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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Schwangerschaftskonfliktberatung

Schwangerschaftskonfliktberatung, Bezeichnung für die in Deutschland seit 1995 gesetzlich vorgeschriebene Beratung Schwangerer in Konfliktsituationen durch staatlich anerkannte Beratungsstellen. Diese haben verschiedene Träger. Für die katholische Kirche als Träger haben die deutschen katholischen Bischöfe am 23. 11. 1999 beschlossen, die bisherige Beteiligung am staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung zu beenden. Für die etwa 270 katholischen Beratungsstellen hat das zur Folge, dass sie – entsprechend den von den einzelnen Diözesen zu schaffenden Regelungen – ab dem Jahr 2001 die vom Gesetzgeber geforderten Bescheinigungen (»Beratungsscheine«) nicht mehr ausstellen dürfen, da diese einen straffreien Schwangerschaftsabbruch möglich machen. Nicht beschlossen wurde jedoch die Beendigung der katholischen Beratungstätigkeit, die als Hilfsangebot der Kirche an Schwangere in schwierigen Lebenssituationen auf jeden Fall – außerhalb des staatlichen Systems der Schwangerschaftskonfliktberatung – erhalten bleiben soll (so praktiziert bereits seit 1993 im Bistum Fulda). Dem Beschluss unmittelbar voraus gingen Gespräche aller deutschen Bischöfe mit Papst Johannes Paul II. im Rahmen ihres Ad-Limina-Besuchs in Rom (9.–19. 11. 1999), die einen mehrjährigen Konsultationsprozess abschlossen. Wichtige Wegmarken waren der Brief des Papstes vom September 1995, in dem er die deutschen Bischöfe bat, die kirchliche Beratungstätigkeit so durchzuführen, »dass die Kirche nicht mitschuldig wird an der Tötung unschuldiger Kinder«, und besonders der Papstbrief vom Januar 1998, in dem Johannes Paul II. die deutschen Bischöfe ersuchte, »Wege zu finden, dass ein Schein solcher Art (gemeint ist der sogenannte »Beratungsschein«) in den kirchlichen Beratungsstellen nicht mehr ausgestellt wird«, dabei jedoch weiterhin die wirksame Präsenz der Kirche in der Beratung Hilfe suchender Frauen sicherzustellen. Die aufgrund des Papstbriefes von 1998 von der Deutschen Bischofskonferenz eingesetzte Arbeitsgruppe zur Schwangerschaftskonfliktberatung legte im Januar 1999 ihren Ergebnisbericht vor. Dieser sprach sich für ein Verbleiben im staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung aus und dafür, die Beratungsbescheinigung mit einem (konkrete Hilfezusagen enthaltenden) »Beratungs- und Hilfeplan« zu verbinden. Um die Intention der kirchlichen Beratungstätigkeit eindeutig zu kennzeichnen, forderte Johannes Paul II. daraufhin, den Beratungsschein mit einem Zusatz zu versehen (»Diese Bescheinigung kann nicht zur Durchführung straffreier Abtreibungen verwendet werden«), was die deutschen Bischöfe bei einer Stimmenthaltung (Erzbischof J. Dyba) einstimmig billigten. Von den Bischöfen gegenüber dem Papst vorgebrachte Rückfragen hinsichtlich staatsrechtlicher Konsequenzen, besonders im Blick auf die nicht gegebene rechtliche Verbindlichkeit der geplanten Beratungsbescheinigungen gegenüber dem Staat, führten im Ergebnis zu dem Beschluss, das gesetzliche Beratungssystem zu verlassen. Innerkirchliches Konfliktpotenzial in diesem Zusammenhang ist v. a. mit der Ende September aus dem Zentralkomitee der deutschen Katholiken (ZdK) heraus gegründeten Stiftung »Donum Vitae« (lateinisch »Geschenk des Lebens«) verbunden, die als Trägerin unter dem Dach des ZdK die katholische Beratungstätigkeit in bisheriger Form fortführen will, da der »Ausstieg« der katholischen Kirche aus dem staatlichen System der Schwangerschaftskonfliktberatung nach mehrheitlicher Auffassung des ZdK die Bemühungen, ungeborenes Leben zu schützen, eher schwächt als stärkt. Johannes Paul II. selbst hatte zur zukünftigen Praxis der katholischen Schwangerschaftskonfliktberatung in Deutschland im September abschließend Stellung genommen und als oberster Hirte der Kirche (nicht als ihr oberster Lehrer) die hohe Verantwortung des päpstlichen Amtes für den Schutz des ungeborenen Lebens gegen eine zunehmend um sich greifende hedonistische »Kultur des Todes« (Enzyklika Evangelium vitae) hervorgehoben.

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