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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Afrika

Ansicht Afrikas aus ...
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Das Vordringen der P...
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Großregionen und pol...
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Staatenbildung und H...
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Der Zentralsudan in ...
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Reiseroute
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Koloniale Aufteilung...
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Die Entkolonialisier...
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Afrika, Erdteil der »Alten Welt«. Der Name stammt von den Römern, die das Land um Karthago nach dem Stamm der Afri Africa nannten; später wurde der Name auf den ganzen Kontinent ausgedehnt.

Inhaltsverzeichnis

Lage:

Afrika erstreckt sich 8 000 km von Norden nach Süden (37° 20′ nördlicher Breite bis 34° 52′ südlicher Breite) und über 7 600 km von Westen nach Osten (17° 33′ westlicher Länge bis 51° 23′ östlicher Länge). Mit einer Gesamtfläche von rund 30 Mio. km2 umfasst es ein Fünftel der Landfläche der Erde. Die Küste ist schwach gegliedert; ihr sind nur wenige Inseln vorgelagert. Einzige große Insel ist Madagaskar im Südosten. Von Europa wird Afrika durch die Einbruchsbecken des Mittelmeeres getrennt. Mit Asien hängt Afrika an der Landenge von Sues unmittelbar zusammen; im Übrigen ist es durch den Graben des Roten Meeres von ihm getrennt.

Oberflächengestalt:

Das Relief Afrikas wird weitgehend von Rumpfflächen und Tafelländern bestimmt, die im Süden und Osten im Mittel über 1 000 m ansteigen. Die Hälfte der Fläche liegt unter 500 m über dem Meeresspiegel. Die Küsten sind meist Steilküsten, besonders im Norden und Süden, in den Tropen streckenweise mit Mangrovensümpfen und vorgelagerten Korallenriffen, sonst flach und sandig mit starker Brandung. – Abgesehen vom jungen Atlasgebirge (bis 4 165 m über dem Meeresspiegel), das geologisch zum europäischen alpidischen System gehört, besteht Afrika aus einem alten Sockel, der von flachen Schwellen (Zentralsaharische, Ober- und Niederguinea-, Asande- und Lundaschwelle) in Becken gegliedert wird. An kleinere, abflusslose Becken der Sahara schließen sich im Sudan Niger-, Tschad- und Weißnilbecken an, in Mittelafrika das riesige Kongobecken, im Süden das Kalaharibecken, das im Südosten von einem alten Gebirgssystem (in den Drakensbergen bis 3 482 m über dem Meeresspiegel) umgeben ist. Den Osten Afrikas vom Roten Meer bis zum Sambesi durchzieht das Ostafrikanische Grabensystem mit Tanganjika- und Malawisee; es ist von Vulkanen begleitet, darunter die höchsten Berge Afrikas, Kilimandscharo (5 892 m über dem Meeresspiegel; Neuvermessung 1999) und Mount Kenia (5 199 m über dem Meeresspiegel). Der größte See Afrikas ist der Victoriasee im Osten; zu den abflusslosen Binnenseen gehört der Tschadsee. Die Flüsse der Winterregengebiete (Atlasländer, südwestliches Afrika) führen periodisch Wasser, in den Wüsten gibt es nur episodisch durchflossene Täler (Wadis). In abflusslosen Becken bilden sich durch die hohe Verdunstung ausgedehnte Salzpfannen (Schotts, Sebchas). Im tropischen Feuchtgebiet entwickelten sich mächtige Ströme, die mit Katarakten und Wasserfällen die Beckenränder durchbrechen: Nil, Kongo, Niger, Sambesi.

Klima, Vegetation:

Infolge seiner Lage beiderseits des Äquators zeigt Afrika die Klimazonen in nahezu idealer Anordnung. Die äquatoriale Tropenzone mit Regen zu allen Jahreszeiten weist Regenwald auf (Guineabucht, nördliches Kongobecken), der zum großen Teil in den letzten 30 Jahren gerodet wurde. Nördlich und südlich schließen sich Zonen mit zwei Regenzeiten an, getrennt durch kurze Sommer- und lange Wintertrockenzeit. Hier herrschen Savannen vor, zunächst Feuchtsavanne mit immergrünen Bäumen und Hochgrasfluren. Zu den Randtropen hin (Sudanzone, Sambesihochland) vereinigen sich beide Regenzeiten zu einer einzigen (im Sommer), die mit wachsendem Abstand vom Äquator immer geringere Niederschlagsmengen bringt. Es folgen Trocken-, dann Dornstrauchsavannen, die in der Sahelzone schließlich in die subtropischen Trockengebiete der Sahara und im Süden in die Namib mit nur noch episodischen Niederschlägen übergehen. Nord- und Südküste weisen Mittelmeerklima auf.

