steigerung um 22 Prozent in drei Jahren. "Der gordische Knoten ist geplatzt", sagt Cornelia Kliment vom Deutschen Fundraising Verband. Unter den fünf erfolgreichsten Hochschulen beim Fundraising waren im vergangenen Jahr vier öffentliche Lehranstalten.
FTD.de, 23.10.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Universität Witten/Herdecke
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