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Kommentar

Der große Hedge-Fonds-Stresstest

von Tobias Bayer und Elisabeth Atzler (Frankfurt)

Die Zahl klingt beeindruckend: 10 Mrd. $ will Goldman Sachs für einen neuen Hedge-Fonds auf Anhieb einsammeln. Das ist ein weiterer Beleg dafür, dass sich die alternative Anlageklasse bei Investoren etabliert hat. Doch in der Kreditkrise müssen sie jetzt zeigen, dass sie ihrem Namen auch gerecht werden.

Vor ein paar Jahren waren Hedge-Fonds nur etwas für Eingeweihte. Was erneuerbare Energien für die großen Versorger waren, waren Hedge-Fonds für die Finanzmarktwelt: Ein eher esoterischer Bereich, höchstens ein kleine Seitengasse auf dem Boulevard des großen Geldes.

Das hat sich inzwischen massiv geändert. Jeder mischt mit. Investmentbanken überbieten sich förmlich mit ihren Engagements, und traditionell konservative Anleger wie Pensionsfonds reichern ihr Portfolio mit den häufig als "Spekulanten" betitelten Vehikeln an. 1800 Mrd. $ verwalten die einst obskuren Hedge-Fonds. Das ist eine erstaunliche Erfolgsgeschichte. Die Kreditkrise muss jetzt zeigen, ob sie anhält und die Fonds ihrem Namen auch wirklich gerecht werden.

Hedging mit Hedge-Fonds?

ZUM THEMA

Die Bedeutung von "Hedge-Fonds" lässt sich bereits aus der Übersetzung des Wortes "Hedge" ablesen: Hecke, Einfriedung, Schutzumrandung. Das Hedging entstand in den Jahren 1870 bis 1880, als sich Investoren in Folge der zunehmenden Globalisierung und Industrialisierung gegen Zins- und Währungsrisiken absichern wollten. Ursprünglich waren Hedge-Fonds zur Risikoabsicherung von Wertpapierpositionen konzipiert worden. Dazu wurden über Leerverkäufe von Wertpapieren Short-Positionen am Terminmarkt aufgebaut. Im Jahr 1949 legt Alfred Winslow mit der Eröffnung eines Hedge-Fonds den Grundstein für den späteren Boom. Die erste große Nachfragewelle in den Jahren 1967 und 1968 verdankte die Branche einem Bärenmarkt.

Derzeit regieren wieder die Bären am Markt, diesmal ausgehend von Turbulenzen auf den Kreditmärkten. Bis jetzt scheinen sich die Hedge-Fonds gesamt gut zu behaupten. Laut dem Branchendienst Hedge Fund Research (HFR) hat die Branche seit Jahresbeginn durchschnittlich eine Rendite von über zehn Prozent erzielt. Doch erste Risse sind erkennbar: Quantitative Modelle, die mit mathematischen Algorithmen arbeiten, wurden vollständig entzaubert. Die Illiquidität vieler strukturierter Produkte und die damit einhergehenden heftigen Preisschwankungen stellen die "Quants" vor unlösbare Probleme.

Kreditkrise oder die große Hedge-Fonds-Entzauberung?

Große Namen haben Kratzer abbekommen: Goldman Sachs musste im Sommer zwei Hedge-Fonds stützen. Tudor fuhr zuletzt Verluste ein. Basis Capital meldete für einen Fonds Insolvenz an. Die "God Squad" von Red Kite, die fast magisch den Markt für Industriemetalle beherrschte und 2006 eine Rendite von fast 200 Prozent erzielte, büßte allein im November 22 Prozent ein und ist nach Einschätzung von Experten in ihren Positionen gefangen. All das beginnt sich jetzt auch in der Gesamtstatistik niederzuschlagen: Im November verbuchte der maßgebliche HFR-Index ein Minus von 1,4 Prozent. Auch die lange sehr erfolgreichen Event-Driven-Fonds, die auf Sondersituationen in Unternehmen wetten, haben zuletzt deutlich verloren.

Die Kreditkrise wird anhalten. Das mag für viele Banken, Anleger und Verbraucher schmerzhaft sein, ist für die Hedge-Fonds-Branche aber ein wichtiger Stresstest. In den kommenden Monaten wird sich zeigen, ob nur einige wenige Erfolg haben, oder ob die Industrie insgesamt gut abschneidet - und das Präfix "Hedge" auch wirklich gerechtfertigt ist.

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FTD.de, 18.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland

 

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