Tierwelt:

Im Norden hat die Tierwelt meist mediterranen Charakter, in der Sahara ist sie sehr artenarm, vielfältig in den Regenwäldern und Savannen. In den Regenwäldern leben v. a. fliegende (Fledermäuse, Vögel, Insekten) und kletternde Tiere (Affen, Halbaffen, Baumschlangen u. a.). Die offene Savannenlandschaft weist dagegen Großtiere auf (Großkatzen, Elefanten, Nashörner, Flusspferde, Zebras, Antilopen, Büffel, Giraffen, Strauße u. a.). Die Tier- und auch die Pflanzenwelt Madagaskars weicht stark ab und zeigt viele endemische Arten.

Bevölkerung:

Afrika ist Heimat und Kerngebiet der schwarzafrikanischen Völker, die die Hauptmasse der Bevölkerung stellen und das Bild südlich der Sahara (Schwarzafrika) beherrschen. Diese Völker sind autochthon; es gibt keine Hinweise auf außerafrikanische Entstehung und Einwanderung (außer auf Madagaskar). Die afrikanischen Völker werden in vier große Sprachfamilien gegliedert (afrikanische Sprachen). Ihre sehr vielfältigen traditionellen Gesellschafts- und Wirtschaftsformen sind in starkem Wandel begriffen. Vom Afrika südlich der Sahara hebt sich Nordafrika (einschließlich der Sahara) kulturgeschichtlich deutlich ab. Es ist seit der Altsteinzeit Siedlungsgebiet von Einwanderern aus Europa (Weißafrika) mit erst mediterraner (Berber, Altägypter), später orientalisch-arabischer Prägung. Die letzten bedeutenden Zuströme aus Europa empfing Afrika mit der neuzeitlichen Kolonisation.

Die hohen Geburtenraten und die starke Ausbreitung von Aids führen zu großen sozialen, wirtschaftlichen und politischen Problemen. Besonders betroffen sind die afrikanischen Staaten südlich der Sahara, wo etwa 70 % aller weltweit HIV-infizierten Menschen leben. Länder mit extrem hoher Aids-Rate sind u. a. Botswana, Namibia, Südafrika, Swasiland und Simbabwe.

Afrika ist mit einer mittleren Bevölkerungsdichte von rund 30 Einwohnern je km2 nur scheinbar unterbevölkert, da die Tragfähigkeit der nutzbaren Regionen schon weitgehend erreicht ist. Die regionale Verteilung ist sehr unterschiedlich. Viele Gebiete sind übervölkert, besonders die Industrie- und Bergbauzentren, die Küstenstädte und das Niltal; aber auch landwirtschaftlich genutzte Gebiete (Nomadismus, Brandrodungsfeldbau) sind an der Grenze ihrer Belastbarkeit angelangt (Hungerkatastrophen im Sahel). Der Anteil der städtischen Bevölkerung nimmt immer mehr zu und ist in den nordafrikanischen Ländern und in der Republik Südafrika am höchsten, in Burundi am niedrigsten. Besondere Probleme bilden in Afrika die Flüchtlinge, v. a. als Folge politischer Machtkämpfe und Dürren.

Religion:

Die dominierenden Religionen sind das Christentum und der Islam. Rund 46 % der Bevölkerung Afrikas sind Christen, rund 41 % Muslime. Den traditionellen afrikanischen Religionen werden rund 12 % zugerechnet. Gemeinschaften der Hindus, Buddhisten und Sikhs finden sich unter den rund 0,4 % Afrikanern asiatischer Herkunft (vorwiegend Inder). Gemeinschaften der Bahais bestehen in fast allen Ländern Afrikas. Von den rund 90 000 afrikanischen Juden leben rund 90 % in der Republik Südafrika. Das Christentum ist die Religion der Bevölkerungsmehrheit in den meisten Ländern Zentral- und Südafrikas. Hauptverbreitungsgebiete des Islam sind die Länder Nordafrikas und der Sahelzone, Länder des nordwestlichen Küstenstreifens (v. a. Gambia, Guinea, Senegal) und Nordostafrikas (Somalia). Die traditionellen afrikanischen Religionen sind v. a. in Südost- und Westafrika verbreitet. – Kirchengeschichtlich führt das afrikanische Christentum seine Tradition auf den Evangelisten Markus (nach der Legende erster Bischof von Alexandria) zurück. Die Ausbreitung des Islam in Schwarzafrika setzte, getragen durch muslimische Händler, bereits Ende des 7. Jahrhunderts in Westafrika ein.

