Bilder unserer Nutzer

Shop

Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

Weitere Informationen

Südamerika

Kap Hoorn
vergrößern
Kap Hoorn
Die Eroberung Südame...
vergrößern
Die Eroberung Südame...
im 18. Jahrhundert
vergrößern
im 18. Jahrhundert
Staatenbildung im 19...
vergrößern
Staatenbildung im 19...
Guerillabewegungen i...
vergrößern
Guerillabewegungen i...

Südamerika, der viertgrößte Kontinent der Erde, der südliche Teil des Doppelkontinents Amerika; umfasst einschließlich der umgebenden Inseln (auch der Falkland- und Galápagosinseln) insgesamt rd. 17,85 Mio. km2, das sind etwa 12 % der Landfläche der Erde.

Lage: Das südamerikanische Festland liegt zwischen 12° 28′ nördlicher Breite (Punta Gallinas, Kolumbien) und 53° 54′ südlicher Breite (Kap Froward auf der Península de Brunswick, Chile) sowie 81° 20′ westlicher Länge (Punta Pariñas, Peru) und 34° 46′ westlicher Länge (Ponta de Pedra, Brasilien); die Nord-Süd-Ausdehnung beträgt über 7 600 km, die West-Ost-Ausdehnung fast 5 000 km. Bezieht man die Inseln mit ein, so gilt Kap Hoorn (56° südlicher Breite) im Feuerlandarchipel als die Südspitze Südamerikas.

Südamerika: Staatliche Gliederung (2005)
StaatStaatsformFläche (in km2)Einwohner (in 1 000)Hauptstadt/Hauptort
ArgentinienRepublik2 780 40038 592Buenos Aires
BolivienRepublik1 098 5818 858Sucre/La Paz
BrasilienRepublik8 547 404184 184Brasília
ChileRepublik756 09615 981Santiago de Chile
EcuadorRepublik272 04513 364Quito
GuyanaRepublik214 969765Georgetown
KolumbienRepublik1 141 74846 039Bogotá
ParaguayRepublik406 7526 348Asunción
PeruRepublik1 285 21627 926Lima
SurinameRepublik163 265438Paramaribo
UruguayRepublik175 0163 416Montevideo
VenezuelaRepublik912 05026 577Caracas
abhängige Gebiete
von Frankreich:
Französisch-Guayana83 534195Cayenne
von Großbritannien:
Falklandinseln12 1733Stanley

Oberflächengestalt: Südamerika wird auf der Westseite vom Hochgebirge der Anden durchzogen (im Aconcagua 6 962 m über dem Meeresspiegel). Im Osten überwiegen Mittelgebirge und Tafelländer (Bergland von Guayana, im Pico da Neblina bis 3 014 m über dem Meeresspiegel; Brasilianisches Bergland, im Pico da Bandeira bis 2 890 m über dem Meeresspiegel; Patagonisches Tafelland 1 000–1 500 m über dem Meeresspiegel), zwischen denen sich ausgedehnte Tiefländer erstrecken mit den Hauptströmen des Kontinents: Orinoco, Amazonas und Paraguay-Paraná, die zum Atlantischen Ozean fließen.

Klima, Vegetation: Der größte Teil Südamerikas liegt im Bereich der Tropen, der Süden hat Anteil am gemäßigten, Feuerland am subpolaren Klima. Das Klima im Bereich der Anden wird von der Höhenlage bestimmt. Die Westküste im Norden mit extrem hohen Niederschlägen ist in der Mitte unter dem Einfluss des kalten Humboldtstroms wüstenhaft. Östlich der Anden herrschen im feuchtheißen äquatorialen Tiefland (Amazonasbecken) tropische Regenwälder vor; in den Tafel- und Bergländern Savannen (Feucht- und Trockensavannen), lichte Trockenwälder und Buschland, im Argentinischen Tiefland sind Grassteppen (Pampa), in Ostpatagonien Trocken- und Wüstensteppen, in Westpatagonien immergrüne Wälder verbreitet.

Tierwelt: Die Tierwelt ist reich an eigenen Arten: u. a. Jaguar, Puma, Guanako (Lama, Alpaka), Faultier, Ameisenbär, Gürteltier, Beutelratte; Kolibris, Papageien, Kondor, Riesenschlangen.

