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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Wissen

Wissen, kognitives Schema, das (an der Erfahrung orientiert) die Handhabung von Sachverhalten, Situationen sowie den Bezug zur Umwelt auf eine zuverlässige Basis von Informationen und Regeln gründet, die sich ihrerseits anhand der Kriterien Prüfbarkeit, Nachvollziehbarkeit und Begründbarkeit bestimmen lassen; im philosophischen Sinne die begründete und begründbare (rationale) Erkenntnis im Unterschied zur Vermutung und Meinung oder zum Glauben. Wissen kann primär durch zufällige Beobachtung, durch systematische Erforschung (Experiment) oder deduzierende Erkenntnis gewonnen werden (Wissenschaft), sekundär durch lernende Aneignung von Wissensstoff.

Stehen in philosophischer Perspektive vor  allem die Bedingungen des Wissens im Rahmen der Möglichkeiten und der jeweiligen Entwürfe von  Erkenntnistheorie im Mittelpunkt, so beschäftigen sich Anthropologie, Hirnforschung und Psychologie mit den teils naturwissenschaftlich-empirisch fassbaren, teils modellhaft-spekulativ beschreibbaren Funktionen und Ausprägungen des Wissens im Hinblick auf die Evolution des Menschen, seine Funktionen und Fähigkeiten, nicht zuletzt mit Blick auf die biophysischen Grundlagen und Zusammenhänge von Wahrnehmung, Erkennen, Gedächtnisleistungen und Handlungsentwürfen. Auch Aspekte des Lernens und der Innovation spielen hier eine wichtige Rolle.

Unter kulturgeschichtlichen, kulturwissenschaftlichen und soziologischen Fragestellungen werden die Entstehungsbedingungen, das Zustandekommen von Wissensvorräten, ihre Weitergabe und Anwendung im Zusammenhang kultureller Entwicklungen und Muster erkundet; hier spielen Medien und technische Entwicklungen (Schrift, Buchdruck, audiovisuelle Medien, Digitaltechnik als Vermittlungs- und Speichermedien) ebenso eine Rolle wie die kulturgeschichtliche Bedeutung von Bildungskonzepten ( Tradition, »Kanon«-Diskussion etc.), die soziale Organisation von Wissen in Verwaltung, Schul- und Ausbildungssystemen, Universitäten, Forschungseinrichtungen, Speicherinstitutionen (Bibliotheken, Archive, Museen, (Online-)Nachschlagewerke, z. B. Meyers Lexikon online) und ihre Veränderungen sowie Prozesse kulturellen Wandels, gesellschaftlicher Entwicklung  und interkulturellen Austauschs. Der Aufbau weltweiter Kommunikationsnetze und die wachsende Ausstattung der Privathaushalte mit PCs seit den 1980er-Jahren, besonders aber die Entwicklung des Internets zum Massenmedium in den 1990er-Jahren eröffneten neue Wissensreservoire und ließen so das Konzept einer Wissensgesellschaft vom sozialwissenschaftlichen Denkmodell zu einer realen gesellschaftlichen Option werden. Seither wird die Relevanz von Wissen innerhalb der Gesellschaft auch als politisch zu gestaltender Bereich diskutiert, innerhalb dessen Bildungspolitik eine Schlüsselstellung einnimmt, aber auch rechtliche Fragen (besonders des Urheberrechts) und soziale Implikationen (materielle Voraussetzungen des Zugangs zu Wissensangeboten; kostenpflichtige oder kostenlose Nutzung) von wachsender Bedeutung sind. Als gesellschaftliches Gut ist Wissen – wie andere Güter –  ungleichmäßig verteilt und stellt somit auch eine der Bezugsgrößen für gesellschaftliche Ungleichheit dar. Aus demokratietheoretischer und sozialstaatlicher Perspektive wird hier, gerade wegen der zentralen Bedeutung von Wissen, Chancengleichheit gefordert, die es jedem Mitglied der Gesellschaft ermöglicht, sich an der kommunikationstechnologisch möglich gewordenen Wissenskommunikation zu beteiligen. Die Erfahrung mit sich (unter  Umständen auch schnell) wandelnden Wissensbeständen schlägt sich dabei in einem Wissensbegriff nieder, in dem neben Grundwissen, Orientierungs- und Fachwissen vor  allem die Bedeutung der Fähigkeit zum selbstständigen Weiterlernen, also kategoriale Bildung und technische Kompetenzen zur Erschließung neuen Wissens im Vordergrund stehen (»lebenslanges Lernen«).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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