Geschichte

Unser Wissen über die Geschichte Afrikas stammt aus mündlichen Überlieferungen und künstlerischen Darstellungen der einzelnen Völker, aus archäologischen Funden, der Sprachforschung und aus Berichten arabischer oder europäischer Reisender und Siedler. Schriftliche Quellen liegen aus Nord- und Nordostafrika vor, v. a. aus Ägypten und Äthiopien. In West- und Ostafrika sind Chroniken entstanden. Seit dem 19. Jahrhundert ist eine große Anzahl schriftlicher Quellen von afrikanischen Autoren und europäischen Forschern, Missionaren, Händlern und Kolonialbeamten verfügbar. Aus all diesen Quellen ist ersichtlich, dass sich die einzelnen Großräume des Kontinents sehr unterschiedlich entwickelt haben.

Vor- und Frühgeschichte: Afrika wird heute mit Recht als Wiege der Menschheit bezeichnet. In Kenia gefundene Knochenreste verschiedener Individuen werden auf 7–4,4 Mio. Jahre datiert (Australopithecinen). Aus Afrika stammen auch die ältesten Zeugnisse (Geräte aus Kiesel gefertigt; englisch pebble tools) für das Auftreten des Menschen. Die ältesten Geröllgeräte sind 2,5 Mio. Jahre alt (Olduvai, Tansania). Faustkeile wurden in Ost- und Nordafrika vor etwa 500 000 Jahren gefertigt. Im Norden des Kontinents reichen Jäger- und Sammlertraditionen bis 10 000 v. Chr. zurück, vom 6. bis ins 3. Jahrtausend bildeten sich verschiedene neolithische Kulturgruppen (Funde in der Sahara). Um 5000 v. Chr. haben sich Pflanzenbau und Viehzucht von Nordosten allmählich über den Erdteil verbreitet. Im Niltal begann die Metallverarbeitung (Kupfer, Silber, Gold) im 4. Jahrtausend. Mit der Vereinigung von Ober- und Unterägypten um 3200 v. Chr. begann die Geschichte des Pharaonenreiches (Ägypten, Geschichte). Nilaufwärts entstand das Reich Kusch (Nubien, Meroe), dessen Herrscher um 725 v. Chr. Ägypten eroberten. 664 v. Chr. wurden sie von den Assyrern zurückgeworfen. Das äthiopische Reich von Aksum entstand wohl im 3. Jahrhundert v. Chr.

Staatengeschichte: Anfänge bis 1500: Der älteste Staat von weltgeschichtlicher Bedeutung in Afrika ist Ägypten. Westlich davon wurde das phönikische Karthago zu einer großen See- und Handelsmacht. Das Römische Reich umfasste alle Küstenländer Nordafrikas. Mit dem Einbruch in Ägypten (638–644 n. Chr.) begann die Eroberung Nordafrikas und Ostafrikas durch die muslimischen Araber. In der westlichen Sudanzone entstanden um 400 das Reich Gana, um 800 die Staaten Songhai und Kanem. In die Zeit um 1000 reichen die Stadtstaaten der Hausa, der Staat der Mosi und die Staatenbildungen der Nupe und Yoruba zurück. Kanem und andere sudanesische Staaten wurden im 11. Jahrhundert islamisiert. Im 13. Jahrhundert trat das Reich Mali die Vorherrschaft im westlichen Sudan an. Nach 1400 drängte Songhai Mali zurück und erlebte seinen Höhepunkt. Weiter östlich war das Reich Bornu aus Kanem hervorgegangen. Um 1500 bestanden ausgebildete Staaten an der Kongomündung (Reich der Kongo) und im heutigen Simbabwe (Reich des Monomotapa).

15. bis 19. Jahrhundert: Im 15. Jahrhundert begann eine Zeit der intensiveren Einmischung fremder Mächte. Nordafrika geriet von Ägypten bis Algerien zu Beginn des 16. Jahrhunderts unter die Hoheit des Osmanischen Reiches. An der Westküste Afrikas suchten Europäer seit der Mitte des 15. Jahrhunderts Gold, Elfenbein, Pfeffer und dann v. a. Sklaven. Zur Abwicklung ihres Handels errichteten sie Befestigungsanlagen. Vasco da Gama umsegelte im Auftrag der portugiesischen Krone Westafrika und fand über die Kaproute (1488) den Weg nach Indien. Die ostafrikanischen Küstenstädte wurden erobert, um ihren Handel zu übernehmen und Versorgungsstellen für den Indienhandel zu schaffen. Portugal schuf in Angola und Moçambique erste Kolonien. 1652 errichtete die Niederländisch-Ostindische Kompanie eine Versorgungsstation am Kap, von wo aus das Vordringen europäischer Siedler ins Binnenland und der Kampf mit den dort lebenden Völkern um Land begann.