Bevölkerung: Mischlinge (Mestizen, Zambos, Mulatten) überwiegen. Restgruppen der ursprünglichen Bewohner, der Indianer, leben unvermischt fast nur noch im mittleren und nördlichen Andenhochland und im Amazonasgebiet. Schwarze (Nachkommen der besonders von Portugiesen eingeführten Sklaven) und Mulatten leben v. a. in Brasilien und den tropischen Küstengebieten. Seit dem 19. Jahrhundert wanderten zahlreiche Europäer (besonders Spanier, Italiener, Deutsche, Polen) und Asiaten (Japaner, Inder) ein. Die Bevölkerungsverteilung ist bei einer durchschnittlichen Bevölkerungsdichte von rd. 20 Einwohner je km2 sehr ungleich. Obgleich es noch große ungenutzte Gebiete gibt, ist die Anziehungskraft der Ballungsräume und die damit ständig zunehmende Verstädterung groß. In Brasilien gibt es 13 Millionenstädte. Amtssprache ist in Brasilien Portugiesisch, in den übrigen Staaten Spanisch; Ausnahmen sind Guyana (Englisch), Suriname (Niederländisch) und Französisch-Guayana (Französisch).

Geschichte

Vorgeschichte: Früheste Besiedlungsspuren des Kontinents reichen möglicherweise bis ins 50. Jahrtausend zurück (Datierungen umstritten). Von der peruanischen Küste sind Funde von etwa 19 000 vor Christus nachgewiesen. Da die Entwicklung der Kulturareale des Kontinents sehr unterschiedlich war, ist eine einheitliche Periodisierung nicht möglich. Der Norden war stark den Einflüssen Mesoamerikas ausgesetzt, wo bereits ab 3500 v. Chr. (oder 5000) Mais kultiviert wurde und etwa ab 1500 die Entwicklung der mesoamerikanischen Hochkulturen begann. Die ältesten Keramiken (um 4000 vor Christus) wurden in Ecuador und Kolumbien gefunden, seit 1500 vor Christus war im nördlichen Südamerika (Peru) die Metallbearbeitung bekannt und gelangte vermutlich von hier aus erst nach Mesoamerika. Im zentralen Andengebiet begannen Anbau und Tierhaltung (Lamas, Meerschweinchen) um 6000 vor Christus, an der Küste mindestens 2000 Jahre später. Der älteste Hinweis auf den Kartoffelanbau fällt gleichfalls in diese Periode. Aus der Zeit 2500–1800 vor Christus stammt die älteste bekannte Tempelanlage aus Stein (Chuquitanta, Peru), etwa ab 1000 vor Christus setzte mit einer Vielzahl technischer Neuerungen (u. a. in Weberei und Metallbearbeitung) die Entwicklung der andinen Hochkulturen ein. Im tropischen Tiefland, wo paläoindianische Kulturen ab 11 000–10 000 vor Christus nachweisbar sind (Venezuela, Brasilien), taucht Keramik um 3000 vor Christus auf. Insgesamt ist die Vorgeschichte dieser Region noch wenig erforscht. Der äußerste Süden des Kontinents war bis zur Entdeckung durch die Europäer von nomadisierenden Jägern bewohnt, in Nordchile entstanden ab 4000 vor Christus Fischerkulturen, ab 500 vor Christus waren Keramik und Feldbau bekannt.

