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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Burundi

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Länderstatistik
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Länderstatistik

Burundi,

Fläche 27 834 km2
Einwohner (2004) 7,8 Mio.
Hauptstadt Bujumbura
Verwaltungsgliederung 15 Provinzen
Amtsprache Rundi und Französisch
Nationalfeiertag 1. 7.
Währung 1 Burundi-Franc (F. Bu.) = 100 Centime
Zeitzone MEZ + 1 Stunde

amtlich Rundi Republika y'Uburundi, französisch République du Burundi, Binnenstaat in Ostafrika, grenzt im Osten und Südosten an Tansania, im Westen an die Demokratische Republik Kongo und im Norden an Ruanda.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Die am 28. 2. 2005 per Referendum gebilligte Verfassung definiert Burundi als präsidiale Republik und fixiert Gewaltenteilung, Mehrparteiensystem sowie grundlegende Menschen- und Bürgerrechte. Staatsoberhaupt und Regierungschef ist der vom Parlament auf 5 Jahre gewählte Präsident, dem 2 Vizepräsidenten zur Seite stehen. Die Legislative liegt beim Zweikammerparlament (Legislaturperiode 5 Jahre), bestehend aus Nationalversammlung (100 Abgeordnete, 60 % der Mandate sind für die Hutu, 40 % für die Tutsi reserviert; zusätzlich werden bis zu 21 Mandate an Frauen bzw. Vertreter des Twa-Volkes vergeben) und Senat (44 Mitglieder, davon 34 gewählte Senatoren, 3 Frauen, 3 Repräsentanten der Twa und die früheren Staatspräsidenten; paritätische Verteilung zwischen Hutu und Tutsi). Die neue Verfassung beendete das faktische Machtmonopol der Tutsi durch ethnische Limits bei der Sitz- beziehungsweise Ämterverteilung in Parlament, Regierung und bei den Sicherheitskräften. Mit den Parlaments- und Präsidentschaftswahlen (2005) wurde ein Schlussstrich unter den zwölfjährigen Bürgerkrieg zwischen den beiden Hauptethnien gezogen. – Obwohl die Verfassung Parteienbildung auf ethnischer Basis untersagt, spiegeln die beiden größten Parteien den Gegensatz zwischen Hutu und Tutsi wider. Der Front pour la démocratie du Burundi (FRODEBU) wird von den Hutu, die Unité pour le progrès national (UPRONA) von den Tutsi beherrscht. Daneben spielt die ehemalige Rebellenbewegung der Hutu, Conseil National pour la Défense de la Démocratie – Forces pour la Défense de la Démocratie (CNDD–FDD) eine wichtige Rolle. – Einflussreichste Parteien: Conseil National pour la Défense de la Démocratie – Forces pour la Défense de la Démocratie (CNDD–FDD; Hutu-Partei), Front pour la démocratie du Burundi (FRODEBU; Hutu-Partei), Unité pour le progrès national (UPRONA, Tutsi-Partei).

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Burundi liegt im ostafrikanischen Zwischenseengebiet, am Nordostende des Tanganjikasees. Im Westen gehen die ausgedehnten, stark zerschnittenen Hochflächen (um 1 500 m über dem Meeresspiegel) in einen bis zu 2 670 m aufragenden Gebirgszug über, der verhältnismäßig steil zum Zentralafrikanischen Graben mit dem Tanganjikasee abfällt. Das tropische Klima wird durch die Höhenlage gemildert, Regenzeit ist von Februar bis Mai und September–Dezember. In den feuchteren Gebieten tritt stellenweise Nebelwald auf, sonst ist Feuchtsavanne (Weideland) weit verbreitet.

Bevölkerung:

Burundi ist einer der kleinsten, aber am dichtesten besiedelten Staaten Afrikas. 80 % der Bevölkerung sind Ackerbau treibende Bantustämme (Hutu), 15 % gehören zum Hirtenvolk der Hima (Tutsi); ferner einige Tausend Twa (Pygmäen) sowie Europäer. – Über 80 % der Bevölkerung sind Christen (mehrheitlich Katholiken), knapp 40 % Anhänger traditioneller afrikanischer Religionen (vielfach gleichzeitige Zugehörigkeit zu christlichen Kirchen); wenige Muslime. – Es besteht eine sechsjährige Grundschulpflicht. Die geschätzte Alphabetisierungsrate beträgt 50 % (alle über 15 Jahre) beziehungsweise 66 % (15–24-Jährige). Universität in Bujumbara (gegründet 1960).

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Das Binnenland Burundi gehört zu den ärmsten Ländern der Erde. Die Landwirtschaft ist die Wirtschaftsgrundlage; sie beschäftigt rund 90 % der Erwerbstätigen und erbringt über knapp 90 % des Ausfuhrwertes (Kaffee, Tee, Baumwolle). 90 % der landwirtschaftlichen Erzeugnisse (Mais, Bananen, Maniok, Bohnen, Süßkartoffeln, Reis) dienen der Eigenversorgung; daneben Viehzucht und Fischfang. Reiche Nickellagerstätten, etwa 5 % der geschätzten Weltreserven; Vorkommen von Vanadium, Uran, Kupfer und Erdöl, Abbau von Gold, Wolfram, Torf in geringen Mengen. Die Industrie ist wenig entwickelt (Nahrungsmittel-, Bekleidungsindustrie). Haupthandelspartner: EU-Länder und Kenia. – Das Verkehrsnetz ist unzureichend; das Straßennetz umfasst 14 500 km, davon rd. 1 000 km befestigt; Eisenbahnen fehlen, sind aber geplant. Schiffsverkehr auf dem Tanganjikasee (Hafen bei Bujumbura); internationaler Flughafen in Bujumbura.