Nach dem Zerfall der großen Reiche im westlichen Sudan kämpften kleinere Reiche sowie im Zentralsudan die Hausastaaten um die regionale Vormachtstellung. Die gesamte Region wurde durch den expandierenden Sklavenhandel und wachsende soziale und religiöse Spannungen geprägt. Im Nordosten wurde Äthiopien über Jahrhunderte durch interne Machtkämpfe und Auseinandersetzungen mit Nachbarvölkern geschwächt. In der Regenwaldzone entfalteten sich größere Reiche und Stadtstaaten neben kleineren Gemeinwesen. Im Küstengebiet Ostafrikas verarmten die Küstenstädte unter der portugiesischen Herrschaft; sie konnten sich erst 1729 befreien und den letzten Stützpunkt Portugals, Fort Jesus, erobern. Das Gebiet der großen Seen Ostafrikas war immer Schauplatz zahlreicher Wanderungsbewegungen und Staatsgründungen. Im 17. Jahrhundert konnte sich das Königreich Buganda als stärkste Macht etablieren. In Ruanda und Burundi entstanden expandierende Königreiche. Im Kongogebiet schlossen sich Völker zu größeren Reichen zusammen.

Im 19. Jahrhundert setzten in vielen Regionen Afrikas politische Konzentrationsprozesse ein. Gleichzeitig begann die Invasion des Kontinents durch europäische Mächte. In Westafrika verdichteten sich soziale und politische Konflikte zu islamischen Revolutionen und führten zur Gründung islamischer Staaten. Der Aufstieg des Kalifates von Sokoto leitete eine Neuordnung der Sahelzone ein: u. a. durch die Schaffung eines großen politischen und wirtschaftlichen Raumes mit einheitlicher Gesetzgebung und verbindenden kulturell-religiösen Faktoren sowie durch die Expansion des religiösen Anspruches in Heiligen Kriegen. In Ibadan entstand ein neuer Stadtstaat der Yoruba, der sich als Republik verstand. Die Gründung des Reiches der Tukulor sowie des Reiches von Samory Touré im westlichen Sudan verfolgten zusätzlich das Ziel, die großen Handelswege und damit den Sklaven- und Waffenhandel zu kontrollieren und das Vorrücken der Franzosen vom Senegal aus zu stoppen. In der Regenwaldzone konnten die Reiche Ashanti und Dahome zunächst ihre Macht bis an die Küste ausdehnen, gerieten aber in Konflikt mit den europäischen Mächten. An den Küsten wurden im Jahre 1822 aus den Südstaaten der USA zurückgekehrte Sklaven angesiedelt, die bestehende Gemeinwesen verdrängten und 1847 die Republik Liberia ausriefen.

In Nordostafrika erhob sich um 1880 der Sudan gegen die ägyptische Verwaltung. In Ägypten hatte Mehmed Ali die türkische Oberhoheit abgeschüttelt, eine umfassende Modernisierung eingeleitet und im Süden den Sudan als Nubien zu einer Provinz Ägyptens gemacht. Wegen der wachsenden Verschuldung des Landes, u. a. durch den Bau des Sueskanals, hatte Ägypten eine finanzielle Kontrolle durch Großbritannien und Frankreich akzeptieren müssen. Im Sudan konnte der Mahdi 1885 Khartoum gegen den erbitterten Widerstand der Engländer einnehmen. In der Folge sorgte der Mahdi in Zentral- und Ostafrika für Aufsehen und Unruhe bei den Kolonialmächten.

In Äthiopien gelang es Menelik II., ganz Äthiopien zum Kampf gegen die von der Küste des Roten Meeres vorrückenden Italiener zu mobilisieren. Der Sieg über die Italiener in Adua (1896) wurde zur Geburtsstunde des modernen Äthiopien. An der Ostküste konnte der Sultan von Oman eine unumstrittene Vorherrschaft erringen, die weit ins Innere des Festlandes reichte. Sansibar wurde zum Tor nach Ostafrika; die USA, Großbritannien, Frankreich und Deutschland errichteten Konsulate und schlossen Handelsverträge mit dem Sultan ab. In Südafrika unterwarf Chaka, König der Zulu, ab 1816 andere Völker und errichtete eine mächtige und expandierende Militärdiktatur. Südafrika erlebte gleichzeitig die Machtübernahme durch die Briten in der Kapregion (1806), die Unterwerfung der Völker in den Küstengebieten, die Flucht zahlreicher Buren aus der britischen Kapkolonie im »Großen Treck« (ab 1835) und die Gründung der Burenrepubliken Oranjefreistaat und Transvaal. Die Entdeckung von Diamanten bei Kimberley und von Gold im Witwatersrand löste den politischen Kampf um die Kontrolle dieser Gebiete zwischen den Burenrepubliken und den britischen Gebieten Kapkolonie und Natal aus.

