Der private Bildungsmarkt in Deutschland konzentriert sich immer stärker, Privathochschulen ziehen zunehmend Investoren an. Nachdem sich letzte Woche für die Privatuniversität Witten-Herdecke ein Geldgeber gefunden hat und im Februar die Steinbeis-Gruppe das hoch verschuldete Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) für 1 Euro übernommen hatte, könnte diese Woche die nächste ins Trudeln geratene Privathochschule vor der Pleite gerettet werden.
Nach Recherchen der FTD verhandelt die Hamburger Beteiligungsgesellschaft Educationtrend AG exklusiv mit der International University (IU) in Bruchsal über eine Übernahme. Der Vorstandsvorsitzende von Educationtrend, Bernhard Peters, bestätigte dies gegenüber der FTD, will sich aber nicht weiter äußern, so lange das Land Baden-Württemberg dem Kauf nicht zugestimmt hat. Das Land hatte die Gründung des "schwäbischen Harvards" , wie es bei der Eröffnung 1999 genannt wurde, seinerzeit mit 10 Mio. Euro unterstützt, ist aber selbst nicht Gesellschafter der IU. Das Landeskabinett wird am Dienstagnachmittag in Stuttgart eine Entscheidung treffen.
"Wir sind in Verhandlungen", bestätigt auch der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der IU und Oberbürgermeister von Bruchsal, Bernd Doll. Mehr will er nicht sagen, nur so viel: "Ich hoffe, der Standort bleibt erhalten."
Die Sorge ist berechtigt, denn der neue Investor ist nicht nur an Bruchsal interessiert, Educationtrend ist auch der bisher geheim gehaltene Investor, der den Bildungsfonds der privaten Hanseatic University in Rostock mit knapp 19 Mio. Euro gefüllt hat. Dort soll im Herbst die erste auf Gewinn ausgerichtete Hochschule Deutschlands entstehen, die aus einem Fonds finanziert wird - ein absolutes Novum in der deutschen Hochschullandschaft. In den USA gibt es schon seit Jahren gewinnorientierte, auch börsennotierte Bildungskonzerne.
Der Markt für Bildungsdienstleistungen wächst rasant, eine australische Studie geht in den nächsten knapp 20 Jahren von einer Vervierfachung der Nachfrage nach Hochschulbildung aus. Derzeit liegt das weltweite Volumen nach einer Schätzung der Investmentbank Merrill Lynch bei jährlich 2200 Mrd. $. Deutsche Anbieter haben daran bislang nur einen Anteil von 1,5 Prozent. Doch der Markt für private, unternehmerisch organisierte Bildungsangebote "ist ein Wachstumsmarkt", davon ist Bernhard Peters überzeugt. "Wir möchten uns in diesem Markt langfristig engagieren und beweisen, dass Bildung eine lohnende Investition ist", sagte er der FTD.
Bislang hat sich seine Firma eher an kleineren Projekten beteiligt, wie etwa dem bundesweit ersten privatisierten Berufsbildungszentrum in Fulda oder der Literaturakademie in Prag. Das Investitionsvolumen ist überschaubar, 2006 betrug der Umsatz gerade mal 5 Mio. Euro. Die 2005 gegründete Gesellschaft ist eine 90-prozentige Tochter der ATON GmbH, die von Lutz Helmig, dem ehemaligen Chef der Helios-Kliniken, gegründet wurde, nachdem er seine Anteile an Helios verkauft hat. ATON beteiligt sich vor allem an Flugzeugen, Educationtrend soll den Bildungsmarkt erobern.
ATON musste auch mehrere Millionen Euro zuschießen, um den Fonds der Hanseuni zu füllen. Es heißt, das sei ausdrücklicher Wunsch von Helmig gewesen, "der unbedingt eine Uni haben wollte". Jetzt kriegt er gleich zwei. Bruchsal und Rostock würden sich gut ergänzen: In Rostock wartet man noch auf die staatliche Anerkennung der Uni sowie auf die Akkreditierung der Studiengänge. Beides bringt die IU Bruchsal mit, quasi als Mitgift.
FTD.de, 25.06.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Universität Witten/Herdecke
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