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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Tschad

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Länderstatistik
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Tschad,

Fläche 1 284 000 km2
Einwohner (2005) 8,53 Mio.
Hauptstadt N'Djamena
Verwaltungsgliederung 14 Präfekturen
Amtsprache Arabisch und Französisch
Nationalfeiertag 11. 8.
Währung 1 CFA-Franc = 100 Centime (c)
Zeitzone MEZ

[tʃat, tʃaːt] amtlich arabisch Djumhurijjat Taschat, französisch République du Tchad, Binnenstaat in Zentralafrika, grenzt im Norden an Libyen, im Osten an die Republik Sudan, im Süden an die Zentralafrikanische Republik, im Südwesten an Kamerun und Nigeria (Grenzverlauf im Tschadsee), im Westen an Niger.

Inhaltsverzeichnis

S T A A T · R E C H T

Nach der Verfassung vom 14. 4. 1996 (2004 modifiziert) ist Tschad eine präsidiale Republik mit Mehrparteiensystem. Staatsoberhaupt und Oberbefehlshaber der Armee ist der mit weit reichenden exekutiven Vollmachten ausgestattete Präsident (auf 5 Jahre direkt gewählt; seit 2004 unbegrenzte Wiederwahl möglich). Die Legislative liegt bei der Nationalversammlung (155 auf 4 Jahre gewählte Abgeordnete). Die Exekutive wird vom Ministerrat unter der Leitung des vom Präsidenten ernannten Ministerpräsidenten ausgeübt. – Wichtigste Parteien: Patriotische Wohlfahrtsbewegung (MPS), Sammlungsbewegung für Demokratie und Republik (RDP), Aktionsverband für die Republik (FAR), Nationale Sammlungsbewegung für Entwicklung und Fortschritt (VIVA RNDP), Union für Erneuerung und Demokratie (URD).

L A N D E S N A T U R · B E V Ö L K E R U N G

Landesnatur:

Tschad erstreckt sich von der Sahara im Norden (Tibesti, 3 415 m über dem Meeresspiegel) über die Klima- und Vegetationszonen (Dornstrauch- und Trockensavannen, an den Flüssen auch Überschwemmungssavannen und Galeriewälder) des Sahel und des Sudan bis zum Bereich der Trockenwälder im äußersten Süden. Das Land umfasst den östlichen Teil des Tschadbeckens mit dem größten Teil des Tschadsees. Hauptflüsse sind Schari und Logone. Im Süden des Landes randtropisches Klima (bis über 1 100 mm Niederschlag), im Norden Wüstenklima mit nur sporadischen Niederschlägen (20–40 mm im Jahr, im Gebirge 1 000 mm) und großen täglichen Temperaturunterschieden.

Bevölkerung:

Im Tschad leben insgesamt etwa 200 Ethnien zusammen, im nördlichen und mittleren Tschad Sudanaraber (15 %) u. a. islamische, zum Teil arabisierte Gruppen (Maba, Kanembu, Tubu, Tama u. a.; zusammen rund 40 % der Gesamtbevölkerung), im Süden Sara, Mbum und Massa (etwa 30 %). Dazu kommen kleinere Völker sowie Fulbe, Hausa u. a. Zuwanderer in den Städten. Etwa ein Viertel der Bevölkerung lebt in Städten. Am dichtesten ist der Süden des Landes besiedelt, hier leben gut 60 % aller Einwohner auf knapp 15 % der Landesfläche. – Etwa die Hälfte der Bevölkerung (besonders im Norden) sind sunnitische Muslime, rund 20 % (besonders im Süden) sind Christen (mehrheitlich Protestanten); 20–25 % werden traditionellen afrikanischen Religionen zugerechnet. – Es besteht eine sechsjährige Grundschulpflicht ab dem Alter von 6 Jahren. Kirchliche Schulen und Koranschulen bilden wichtige Säulen des Bildungswesens. Die Alphabetisierungsrate wird auf (2004) 46 % (alle über 15 Jahre) beziehungsweise 70 % (15- bis 24-Jährige) geschätzt. Es gibt eine Universität in N'Djamena (gegründet 1971), in Sarh befindet sich ein internationales Umweltbildungszentrum (seit 1999).

W I R T S C H A F T · V E R K E H R

Bürgerkrieg und Dürreperioden haben die Wirtschaft des Tschad stark geschädigt; er gehört zu den ärmsten Ländern der Erde und ist auf internationale Hilfe angewiesen. Fast drei Viertel der Bevölkerung leben von der Landwirtschaft, v. a. Wanderhackbau und Weidewirtschaft (Rinder, Schafe, Ziegen, Kamele). Zur Eigenversorgung werden Hirse, Maniok, Bataten, Reis und Erdnüsse angebaut, für den Export v. a. Baumwolle, ferner Zuckerrohr, Tabak. Fischerei besonders im Tschadsee. Bodenschätze: meist unerschlossene Vorkommen von Bauxit, Blei, Gold, Kupfer, Eisenerz, Nickel u. a.; Erdölförderung (ab 2003) in der Doba-Region und am Tschadsee, Gewinnung von Natron- und Steinsalz. Die wenig entwickelte Textil-, Nahrungsmittel- und Tabakindustrie verarbeitet einheimische Produkte. Export: Erdöl, Baumwolle, Viehzuchtprodukte und Erdnüsse; Import: Baustoffe, Maschinen, Textilien und Nahrungsmittel. Haupthandelspartner sind Frankreich, Kamerun, die USA und Nigeria.