Kolonialisierung: Die Invasion der Europäer führte im 19. Jahrhundert zur vollständigen Aufteilung des Kontinents. Die Ursachen lagen in Europa: in der Suche der europäischen Mächte nach neuen Märkten und in nationalistischen Rivalitäten. Die Invasion nahm ihren Ausgang von Stützpunkten an den Küsten und wurde ausgelöst durch die Versuche einer militärischen Durchsetzung des Sklavenhandelsverbots (1807) und durch die Verquickung der Interessen europäischer und afrikanischer Händler in Westafrika. Letztere wollten sich vom Außenhandelsmonopol ihrer Herrscher befreien, konnten aber mit den Europäern nicht konkurrieren und unterschätzten die Entschlossenheit sowie die politische Rückendeckung ihrer Gegner. Die Schwächung ihrer eigenen Staaten war die Folge.

Frankreich setzte sich 1830 in Algier fest und begann mit der Eroberung des Landesinnern. Ziel war die Schaffung eines zusammenhängenden Landblocks vom Mittelmeer bis an die Küste Westafrikas; Guinea, die Elfenbeinküste, Dahome und weite Teile des Inneren wurden erobert. Großbritannien setzte das Verbot des Sklavenhandels mit Gewalt durch und suchte direkten Zugang zu den Binnenmärkten. Es unterwarf Ashanti, besetzte die Küstenregion, intervenierte in den Kriegen der Yoruba, zerstörte Benin und rückte entlang dem Niger gegen das Kalifat Sokoto vor. Deutschland wollte in West-, Zentral- und Südwestafrika die Interessen großer Handelshäuser schützen und stellte Togo, Kamerun und Südwestafrika unter deutschen Schutz. Die großen Räume Zentralafrikas wurden entweder zu Kolonien der Franzosen oder zum Privatbesitz von König Leopold II. von Belgien. Angola blieb Besitz Portugals, ebenso wie Moçambique auf der Ostseite des Kontinents. Im südlichen Afrika verloren die letzten Völker ihre Unabhängigkeit und gerieten, u. a. wegen ihrer reichen Bodenschätze, unter britische Herrschaft. In Ostafrika fiel ein Teil an Deutschland (Tanganjika und Ruanda sowie Urundi); der strategisch wichtigere Teil, Kenia und Uganda, an Großbritannien, das den Nil und die Seeroute nach Indien schützen wollte. Die Briten konnten auch die Kontrolle über Ägypten und den Sudan sicherstellen.

Überall ist dem Vorrücken der Europäer Widerstand entgegengesetzt worden, der aber wegen mangelnder Einheit und waffentechnischer Unterlegenheit erfolglos blieb. Die Europäer ordneten die politische Landschaft neu, indem sie neue Grenzen zogen, alte Reiche zerschlugen und Herrscher absetzten, die von der Tradition legitimiert waren und häufig als sakrale Herrscher angesehen wurden. An ihre Stelle traten sie selbst oder von ihnen ernannte Machtträger. Die Europäer errichteten eine eigene Verwaltung, die ihren Herrschaftsanspruch durchsetzen, Steuern einziehen, Ruhe und Ordnung gewährleisten, nach ihren Vorstellungen Recht sprechen und eine ökonomische und kulturelle Infrastruktur schaffen sollte.

Diese Veränderungen erfolgten vor dem Hintergrund einer kulturellen Revolution, die das afrikanische Weltbild und Selbstverständnis erschütterte, neue religiöse Überzeugungen und Riten einführte und die Sprache der Väter durch die der Kolonisatoren ersetzte. Schule, christliche Mission, der Kontakt mit der Lebensform der Europäer und das Leben in den neuen, kolonialen Städten wurden zu Trägern dieser Transformation. Sie trugen aber auch den Keim zur Neubesinnung und Revolution in sich, indem sie Zugang zum politischen und philosophischen Gedankengut der westlichen Welt ermöglichten.

Entkolonialisierung: Der Zweite Weltkrieg leitete das Ende der europäischen Herrschaft ein, indem die Kolonialmächte geschwächt, die USA, die UdSSR und China zu Supermächten aufgewertet wurden. Das internationale Machtgleichgewicht verschob sich von Europa und ermöglichte neben den zwei Lagern des Kalten Krieges die Entstehung der blockfreien Staaten.

