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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 978-3-411-10060-6
149,00 € [D]

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Reichsidee

Reichsidee, die in einem Herrschaftsbereich bestehenden Vorstellungen, die diesen als universal, mit einer höheren Weihe versehen und in eine bestimmte Tradition eingebunden begreifen und mit denen hegemoniale Ansprüche verbunden werden. Die Reichsidee des Altertums erlangte ihre klassische Form im Römischen Reich seit Augustus (Imperium Romanum); sie erstrebte die Befriedung des Erdkreises (Pax Romana) und die Ausbreitung städtischer Zivilisation. Daran knüpfte die abendländische Reichsidee an; sie forderte eine überstaatliche Einheit aller christlichen Völker (Imperium Christianum) und eine durch den Kaiser als Statthalter Gottes zu wahrende Friedensordnung. Dieser universalistisch-theologische Zug ist dem Byzantinischen Reich eigen geblieben, während im Westen die Reichsidee mit dem Untergang des Weströmischen Reiches (476) zunächst erlosch. Die Kaiserkrönung Karls des Großen (800) bezeichnete die Übertragung des Reiches (»translatio imperii«) auf die Franken, die Kaiserkrönung Ottos I., des Großen (962), die Übertragung auf die Deutschen (Heiliges Römisches Reich). Die Reichsidee umfasste im Mittelalter den Gedanken einer Überlegenheit des Heiligen Römischen Reiches gegenüber allen anderen Staaten des Abendlands, seiner übernationalen Zusammensetzung und seiner institutionellen Verbindung mit der römischen Kirche. Trotz des Verfalls der Reichsmacht in der Neuzeit lebte die Reichsidee in Gestalt eines Reichspatriotismus bis 1806 fort, auf den großdeutschen Gedanken reduziert auch danach. Der Nationalsozialismus benutzte die Reichsidee propagandistisch zur imperialistischen Großraumpolitik (»Großdeutsches Reich«).

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