Der Tschad ist verkehrsmäßig wenig erschlossen; Eisenbahnlinien sind nicht vorhanden; rund 40 000 km Straßen und Pisten (nur etwa 10 % asphaltiert); Binnenschifffahrt auf Tschadsee, Schari und Logone; internationaler Flughafen bei N'Djamena.

G E S C H I C H T E

Das Gebiet gehörte vor dem Eindringen der Europäer u. a. zu den alten Reichen Kanem-Bornu und Wadai. 1900 setzte sich Frankreich im Tschadbecken fest. Das Gebiet gehörte ab 1910 zum Generalgouvernement Französisch-Äquatorialafrika und wurde 1946 ein Überseeterritorium innerhalb der Französischen Union, 1958 eine autonome Republik der Französischen Gemeinschaft, in der der Tschad auch nach der Unabhängigkeit (11. 8. 1960) verblieb.

Staatspräsident N'Garta Tombalbaye errichtete eine Einparteienherrschaft der Tschadischen Fortschrittspartei (PPT; 1973 aufgelöst) und konnte sich ab 1966 nur mithilfe französischer Truppen gegen die von Algerien und Libyen unterstützten Aufständischen der Nationalen Befreiungsfront des Tschad (FROLINAT) im Norden behaupten, wurde aber 1975 von der Armee gestürzt und getötet. General F. Malloum übernahm daraufhin die Macht. Im Verlauf ihres Guerillakriegs gegen die Regierung Tombalbaye und die Regierung Malloum war die FROLINAT jedoch in verschiedene Gruppierungen unter eigenem Kommando zerfallen, die sich untereinander bekämpften und den Krieg gegen die Regierung je nach eigenen Vorstellungen führten. Nach dem Sturz Präsident Malloums 1979 konzentrierten sich die Kämpfe auf die Rivalität zwischen zwei Truppenführern aus dem Norden, dem von Libyen gestützten G. Oueddei und H. Habré, der sich an konservative arabische Staaten und zeitweise an Frankreich anlehnte. 1982 eroberten Truppen Habrés die Hauptstadt N'Djamena. Habré bildete als Staatspräsident eine Regierung. 1983 flammte der Bürgerkrieg erneut auf und führte zur direkten Konfrontation zwischen Frankreich und Libyen. Nachdem sich Oueddei 1986 von Libyen losgesagt hatte, wandte er sich mit Präsident Habré gegen Libyen, das den Nordteil des Tschad besetzt hielt. 1989 beendete ein Friedensvertrag die Kämpfe. Die Souveränität des Tschad über den von Libyen beanspruchten Teil (Aouzou-Streifen, 114 000 km2) bestätigte 1994 der Internationale Gerichtshof in Den Haag; Libyen erkannte den Schiedsspruch an und räumte daraufhin das Gebiet.

1990 stürzte der vom Sudan aus operierende ehemalige tschadische Offizier I. Déby im Zuge eines Militärputsches den diktatorisch herrschenden Präsidenten Habré, in dessen Amtszeit schätzungsweise 40 000 Menschen hingerichtet wurden oder in Haft starben. Déby, 1991 offiziell als Staatspräsident vereidigt (1996, 2001 und 2006 wieder gewählt) leitete einen allmählichen Demokratisierungsprozess ein (unter anderem Zulassung oppositioneller Parteien). Dieser wurde jedoch durch wirtschaftlich und v. a. ethnisch-religiös bedingte Unruhen erschwert, obwohl einzelne Widerstandsbewegungen den bewaffneten Kampf aufgaben und sich als Parteien registrieren ließen. 1999 begannen in der Tibesti-Region bewaffnete Auseinandersetzungen zwischen Regierungstruppen und Rebellen der 1998 gegründeten »Bewegung für Demokratie und Gerechtigkeit im Tschad« (MDJT), die 2002 durch ein Friedensabkommen teilweise beendet werden konnten.

Nach der aktiven militärischen Beteiligung des Tschad am gewaltsamen Umsturz in der Zentralafrikanischen Republik 2003 stellte der Konflikt in der westsudanesischen Region Darfur das größte Sicherheitsproblem dar. Die ethnische Gruppe des Präsidenten, die Zaghawa, siedelt grenzübergreifend. Die zaghafte Parteinahme zugunsten der Zaghawa durch den Präsidenten war bereits Grund für einen Putschversuch 2004. Flüchtlingsströme aus dem Sudan in den Osttschad sowie im Frühjahr 2006 Kämpfe von Regierungstruppen mit Rebellenverbänden der »Vereinigten Front für den Wechsel« (FUC) nahe der Hauptstadt N'Djamena wirkten zusätzlich destabilisierend auf das Land. Nach einer per Referendum 2005 gebilligten Verfassungsänderung, die es dem Präsidenten ermöglicht, für eine dritte Amtszeit zu kandidieren, wurde Déby bei den Wahlen im Mai 2006 im Amt bestätigt.

Sekundärliteratur: Astrid Meier: Hunger u. Herrschaft. Vorkoloniale u. frühe koloniale Hungerkrisen im Nordtschad (1995); S. Decalo: Historical dictionary of Chad (Lanham, Maryland, 31997).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

  • Afrikanischer Flächenbrand (52/2006)
    Der Konflikt in der sudanesischen Provinz Darfur wächst sich zum Regionalkrieg aus, der die Nachbarländer Tschad und Zentralafrikanische Republik erfasst. Eine Schlüsselrolle spielt auch Frankreich.

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