Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren

Investoren entdecken Privatunis

von Marion Schmidt

Deutsche Privathochschulen wecken zunehmend das Interesse von Investoren. Nach FTD-Informationen verhandelt die Hamburger Beteiligungsgesellschaft Educationtrend derzeit über einen Kauf der International University Bruchsal.

Der private Bildungsmarkt in Deutschland konzentriert sich immer stärker, Privathochschulen ziehen zunehmend Investoren an. Nachdem sich letzte Woche für die Privatuniversität Witten-Herdecke ein Geldgeber gefunden hat und im Februar die Steinbeis-Gruppe das hoch verschuldete Stuttgart Institute of Management and Technology (SIMT) für 1 Euro übernommen hatte, könnte diese Woche die nächste ins Trudeln geratene Privathochschule vor der Pleite gerettet werden.

Universität Witten/Herdecke
 Universität Witten/Herdecke

Nach Recherchen der FTD verhandelt die Hamburger Beteiligungsgesellschaft Educationtrend AG exklusiv mit der International University (IU) in Bruchsal über eine Übernahme. Der Vorstandsvorsitzende von Educationtrend, Bernhard Peters, bestätigte dies gegenüber der FTD, will sich aber nicht weiter äußern, so lange das Land Baden-Württemberg dem Kauf nicht zugestimmt hat. Das Land hatte die Gründung des "schwäbischen Harvards" , wie es bei der Eröffnung 1999 genannt wurde, seinerzeit mit 10 Mio. Euro unterstützt, ist aber selbst nicht Gesellschafter der IU. Das Landeskabinett wird am Dienstagnachmittag in Stuttgart eine Entscheidung treffen.

"Wir sind in Verhandlungen", bestätigt auch der Vorsitzende der Gesellschafterversammlung der IU und Oberbürgermeister von Bruchsal, Bernd Doll. Mehr will er nicht sagen, nur so viel: "Ich hoffe, der Standort bleibt erhalten."

Studiengänge als Mitgift

ZUM THEMA

Die Sorge ist berechtigt, denn der neue Investor ist nicht nur an Bruchsal interessiert, Educationtrend ist auch der bisher geheim gehaltene Investor, der den Bildungsfonds der privaten Hanseatic University in Rostock mit knapp 19 Mio. Euro gefüllt hat. Dort soll im Herbst die erste auf Gewinn ausgerichtete Hochschule Deutschlands entstehen, die aus einem Fonds finanziert wird - ein absolutes Novum in der deutschen Hochschullandschaft. In den USA gibt es schon seit Jahren gewinnorientierte, auch börsennotierte Bildungskonzerne.

Der Markt für Bildungsdienstleistungen wächst rasant, eine australische Studie geht in den nächsten knapp 20 Jahren von einer Vervierfachung der Nachfrage nach Hochschulbildung aus. Derzeit liegt das weltweite Volumen nach einer Schätzung der Investmentbank Merrill Lynch bei jährlich 2200 Mrd. $. Deutsche Anbieter haben daran bislang nur einen Anteil von 1,5 Prozent. Doch der Markt für private, unternehmerisch organisierte Bildungsangebote "ist ein Wachstumsmarkt", davon ist Bernhard Peters überzeugt. "Wir möchten uns in diesem Markt langfristig engagieren und beweisen, dass Bildung eine lohnende Investition ist", sagte er der FTD.

Educationtrend will den Bildungsmarkt erobern

Bislang hat sich seine Firma eher an kleineren Projekten beteiligt, wie etwa dem bundesweit ersten privatisierten Berufsbildungszentrum in Fulda oder der Literaturakademie in Prag. Das Investitionsvolumen ist überschaubar, 2006 betrug der Umsatz gerade mal 5 Mio. Euro. Die 2005 gegründete Gesellschaft ist eine 90-prozentige Tochter der ATON GmbH, die von Lutz Helmig, dem ehemaligen Chef der Helios-Kliniken, gegründet wurde, nachdem er seine Anteile an Helios verkauft hat. ATON beteiligt sich vor allem an Flugzeugen, Educationtrend soll den Bildungsmarkt erobern.

ATON musste auch mehrere Millionen Euro zuschießen, um den Fonds der Hanseuni zu füllen. Es heißt, das sei ausdrücklicher Wunsch von Helmig gewesen, "der unbedingt eine Uni haben wollte". Jetzt kriegt er gleich zwei. Bruchsal und Rostock würden sich gut ergänzen: In Rostock wartet man noch auf die staatliche Anerkennung der Uni sowie auf die Akkreditierung der Studiengänge. Beides bringt die IU Bruchsal mit, quasi als Mitgift.

Google Tausendreporter Furl YiGG Mister Wong del.icio.us Webnews

Bookmarken bei ...

Zur Debatte Artikel verschickenLeserbrief schreibenFTD-Newsletter bestellenArtikel druckenRSS-Feed abonnieren
 

FTD.de, 25.06.2007
© 2007 Financial Times Deutschland, © Illustration: Universität Witten/Herdecke

 

Uno-Bericht wirft deutschen Schulen Diskriminierung vor

Auf die Kritik des Uno-Inspektors reagierten Bildungsfunktionäre zum Teil mit scharfen Worten. mehr

Familienpolitik reißt Gräben in der Union

CDU-Generalsekretär Pofalla versucht, den Streit schön zu reden. mehr

Schleswig-Holstein schafft Hauptschulen ab

Nach einer kontroversen Debatte votierten die Abgeordneten der regierenden Koalition aus CDU und SPD für ein neues Schulgesetz. mehr

Deutsche Studenten hoffen auf die Uno

Ein völkerrechtlich bindender Vertrag von 1976 soll den Gegnern des Bildungs-Obolus neue Munition für Klagen liefern. mehr

Weiterbildung soll sich lohnen

Arbeitnehmer sollen ihre Vermögenswirksamen Leistungen auch vor Ablauf der Sperrfrist einsetzen können - doch das ist noch nicht alles. mehr

Deutsche Eltern lieben Privatschulen

Mittlerweile lernen fast eine Million Schüler an privaten Einrichtungen. mehr

Berlusconi will sich mit Privat-Uni ein Denkmal setzen

Als Dozenten für seine Elite-Hochschule will der Multimilliardär ehemalige Staats- und Regierungschefs gewinnen. mehr

Licht und Schatten im Jahr 5 nach Pisa

Vor fünf Jahren offenbarte der Pisa-Test die Schieflage des deutschen Bildungssystems. Was hat sich seitdem verändert? mehr

Schavan verlangt mehr Studienplätze

Die Bundesforschungsministerin reagierte damit auf neue Daten des Statistischen Bundesamtes. mehr

Versetzung mit Abstrichen geschafft

Eine neue Pisa-Studie hat Deutschlands Schülern in Mathematik und Naturwissenschaften ein durchwachsenes Zeugnis ausgestellt. mehr

Leitartikel

Pisa-Studie - Rohstoff Wissen

Die OECD will in einer repräsentativen Erhebung das Wissen der gesamten Bevölkerung testen. mehr

Deutsches Bildungssystem bremst Innovationen

Trotz leichter Verbesserungen belegt Deutschland im Vergleich der Innovationsfähigkeit von Industrieländern nur einen Platz im Mittelfeld. mehr