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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Kirchenkampf

Kirchenkampf, in der Geschichtswissenschaft und der Kirchengeschichtsschreibung verwendeter (nicht unumstrittener) Begriff zur Charakterisierung der Geschichte der Kirchen im nationalsozialistischen Deutschland (1933–45). Geprägt von der entstehenden Bekennenden Kirche, bezeichnete der Begriff zunächst die innerkirchlichen Auseinandersetzungen um den »evangeliumsgemäßen« Weg der evangelischen Kirchen in dem neuen Staat, wurde dann jedoch Synonym für die Auseinandersetzungen der christlichen Kirchen mit der nationalsozialistischen Kirchenpolitik und den kirchlichen Widerstand gegen die Ideologie und Praxis des Nationalsozialismus.

Die Unterdrückung des Christentums war ein weltanschauliches und politisches Hauptziel der nationalsozialistischen Diktatur. Mit der ab 1934 propagierten »Entkonfessionalisierung des öffentlichen Lebens« kam es zu sich verschärfenden Diskriminierungen von Christentum und Kirchen, u. a. Zerschlagung der den Kirchen angeschlossenen Vereine und Verbände, Unterdrückung der kirchlichen Presse, Aufhebung der konfessionellen Schulen, Verfolgung von Ordensangehörigen durch Devisen- und Sittlichkeitsprozesse, Überwachung von Gottesdiensten und Verhaftung von Pfarrern. Der Kirchenkampf wurde, v. a. seit 1938, besonders getragen von H. Himmler, J. Goebbels, A. Rosenberg, M. Bormann.

Gegenüber den evangelischen Kirchen fand der Kirchenkampf besonders Ausdruck in der Parteinahme des Staates für die Deutschen Christen (Einsetzung des Reichsbischofs L. Müller) sowie in harten Maßnahmen gegen die Bekennende Kirche (Amtsenthebung, Verfolgung, Inhaftierung von Pastoren, Professoren und Laien, Bücherverbote, Behinderung der kirchlichen Organisationen und Presse u. a.). Gegenüber der katholischen Kirche verband sich damit (trotz der Regelung der Staat-Kirche-Beziehungen im Reichskonkordat, 1933) die Bekämpfung der Klöster und die rücksichtslose Verfolgung (zeitweilig in Schauprozessen) aller von einzelnen Geistlichen oder Ordensleuten vermeintlich gegen staatliche Gesetze begangenen Verstöße. Die Kirchen traten dem Vorwurf der Staatsfeindlichkeit entgegen; sie griffen aber die Ideologie und offenkundige Menschenrechtsverletzungen auch grundsätzlich an (u. a. in der vom deutschen Episkopat mitverfassten Enzyklika Pius' XI. Mit brennender Sorge, 1937; Predigten von Bischof C. A. Graf von Galen gegen die Euthanasie, 1941). – Bekannte christliche Persönlichkeiten des Widerstands waren u. a. D. Bonhoeffer, A. Delp, E. Gerstenmaier.

Sekundärliteratur: Die Katholiken u. das Dritte Reich, hg. v. K. Gotto u. K. Repgen (31990); Priester unter Hitlers Terror. Eine biographische u. statistische Erhebung, bearbeitet v. U. v. Hehl u. a., 2 Bde. (41998); G. Besier: Die Kirchen u. das Dritte Reich. Spaltungen u. Abwehrkämpfe 1934–1937 (2001); Kurt Meier: Kreuz u. Hakenkreuz. Die evangelische Kirche im Dritten Reich (Neuausgabe 2001).

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