Südamerika: Entdeckung und Erforschung Süd- und Mittelamerikas
Mittelamerika
1492Kolumbus entdeckt eine der Bahamainseln, Kuba und Haiti, 1493–96 Puerto Rico und Jamaika, 1498–1500 Trinidad und den Nordosten Südamerikas (Pariahalbinsel), 1502–04 die Küste der heutigen Staaten Honduras, Nicaragua, Costa Rica und Panama.
1513V. N. de Balboa quert die Landenge von Panama.
1517H. de Córdoba entdeckt Yucatán.
1518J. de Grijalva umsegelt die Nordküste von Yucatán und gelangt bis in die Gegend von Veracruz; er berichtet von der Mayakultur und vom Reich der Azteken.
1519–21H. Cortez erobert Mexiko.
1523–24P. de Alvarado erobert Guatemala und El Salvador.
1528–31N. de Guzmán erreicht das Gebiet des heutigen mexikanischen Staates Sinaloa und gründet Culiacán.
Südamerika
1498Kolumbus entdeckt Südamerika während seiner dritten Reise.
1499A. de Hojeda erkundet (mit Amerigo Vespucci) die Nordküste Südamerikas.
1500V. Y. Pinzón entdeckt die Amazonasmündung.
1500P. A. Cabral gelangt an die Küste Brasiliens (im Gebiet des heutigen Bundesstaates Bahia) und nimmt das Land für Portugal in Besitz.
1516J. D. de Solís entdeckt die La-Plata-Mündung.
1520F. de Magalhães erreicht das südliche Ende des Kontinents.
1526–30S. Caboto fährt den Paraná und den Paraguay aufwärts und erreicht die Gegend des heutigen Asunción.
1528–30Erwerb des Küstengebiets Venezuelas durch die Welser und Erkundung des Landesinnern (G. Hohermuth, N. Federmann u. a.) auf der Suche nach dem Goldland (»Eldorado«)
1532–33F. Pizarro erobert das Inkareich.
1534–36S. de Benalcázar erobert von Peru aus Ecuador und gründet Guayaquil.
1535–37D. de Almagro gelangt von Peru nach Chile.
1536P. de Mendoza gründet Buenos Aires.
1537P. de Ayolas gründet Asunción, quert den Gran Chaco und erreicht die Anden.
1539Begegnung der Konquistadoren G. J. de Quesada, S. de Benalcázar und N. Federmann in Bogotá auf der Suche nach »Eldorado«
1540–46P. de Valdivia erobert Chile, 1549–53 Kämpfe gegen die Araukaner.
1541–42G. Pizarro quert von Quito aus die Anden bis zum Amazonastiefland am Rio Napo.
1541–42F. de Orellana befährt von Peru aus erstmals den Amazonas bis zur Mündung.
1547–48D. M. de Irala erreicht von Asunción aus Bolivien (Gegend des heutigen Sucre).
1558J. Ladrillero nimmt Teile der Westküste Patagoniens auf und durchfährt die Magellanstraße zum ersten Mal von West nach Ost.
1616J. Le Maire umsegelt den Feuerlandarchipel.
1691Pater S. Fritz zeichnet die erste genauere Karte des Amazonas.
1735–43C. M. de La Condamine und P. Bouguer im heutigen Ecuador zur Messung eines Meridiangrads
1781–1801F. d'Azara in den La-Plata-Ländern
1793–1816T. Haenke im zentralen andinen Südamerika
1799–1804A. von Humboldts Forschungsreise
1810–21W. L. von Eschwege in Brasilien
1817–20J. B. von Spix und C. F. P. von Martius in Ostbrasilien und auf dem Amazonas
1838–42J. J. von Tschudi in Peru, 1857–59 Forschungen in Brasilien, den La-Plata-Ländern, Querung der Anden, dann in Bolivien und Peru
1850–90A. Raimondi in Peru
1869–70G. C. Musters erforscht das Innere Patagoniens.
1876–82J. N. Crevaux erforscht Amazonien und Guayana.
1903–05, 1911–13, 1924 T. Koch-Grünberg in Brasilien und im nördlichen Südamerika
1918–24M. Gusinde in Feuerland

Die großen Reiche der altamerikanischen Kulturen Süd- und Mittelamerikas (Azteken, Inka, Maya) wurden sämtlich durch das Vordringen der Europäer nach 1492 zerstört.

Der Streit zwischen Spanien und Portugal um die Entdeckungen und Eroberungen wurde im Vertrag von Tordesillas (1494) beigelegt, er grenzte die Interessensphären voneinander ab. Die spanische und portugiesische Sprache und Kultur verdrängten oder überlagerten die autochthonen Traditionen. Im Laufe der Jahrhunderte entstand daraus eine eigene Kultur; die von ihr geprägte Region erhielt den Namen Lateinamerika.

Im Bereich der Westindischen Inseln sowie in Guayana setzten sich seit dem 17. Jahrhundert auch die Interessen anderer europäischer Mächte durch: 1621 Gründung der Holländisch-Westindischen Kompanie, 1664 der Französisch-Westindischen Kompanie.

Spanische Kolonialzeit: Die überseeischen Besitzungen in Amerika galten als integraler Bestandteil der spanischen Monarchie. Durch die Eroberungen und ihre Folgen wurde die indianische Bevölkerung sehr stark dezimiert; um Arbeitskräfte zu gewinnen, wurden aus Afrika schwarze Sklaven herbeigeschafft. 1524 richtete die spanische Krone die erste Verwaltungsbehörde für das spanische Amerika ein, 1535 entsandte Karl V. einen Vizekönig nach Neuspanien, das große Teile Nordamerikas, Mittelamerika (ohne Panama) und Venezuela umfasste (Hauptstadt Mexiko). Zu dem 1543 gegründeten Vizekönigreich Peru gehörte der übrige spanische Herrschaftsbereich in Südamerika (Hauptstadt Lima). Im 18. Jahrhundert wurden zwei weitere Vizekönigreiche gebildet: Neugranada (1717/39, Hauptstadt Bogotá) umfasste die heutigen Länder Ecuador, Kolumbien, Panama, Venezuela; Río de la Plata (1776, Hauptstadt Buenos Aires) verwaltete die Gebiete der heutigen Länder Argentinien, Uruguay, Paraguay und Bolivien.

