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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Sudetendeutsche

Sudetendeutsche, seit 1919 allgemeine Bezeichnung für die deutsche Volksgruppe in der damaligen Tschechoslowakischen Republik (1935: 3,1 Mio.), die seit der deutschen Ostsiedlung größtenteils im Gebiet des Sudetenlandes lebte und großen Anteil an der wirtschaftlichen und kulturellen Entwicklung in Böhmen und Mähren hatte, geprägt durch die gemeinsame Zugehörigkeit zu Österreich (dort Deutschböhmen genannt) und das enge Zusammenleben mit den Tschechen sowie den kulturellen Einfluss von Prag. Erst in den 1930er-Jahren entwickelten sie ein politikwirksames Gemeinschaftsgefühl. A. Hitler instrumentalisierte 1938 die Nationalitätenprobleme, um in der »Sudetenkrise« die Abtrennung des Gebietes von der ČSR zu erzwingen (Münchener Abkommen). Die Sudetendeutschen wurden nach 1945 auf der Grundlage von Dekreten der Exilregierung unter E. Beneš (Beneš-Dekrete) und des Potsdamer Abkommens fast vollzählig (bis auf etwa 100 000) zum Teil gewaltsam (u. a. Massaker von Aussig, »Brünner Todesmarsch«, 1945) aus der ČSR vertrieben. Bezüglich der Vertreibungsopfer, für die Sudetendeutschen oft mit etwa 250 000 beziffert, werden in der neueren Forschung unterschiedliche, zumeist geringere Zahlen angegeben. – Der Deutsch-Tschechoslowakische Nachbarschaftsvertrag (1992) und die Deutsch-Tschechische Erklärung (1997) brachten für die Rückerstattungs- und Vermögensfrage keine eindeutige Klärung, da jede Regierung ihrer Rechtsordnung verpflichtet blieb und des Weiteren respektiert, dass die andere Seite eine andere Rechtsauffassung hat. Auf der Grundlage des europäischen Rechtsdenkens fordert die Sudetendeutsche Landsmannschaft das Heimat- und Rückkehrrecht sowie die Rücknahme der »Beneš-Dekrete«.

Sekundärliteratur: E. Franzel: Sudetendeutsche Geschichte (Neuausgabe 2002); F. Seibt: Deutsche, Tschechen, Sudetendeutsche. Analysen u. Stellungnahmen zu Geschichte u. Gegenwart aus fünf Jahrzehnten (2002); D. Brandes: Der Weg zur Vertreibung 1938–1945. Pläne u. Entscheidungen zum »Transfer« der Deutschen aus der Tschechoslowakei u. aus Polen (22003).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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