In Afrika erlangten ab 1951 (Libyen), verstärkt jedoch ab 1960 die ehemaligen Kolonien ihre staatliche Unabhängigkeit. Die Kolonialmächte erkannten die stetig steigenden Kosten ihrer kolonialen Herrschaft. Hinzu kamen die immer notwendiger werdenden Erklärungsversuche zur Aufrechterhaltung der kolonialen Gewaltherrschaft gegenüber den Forderungen der neuen Eliten und Parteien sowie der internationalen Kritik. Der Aufstieg gewaltbereiter Unabhängigkeitsbewegungen und die Kriege in Algerien und Kenia drängten schließlich die Kolonialmächte zum Rückzug. Die politische Entkolonialisierung lockerte die Verbindung zum Mutterland schrittweise und führte schließlich zur Entlassung in die Unabhängigkeit. Die Entkolonialisierung der Siedlerkolonien (Algerien, Kenia, Nordrhodesien) sowie der portugiesischen Besitzungen (Angola, Moçambique und Guinea-Bissau) sowie des südlichen Afrika erfolgte dabei in blutigen Kriegen.

Afrika seit der Unabhängigkeit: Den Übergang in die Unabhängigkeit begleiteten Visionen von Freiheit und Wohlstand. Manche Visionen führten in Anlehnung an die westliche Welt zu privatwirtschaftlichen Modellen der weiteren Entwicklung, andere zum »afrikanischen Sozialismus«, zur staatlichen Planwirtschaft oder suchten einen dritten Weg. Außenpolitisch bedeutete die Mitgliedschaft in den Vereinten Nationen die erste Möglichkeit, die eigenen Interessen vor der Weltöffentlichkeit zu artikulieren. Der besseren Vertretung ihrer Stimme dienten Versuche der Einigung des Kontinents in der Organisation der Afrikanischen Einheit (OAU). Kulturell führte die wiedergewonnene Freiheit zu eigenen Universitäten, zur Entfaltung von Literatur, Film, Musik und Kunst.

Die größten Aufgaben waren die Schaffung der nationalen Einheit und der Aufbau einer leistungsfähigen Verwaltung und Wirtschaft. Die politische Herausforderung verlangte institutionell die Errichtung eines funktionierenden demokratischen Systems, die Respektierung der Verfassung und die Trennung der Gewalten, den Beginn einer nationalen Gesetzgebung, den Aufbau einer Rechtsprechung und Polizei sowie den Ausbau eines an den nationalen Bedürfnissen orientierten Bildungs-, Gesundheits- und Kommunikationswesens. Das ökonomische Erbe der Kolonialzeit, die vorhandene Infrastruktur, die Weltwirtschaftsordnung sowie die unterschiedlichen Interessen der Politiker und ihrer Herkunftsregionen setzten jedoch nationalen Entwicklungszielen enge Grenzen.

Die politischen und wirtschaftlichen Visionen scheiterten wiederholt: Kulturelle und ethnische Heterogenität wurde politisiert und führte zu innenpolitischen Konflikten, Sezessions- und Bürgerkriegen (Biafra/Nigeria, Eritrea, Sudan); der wirtschaftliche Aufbau misslang; Staatsverschuldung, Verarmung, Arbeitslosigkeit, Landflucht und Verschärfung der Verteilungskämpfe waren die Folge. Gegen Machtmissbrauch und Korruption der Politiker, die Einführung von Einheitsparteien, gegen regionales und ethnisches Denken, Misswirtschaft und Vetternwirtschaft putschte das Militär in fast allen Staaten, konnte die Probleme aber nicht lösen. Strukturanpassungsprogramme von Weltbank und IWF haben den staatlichen Anteil an der Wirtschaft zwar verringert, die sozialen Probleme aber verschärft. Unabhängigkeitskriege (Angola, Moçambique, Nordrhodesien, Namibia und Republik Südafrika), Bürgerkriege (Liberia, Sierra Leone, Sudan, Algerien) und zwischenstaatliche Kriege (Uganda–Tansania, Kongo) kosteten Millionen Menschenleben, verursachten gewaltige Flüchtlingsströme, verbreiteten Hunger, Krankheit und Armut und schufen ein Klima von Gewalt und Gesetzlosigkeit. Diese Probleme wurden noch verschärft durch die Ausbreitung von Aids und ihre demografischen und sozialen Folgen, durch die anhaltende Abwanderung von qualifizierten Arbeitskräften sowie durch die Verschärfung des an ethnischen und religiösen Prämissen orientierten Verteilungskampfes.