G E S C H I C H T E

16. Jahrhundert bis 1991: Vermutlich im 15./16. Jahrhundert unterwarfen aus dem Norden eingewanderte Tutsi (Hima) die Twa (Pygmäen) und die bäuerlichen Hutu und errichteten den Staat Burundi. 1890 wurde Burundi Teil von Deutsch-Ostafrika, 1923 als Urundi (zusammen mit Ruanda) belgisches Völkerbundsmandat, 1946 belgisches UN-Treuhandgebiet Ruanda-Urundi.

Am 1. 7. 1962 entließ Belgien unter UN-Aufsicht Burundi als konstitutionelle Monarchie in die Unabhängigkeit. Im Juli 1966 übernahm nach einem Putsch Michel Micombéro als Staats- und Regierungschef die Macht und rief die Republik aus. Als allein herrschende Partei etablierte sich die von den Tutsi dominierte UPRONA. Ein Aufstand der Hutu wurde im April 1972 blutig niedergeschlagen (etwa 100 000 Tote). Nach dem Sturz Micombéros wurde im November 1976 Jean-Baptiste Bagaza Staatspräsident, der durch einen Staatsstreich die Macht im September 1987 an das Militärkomitee der Nationalen Rettung (CMSN) unter Major Pierre Buyoya abgeben musste: Die Nationalversammlung wurde aufgelöst und die Führung der UPRONA abgesetzt. Nachdem es im August 1988 zu Ausschreitungen der von Tutsi beherrschten Armee gegen die Hutu mit Tausenden von Toten gekommen war, stimmte 1991 die Bevölkerung der von Buyoya vorgelegten Charta der Nationalen Einheit zu, die Schritte zur Demokratisierung und zur Errichtung eines Mehrparteiensystems festlegte.

1993 bis heute: Im Juni 1993 wurde Melchior Ndadaye, ein Hutu, auf der Grundlage der Verfassung von 1992 zum Präsidenten gewählt. Die Unzufriedenheit radikaler Tutsi mit dieser Entwicklung entlud sich in einem blutigen Putsch des Militärs im Oktober1993, bei dem Präsident Ndadaye ermordet wurde. Hutu-Extremisten reagierten mit Massakern an Tutsi und der Bildung einer ersten Rebellenbewegung. Mehr als 600 000 Menschen flohen in die Nachbarländer Ruanda, Tansania und Zaire (heute Demokratische Republik Kongo). Im Januar 1994 wählte das Parlament den Hutu Cyprien Ntaryamira zum Staatspräsidenten. Als dieser Anfang April 1994 zusammen mit dem Präsidenten von Ruanda, J. Habyarimana, bei einem Flugzeugabsturz in Kigali getötet wurde, kam es in Burundi zu weiteren Ausbrüchen von Gewalt zwischen Hutu und Tutsi. Neuer Staatspräsident wurde der im September 1994 vom Parlament bestätigte Hutu Sylvestre Ntibantunganya, nachdem sich Hutu und Tutsi in einer Konvention zur Zusammenarbeit und zur Beendigung der politischen Krise geeinigt hatten.

Trotz dieser vereinbarten Gewaltenteilung eskalierte die Gewalt weiter, die vom Vormarsch der Tutsi-Rebellen im benachbarten Ruanda begünstigt wurde. Nachdem sich die Staatskrise bis Juni 1996 zugespitzt hatte, übernahm im Juli 1996 die Armee unter dem früheren Machthaber Buyoya, einem Tutsi, die Macht. Trotz eines Friedensabkommens vom August 2000, der Bildung einer Übergangsregierung und dem Inkrafttreten einer Übergangsverfassung im November 2001 sowie einer von den am Konflikt Beteiligten vereinbarten Übergangszeit bis zu demokratischen Wahlen konnte der Bürgerkrieg zunächst nicht beendet werden. Im Dezember 2002 wurde schließlich zwischen der Regierung und der größten Rebellenbewegung der Hutu ein Abkommen zur Beendigung der Kampfhandlungen und eine Beteiligung der Hutu-Rebellen an der Regierung unterzeichnet, das jedoch erst im Oktober 2003 umgesetzt wurde. Den Friedensprozess sicherten ab 2003 Einheiten der Afrikanischen Union, ab 2004 UN-Truppen militärisch ab. Gemäß dem Friedensabkommen von 2000 übergab Präsident Buyoya im April 2003 sein Amt an seinen bisherigen Stellvertreter Domitien Ndayizeye, einen Hutu; neuer Vizepräsident wurde der Tutsi Alphonse Kadege. Die letzten Rebellenbewegungen der Hutu vereinbarten im Mai 2005 mit der Regierung einen Waffenstillstand.

Nach Inkrafttreten der per Referendum im Februar 2005 gebilligten neuen Verfassung siegte bei den ersten Parlamentswahlen seit Beginn des Bürgerkrieges 1993 im Juli 2005 die ehemalige Hutu-Rebellenbewegung FDD und jetzige CNDD–FDD, die bereits im Juni 2005 die Kommunalwahlen gewonnen hatte. Die Präsidentschaftswahlen vom August 2005 konnte der ehemalige Führer der FDD und jetzige Vorsitzende der CNDD–FDD, Pierre Nkurunziza, für sich entscheiden; ein Gegenkandidat wurde nicht aufgestellt.

Sekundärliteratur: T. Laely: Autorität u. Staat in Burundi (1995); H. Strizek: Ruanda u. Burundi. Von der Unabhängigkeit zum Staatszerfall (1996); P. Zingg: Mutumba. Innenansichten von Burundi (Freiburg/Schweiz u. a. 1996); A. Nsanze: Le Burundi contemporain. L‛état-nation en question 1956–2002 (Paris 2003); C. Thibon: Histoire démographique du Burundi (ebenda 2004).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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