Spanien konnte sein überseeisches Imperium über drei Jahrhunderte im Wesentlichen behaupten. Als letzte amerikanische Kolonien verlor es 1898 Kuba und Puerto Rico.

Portugiesische Kolonialzeit: Nach der Organisation von Handelsniederlassungen begannen Besiedlung und Verwaltungsaufbau in Brasilien ab 1549. Auch hier wurden afrikanische Sklaven eingeführt. Im 17./18. Jahrhundert brachten die Streifzüge der sogenannten Bandeirantes, die auf der Jagd nach Indianersklaven, Gold und Diamanten ins Landesinnere vordrangen, eine Ausdehnung des portugiesischen Einflussgebiets.

19. und 20. Jahrhundert: Die ersten Erhebungen in den Kolonien in der Folge der Französischen Revolution blieben erfolglos (Ausnahme war die Sklavenbefreiung auf Haiti 1794), erst die Änderung der Herrschaftsstrukturen in Spanien und Portugal nach den napoleonischen Kriegen ermöglichte die Bildung selbstständiger Staaten anstelle der Kolonien. Dieser Prozess war v. a. im spanischen Machtbereich von Gründungen begleitet, die keinen Bestand hatten (so Großkolumbien), Grenzstreitigkeiten sind zum Teil bis in die Gegenwart noch nicht vollständig beigelegt. Die Bildung der heute noch existierenden Staaten war im Wesentlichen bis zur Mitte des 19. Jahrhunderts abgeschlossen. Erst mit der Auflösung des europäischen Kolonialreichs nach dem Zweiten Weltkrieg kamen neue selbstständige Staaten hinzu. 1948 wurde die OAS gegründet. Sie trägt dazu bei, das Verhältnis der lateinamerikanischen Staaten zu den USA zu verbessern, das seit Ende des 19. Jahrhunderts durch die Interventionspolitik der USA stark belastet war. Die Diktaturen, die – oft mit Unterstützung der USA – in vielen Ländern Lateinamerikas herrschten, wurden zwar seit den 1970er-Jahren abgelöst oder zu demokratischen Zugeständnissen gezwungen, doch verhinderten Korruption, Terrorismus linker und rechter Gruppierungen, Drogenhandel und die damit zusammenhängenden wirtschaftlichen und sozialen Probleme noch in den 1990er-Jahren eine echte Demokratisierung. Gewählte Präsidenten erweiterten ihre Macht durch Verfassungsänderungen (Peru, Venezuela), schwere Finanzkrisen belasteten Wirtschaft und Gesellschaft. Andererseits zeigt die Auseinandersetzung mit den Diktaturen der Vergangenheit in Argentinien und Chile, dass die autoritären Strukturen allmählich überwunden werden. Neben der OAS existieren verschiedene Organisationen für eine regionale Zusammenarbeit auf politischem und wirtschaftlichem Gebiet (Andengemeinschaft, Karibische Gemeinschaft, Mercosur, Südamerikanische Nationengemeinschaft).

Sekundärliteratur: H.-J. König: Die Entdeckung u. Eroberung Amerikas. 1492–1550 (1992); F. Niess: Am Anfang war Kolumbus. Geschichte einer Unterentwicklung. Lateinamerika 1492 bis heute (21992); T. Halperín Donghi: Geschichte Lateinamerikas v. der Unabhängigkeit bis zur Gegenwart (aus dem Spanischen, Neuausgabe 1994); R. Konetzke: Die Indianerkulturen Altamerikas u. die spanisch-portugiesische Kolonialherrschaft (Neuausgabe 2000); Lateinamerika im internationalen System, hg. v. K. Bodemer u. S. Gratius (2003); Macht, Markt, Meinungen. Demokratie, Wirtschaft u. Gesellschaft in Lateinamerika, hg. v. D. Nohlen u. H. Sangmeister (2004).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

© DIE ZEIT