Nach dem Ende des Ost-West-Konfliktes führten politische Neuansätze zu einer Demokratisierungswelle. Regionale Kooperationsformen wie etwa die aus der OAU hervorgegangene Afrikanische Union (AU) oder die Verabschiedung der »Neuen Partnerschaft für Afrikas Entwicklung« (NEPAD) sollten der politischen und wirtschaftlichen Konsolidierung des Kontinents dienen. Das größte Hoffnungssignal ist von der friedlichen Ablösung des Apartheidstaates durch ein demokratisches System in der Republik Südafrika ausgegangen.

Heutige Probleme sind nach wie vor die Zerbrechlichkeit des Staates, die Bedrohung der nationalen Einheit und die Stagnation der Wirtschaft. Sie hatten sich in Somalia zum Staatszerfall und in Ruanda (1994) zum Völkermord zugespitzt, in der Elfenbeinküste (2002) einen Bürgerkrieg verursacht, den Krieg (1997) in der Demokratischen Republik Kongo, in den mehrere afrikanische Staaten, multinationale Unternehmen und Warlords einbezogen waren, ausgelöst und bedrohten weitere Staaten wie Burundi und den Sudan (v. a. die Region Darfur). Hinzu kommen im südlichen Afrika (v. a. Simbabwe und Namibia) Auseinandersetzungen um die Landfrage, vor allem in Algerien und Nigeria der islamische Fundamentalismus, im Sudan – wie in der Elfenbeinküste – der Bürgerkrieg und in einer wachsenden Zahl von Staaten der internationale Terrorismus (Ägypten, Tunesien, Marokko, Sudan, Kenia, Tansania). Armut und Krieg lassen zudem unzählige Menschen in ihre Nachbarländer oder nach Europa flüchten.

Um die Migrationsströme nach Europa einzuschränken, beschlossen im Juli 2006 in Rabat 57 afrikanische und europäische Staaten einen Aktionsplan, der u a. die Bekämpfung des Menschenhandels und der illegalen Migration sowie verstärkte Entwicklungshilfe vorsieht.

Im Juni 2005 kündigten die Finanzminister der G-8-Staaten an, afrikanischen Ländern ihre Schulden zu erlassen, wenn diese bestimmte Kriterien erfüllen (u a. demokratische und wirtschaftliche Reformen, Kampf gegen Korruption). Zu diesem Zeitpunkt erfüllten nach Ansicht der G-8 bereits Äthiopien, Benin, Burkina Faso, Ghana, Mali, Madagaskar, Mauretanien, Mocambique, Niger, Ruanda, Sambia, Senegal, Tansania und Uganda diese Kriterien. Auf ihrem Gipfeltreffen in Gleneagles (Schottland) im Juli 2005 beschlossen die G-8-Staaten, bis zum Jahr 2010 ihre Entwicklungshilfe für die afrikanischen Staaten zu verdoppeln.

Der Internationale Währungsfonds (IWF) hat zu Beginn des Jahres 2006 einigen afrikanischen Ländern (z. B. Äthiopien, Moçambique, Ruanda, Tansania, Uganda) die Schulden erlassen; diese Gelder sollen nun zur Bekämpfung der Armut eingesetzt werden. Ein Abkommen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Länder im Gebiet der Großen Seen unterzeichneten im Dezember 2006 die Vertreter von elf afrikanischen Staaten.

Beim Treffen der G‐8-Staaten im Juni 2007 in Heiligendamm wurde ein weiteres Hilfsprogramm für Afrika vereinbart. So sollen zur Bekämpfung von Krankheiten (v. a. Aids, Malaria, Tuberkulose) in den nächsten Jahren etwa 44 Mrd. Euro zur Verfügung gestellt werden.


