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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Hindenburg

Paul von Hindenburg
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Paul von Hindenburg

Hindenburg, Paul von Beneckendorff und von Hindenburg, Generalfeldmarschall (seit 1914) und Reichspräsident (seit 1925), * Posen 2. 10. 1847, † Gut Neudeck bei Freystadt in Westpreußen (heute Kisielice, Woiwodschaft Lebus) 2. 8. 1934; Offizier, war 1903–11 kommandierender General. Am 22. 8. 1914 wurde Hindenburg Oberbefehlshaber der 8. Armee (Generalstabschef: E. Ludendorff), mit der er die Russen bei Tannenberg und an den Masurischen Seen entscheidend schlug. Seit dem 1. 11. 1914 war er Oberbefehlshaber Ost, seit 27. 11. Generalfeldmarschall. Am 29. 8. 1916 übernahm er als Chef des Generalstabs des Feldheers mit Ludendorff als erstem Generalquartiermeister die 3. Oberste Heeresleitung (OHL), die in der Folgezeit fast uneingeschränkt die strategische Leitung des Krieges innehatte, weitgehend die Kriegsziele bestimmte und 1917 entscheidend zum Sturz des Reichskanzlers T. von Bethmann Hollweg beitrug. Militärisch gesehen, führte er erfolgreich die Feldzüge gegen Rumänien (1916), Italien (1917) und Russland (1917). Seine entscheidungsuchenden Operationen im Westen im Frühjahr und Sommer 1918 scheiterten jedoch. Um die Monarchie zu retten, befürwortete Hindenburg im November 1918 den Thronverzicht des Kaisers. Nach dem Waffenstillstand leitete er den Rückmarsch des Heeres. Am 3. 7. 1919, nach Unterzeichnung des Versailler Vertrages, legte Hindenburg den Oberbefehl nieder und ging in den Ruhestand. Als Ursache der deutschen Niederlage propagierte Hindenburg u. a. vor dem Untersuchungsausschuss der Nationalversammlung – mit verheerender Wirkung auf das politische Klima der Weimarer Republik – die Dolchstoßlegende.

Am 26. 4. 1925 wurde Hindenburg als Kandidat der Rechtsparteien zum Reichspräsidenten gewählt (Wiederwahl am 10. 4. 1932 im zweiten Wahlgang mit Unterstützung von SPD und Zentrum gegen Hitler). Persönlich der Monarchie zuneigend, stand er dem republikanischen Staat und seinem parlamentarisch-demokratischen System von Anfang an distanziert gegenüber. Dennoch kam es unmittelbar nach 1925 nicht zu einer konservativen oder gar monarchischen Umgestaltung des Deutschen Reichs, sondern zu einer zeitweisen Annäherung der Konservativen an die Republik (bis etwa 1928). Bestärkt von General K. von Schleicher verfolgte Hindenburg schon 1926/27 den Gedanken, ein vom Reichstag unabhängiges, auf den Artikel 48 der Weimarer Reichsverfassung sich stützendes Präsidialkabinett zu bilden (»Hindenburg-Kabinette«). Hindenburg, der politisch den Umbau der Republik in Richtung eines autoritären Ständestaats vertrat, trug aktiv zur Aushöhlung der demokratischen Institutionen und Traditionen bei; gleichzeitig war er jedoch der einzig Erfolg versprechende Exponent einer Politik, die Hitler verhindern wollte. Nach dem Sturz der »großen Koalition« am 27. 3. 1930 berief er am 28. 3. 1930 H. Brüning zum Reichskanzler und vollzog damit den Übergang zu einem Präsidialregime. Beeinflusst durch General K. von Schleicher und großagrarisch-konservative Kreise, entließ er Brüning, da dieser zunehmend mithilfe der SPD seine Politik durchzusetzen versuchte. Mit den Kabinetten unter F. von Papen (Juli–November 1932) und Schleicher (November 1932–Januar 1933) setzte er Regierungen ein, die das Ziel einer autoritären Umgestaltung von Staat und Gesellschaft verfolgten. Nach anfänglichem Zögern ernannte Hindenburg am 30. 1. 1933 Hitler zum Reichskanzler.

Mit der Unterzeichnung besonders der Verordnung zum Schutz von Volk und Staat vom 28. 2. 1933 (»Reichstagsbrandverordnung«) und des Ermächtigungsgesetzes vom 24. 3. 1933 gab Hindenburg den Weg frei zum Aufbau der nationalsozialistischen Diktatur. Am »Tag von Potsdam« (21. 3. 1933) wirkte er bei dem von Hitler inszenierten Schauspiel einer Versöhnung von nationalsozialistischer Bewegung und preußischer Tradition mit. Am 2. 8. 1934, noch am Todestag von Hindenburg, vereinigte A. Hitler per Reichsgesetz die Ämter des Reichskanzlers und des Reichspräsidenten auf sich (Führer).

Sekundärliteratur: W. Rauscher: Hindenburg. Feldmarschall u. Reichspräsident (Wien 1997); H. Zaun: Paul von Hindenburg und die deutsche Außenpolitik (1999); W. Pyta: Hindenburg. Herrschaft zwischen Hohenzollern und Hitler (2007).

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