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Gut informiert ist halb bezahlt

von Anja Krüger

Unternehmen, die ins Ausland exportieren, können die Liquidität ihres Kunden nicht immer einschätzen. Kreditversicherer bieten Unterstützung: Sie sind auf die internationale Überprüfung von Zahlungsfähigkeit spezialisiert. Doch auf der sicheren Seite stehen die Exporteure damit noch nicht.

In Deutschland sichern nur fünf Versicherer Exporte ab. Marktführer ist die Allianz-Tochter Euler Hermes, weitere Anbieter sind Atradius, Coface und Zürich. Die zum Verbund der Volks- und Raiffeisenbanken gehörende R+V verkauft Deckungen nur an kleinere und mittlere Firmen mit einem Exportanteil von maximal 30 Prozent. Kunden der Versicherer sind Hersteller, die andere Firmen beliefern. Das versicherte Risiko sind die Empfänger der Waren. Sind sie zahlungsunfähig, springt der Kreditversicherer ein. In der Regel versichern Exporteure ihren gesamten Kundenstamm. „Die Prämie liegt im Durchschnitt bei 1 bis 1,5 Promille der zum Jahresende offenen Forderungen“, sagt Erich Hieronimus von Coface Deutschland. In Ausnahmefällen gibt es die Möglichkeit der Einzelforderungsabsicherung.

Preise für Policen fallen

„Das Auslandsgeschäft wächst sehr dynamisch“, sagt Sabine Enseleit von Euler Hermes. „Überproportional in die Emerging Markets, nach Russland und nach China.“ In den vergangenen Jahren sind die Preise für die Policen stark gefallen. „Der Trend hält an“, sagt Carlo Ries vom Kreditversicherungsmakler Südvers. Denn die Weltwirtschaft ist in einem guten Zustand. „Die Versicherer haben weniger Schäden“, sagt Ries. Das ist allerdings nicht allein der guten Konjunktur geschuldet. „Die Informationen aus den Märkten werden immer besser“, sagt Ries. „Dadurch wird auch die Schadenprophylaxe immer besser.“

Bevor der Versicherer das Risiko nimmt, prüft er, wie riskant die Geschäfte des Lieferanten sind. Der Exporteur bekommt für jeden einzelnen Kunden eine Einschätzung. „Dabei gibt es nicht nur die Möglichkeiten der Ablehnung oder der Annahme“, sagt Michael Timmermann, Country Manager Deutschland bei Atradius. In vielen Fällen nehmen die Versicherer nur einen Teil des Risikos. Lehnen sie es komplett ab, ist das für den Lieferanten ein wichtiges Signal. „Eine großzügige Zeichnungspolitik lohnt sich für den Kunden nicht“, betont er. „Der Kunde würde ins offene Messer laufen.“ Zahlt der Belieferte nicht, muss der Lieferant einen Teil des Schadens selbst tragen. Der Eigenanteil liegt etwa bei 15 bis 20 Prozent.

Die Versicherer unterhalten für die Risikoprüfung riesige Datenbänke. Euler Hermes hat Datensätze von mehr als 40 Millionen Unternehmen aus aller Welt, Atradius und Coface jeweils von mehr als 45 Millionen. Dazu arbeiten die Versicherer mit speziellen Auskunfteien zusammen, die allgemein zugängliche Informationen aufbereiten. Außerdem beschäftigen sie eigene Mitarbeiter für Recherchen, die etwa Bankauskünfte einholen, bei Firmen Informationen anfordern oder sich dort selbst umschauen. Die Spezialisten analysieren das politische Klima in einem Land ebenso wie die Entwicklung einer Branche. Für manche Länder übernehmen Kreditversicherer gar keine Deckung. Dazu gehören momentan Afghanistan, die Elfenbeinküste, der Irak oder Simbabwe. Zurzeit beobachten die Risikoprüfer genau die Entwicklung der US-Immobilienkrise. „Mit unserem Ratingsystem erfassen wir tagesgenau das Zahlungsverhalten“, sagt Enseleit von Euler Hermes. „Unsere Kunden informieren uns über verlängerte Zahlungsziele und Überfälligkeiten.“ Besonders im Auge haben die Versicherer aktuell auch Firmen, die von Private-Equity-Investoren gekauft wurden.

Versicherer können immer aussteigen

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„Unternehmen können bei Kreditversicherern auch nur die Informationen über ihre Kunden einkaufen“, sagt Versicherungsmakler Ries. Für Firmen ist die reine Risikoeinschätzung möglicherweise sinnvoller als der Abschluss einer Police. „Für den Kreditversicherer gibt es immer das Instrument des Ausstiegs aus dem Vertrag“, erklärt er. Ist der Belieferte nicht mehr solvent, kann der Versicherer für weitere Lieferungen auch kurz nach Abschluss der Police die Deckung verweigern. Das kann für den Exporteur zum großen Problem werden. Hat der Lieferant einen Kontrakt über drei Jahre mit dem plötzlich nicht mehr als solvent eingeschätzten Kunden, kann er aus dem Vertrag nicht aussteigen.

Kreditversicherer bieten auch Inkassodienste an, also das Eintreiben offener Rechnungen. „Die Bandbreite der Möglichkeiten ist groß“, sagt Franz Michel von Coface Finanz. Kunden können diese Leistung in Kombination mit einer Kreditversicherung kaufen, müssen dies aber nicht. Sie können auch einzelne Rechnungen eintreiben lassen. Vor allem bei Exporten kann dieses Verfahren sinnvoll sein, weil sich die Fristen und Regeln für Mahnverfahren von Land zu Land erheblich unterscheiden. Wie teuer der Service ist, hängt davon ab, in welchem Land die Forderung geltend gemacht wird. Im Erfolgsfall nimmt etwa Atradius bei schwer zugänglichen Ländern bis zu 35 Prozent der Rechnungssumme. Kann der Inkassoanbieter die Rechnung nicht eintreiben, beträgt die Gebühr zwischen 80 und 120 €. Bei Coface zahlen Kunden bei Misserfolg 150 € pro Rechnung, bei Erfolg bis zu 20 Prozent.

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FTD.de, 23.12.2007
© 2007 Financial Times Deutschland

 

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