Afrika: Entdeckung und Erforschung
um 1480 v. Chr. Ägyptische Expedition nach Punt (Küste der Somalihalbinsel)
um 600 v. Chr.Phöniker umsegeln im Auftrag des Pharaos Necho II. möglicherweise Afrika vom Roten Meer über die Südspitze bis zum Mittelmeer.
um 500 v. Chr.Der Karthager Hanno befährt die westafrikanische Küste bis zum Kamerunberg.
um 60 n. Chr.Eine römische Expedition gelangt bis zu den Sümpfen des Weißen Nil.
1325–53/54Der Araber Ibn Battuta bereist ganz Nordafrika und die Ostküste; er erreicht 1352 Timbuktu.
seit 1415Portugiesen erkunden im Auftrag Heinrichs des Seefahrers die Westküste südwärts.
1482/83D. Cão entdeckt die Kongomündung.
1488B. Diaz umsegelt als erster Europäer das Kap der Guten Hoffnung.
1497V. da Gama umfährt auf dem Weg nach Indien das Kap der Guten Hoffnung und landet an der Natalküste.
ab 1508Leo Africanus bereist Marokko, das Nigergebiet und Sudan; seine Beschreibung von Afrika blieb bis ins 18. Jahrhundert maßgebend.
1770J. Bruce entdeckt die Quellen des Blauen Nil.
1795–97M. Park reist vom Gambia zum Niger.
1795–1802J. Barrow erkundet das Kapland und gelangt bis zum Oranje.
1798–1801F. K. Hornemanns Reisen von Ägypten über Audschila, Mursuk nach Bornu und Nupe (Niger)
1813J. L. Burckhardt bereist Nubien, besucht 1814 Mekka und 1815 Medina.
1822–24H. Clapperton durchquert die Sahara von Tripolis über den Tschadsee und Sokoto bis zum Niger.
1825/26A. G. Laing reist von Tripolis nach Timbuktu.
1848J. Rebmann entdeckt den Kilimandscharo.
1849D. Livingstone findet den Ngamisee, J. L. Krapf den Mount Kenia.
1850–55H. Barths Reisen durch die Sahara und im Sudangebiet
1852–64D. Livingstone erforscht den Lauf des Sambesi, durchquert Südafrika von Luanda bis Quelimane (1854–56) und entdeckt die Victoriafälle (1855) und den Njassasee (1859).
1858J. H. Speke entdeckt den Tanganjikasee (mit Sir R. F. Burton) und den Victoriasee.
1863J. H. Speke trifft mit S. W. Baker, der den Weißen Nil von Khartum aufwärts verfolgt hat, in Gondokoro zusammen; der Lauf des Nil ist damit bis zum Victoriasee bekannt.
1865–67G. Rohlfs durchquert das nördliche Afrika von Tripolis über Bornu bis Lagos.
1865–72K. Mauch im Matabele- und Maschonaland; entdeckt 1871 die Ruinen von Simbabwe
1866–71D. Livingstone zieht von Sansibar über den Rovuma zum Njassasee, zum Tanganjikasee und zum Mwerusee und entdeckt den Bangweolosee (1868) und den Lualaba (1871).
1869/70G. Schweinfurth erkundet das obere Nilgebiet und entdeckt den Kongonebenfluss Uele.
1869–74G. Nachtigal bereist die Sahara und den Sudan; er entdeckt 1869 das Tibestigebirge.
1871D. Livingstone trifft in Ujiji mit H. M. Stanley zusammen.
1873–75V. L. Cameron durchquert als Erster Äquatorialafrika von Ost nach West.
1874–77H. M. Stanley bereist die Seen Zentralafrikas und befährt den Kongo bis zur Mündung.
1879–84H. M. Stanley erforscht das Kongobecken.
1880–82H. von Wissmann durchquert als Erster Äquatorialafrika von West nach Ost.
1889H. Meyer ersteigt den Kilimandscharo.
1892/93O. Baumann erforscht den Kagera, den Hauptquellfluss des Weißen Nil.
1906C. Harding stellt die Quelle des Sambesi fest.

Sekundärliteratur: Afrika. Entdeckung u. Erforschung eines Kontinents, hg. v. H. Duchhardt u. a. (1989); Afrika zwischen Dekolonisation, Staatsversagen u. Demokratisierung, hg. v. R. Tetzlaff u. a. (1995); J. Iliffe: Geschichte Afrikas (1997); B. Wiese: Afrika. Ressourcen, Wirtschaft, Entwicklung (1997); U. Engel u. H.-G. Schleicher: Die beiden deutschen Staaten in Afrika. Zwischen Konkurrenz u. Koexistenz 1949–1990 (1998); E. Ansprenger: Politische Geschichte Afrikas im 20. Jahrhundert (31999); W. Schicho: Handbuch Afrika, 3 Bde. (1999–2004); H. L. Wesseling: Teile u. herrsche. Die Aufteilung Afrikas 1880–1914 (aus dem Niederländischen, 1999); Der bunte Kontinent. Ein neuer Blick auf Afrika, hg. v. C. Plate u. T. Sommer (2001); G. Hauck: Gesellschaft u. Staat in Afrika (Wien 22003); Das Afrika-Lexikon, hg. v. J. E. Mabe (Neuausgabe 2004); C. Marx: Geschichte Afrikas von 1800 bis zur Gegenwart (22004).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

  • Afrikas Klage (35/1999)
  • Kriege, Krisen, Kranke (5/2005)
    Von der Globalisierung profitieren die wenigsten, der Masse der Bevölkerung bringt sie neues Elend. Überall in Afrika fehlt die erste Voraussetzung für Wohlstand: Ein funktionierender Staat
  • Zeigt das wahre Afrika! (3/2006)
    Nur Elend und Sterben warum die westlichen Medien ein falsches Bild vom schwarzen Kontinent zeichnen

© DIE ZEIT