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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Thüringen

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Thüringen, Freistaat Thüringen, Land der Bundesrepublik Deutschland, 16 172 km2, (2003) 2,373 Mio. Einwohner; Hauptstadt ist Erfurt.

Landesnatur: Thüringen liegt im Bereich der Deutschen Mittelgebirgsschwelle. Der zentrale und nordwestliche Teil wird vom fruchtbaren Thüringer Becken mit mehreren Flüssen (besonders Unstrut) und seinen aus Muschelkalkhöhenzügen bestehenden Rändern (Hainich, Dün, Hainleite, Oberes Eichsfeld, Schmücke, Finne und südöstliche Randplatten) eingenommen. Südlich davon liegen Thüringer Wald (Großer Beerberg, mit 983 m über dem Meeresspiegel höchste Erhebung Thüringens) und das unmittelbar südöstlich angrenzende Thüringer Schiefergebirge, im Südwesten zwischen Thüringer Wald und Vorderrhön, Hoher Rhön und Grabfeld die Werrasenke. Im Norden gehören Teile des Harzes (Unterharz), der Kyffhäuser sowie der Westteil der Goldenen Aue zu Thüringen. Im äußersten Nordwesten liegt das Untere Eichsfeld. Der Osten wird von der Ostthüringisch-Vogtländischen Hochfläche, die von der Saale und der Weißen Elster durchflossen wird, eingenommen. Ein kleines Gebiet im Nordosten liegt in der Leipziger Tieflandsbucht. Das ozeanisch geprägte Klima wird durch die Vielseitigkeit des Reliefs modifiziert. Klimatisch begünstigt sind das Thüringer Becken, die Orla- und Werrasenke sowie das Unstrut- und Saaletal, rau und niederschlagsreich (bis 1 300 mm im Jahr) der Thüringer Wald. Thüringen gehört mit einem Waldanteil von 31,9 % zu den waldreichen Bundesländern.

Bevölkerung: Mit 147 Einwohnern/km2 gehört Thüringen zu den schwächer besiedelten Bundesländern. Am geringsten sind die landwirtschaftlich strukturierten Gebiete des Thüringer Beckens und die Gebiete im äußersten Südwesten, am stärksten der Raum zwischen Eisenach und Weimar, der Gebirgsrand und das Vorland des Thüringer Waldes/Thüringer Schiefergebirges und des Südharzes sowie in Ostthüringen die Täler von Saale und Weißer Elster besiedelt. Anfang 2003 waren nur 2 % der Bevölkerung Ausländer. – 26,5 % der Bevölkerung gehören den evangelischen Landeskirchen an, 8,3 % der katholischen Kirche (besonders im Eichsfeld). – In Thüringen gibt es (2006) staatliche Universitäten in Erfurt, Ilmenau (TU), Jena (Friedrich-Schiller-Universität) und Weimar (Bauhaus-Universität), Fachhochschulen in Erfurt, Jena, Nordhausen und Schmalkalden sowie in Weimar die Hochschule für Musik »Franz Liszt«.

Wirtschaft: Für Thüringen haben die industrielle Produktion, die Landwirtschaft einschließlich Gartenbau sowie der Fremdenverkehr ein besonderes Gewicht. Die Industrie ist v. a. im südlichen Thüringer Becken entlang der Städtelinie Eisenach–Gotha–Erfurt–Weimar, an den Rändern und im Vorland des Thüringer Waldes sowie in den Tälern von Saale und Weißer Elster konzentriert. Gemessen am Umsatz hat die Nahrungsmittel- und Genussmittelindustrie die größte Bedeutung, gefolgt vom Straßenfahrzeugbau (Eisenach, Waltershausen, Kölleda), der Herstellung von Metallerzeugnissen, Elektrotechnik und der Herstellung von Gummi- und Kunststoffwaren. Bedeutungsvoll sind außerdem die Kleineisen- und Werkzeugproduktion (Werkzeuge und Jagdwaffen in Suhl, Schmalkalden und Zella-Mehlis), die elektronische Industrie und der Gerätebau in Jena, die Produktion von Pharmazeutika (Jena, Weimar) sowie der Möbelbau und die Spielzeugindustrie. – Thüringen besitzt Vorkommen an Kalisalz (um Sondershausen, im Eichsfeld und im Werragebiet) sowie reichhaltige Baurohstoffe (Porphyr, Basalt, Kalk- und Sandstein). Von dem bis 1990 umfangreichen Kalibergbau blieb nur ein Kalischacht in Unterbreizbach bei Vacha (Werrarevier) in Betrieb; der Kaliabbau in den übrigen Gebieten wurde wie der Uranerzbergbau, die Gewinnung von Braunkohle und der Erzbergbau eingestellt. Im Gebiet Probstzella–Lehesten–Wurzbach befinden sich Schieferbrüche. – Hauptgebiete des Ackerbaus sind das Thüringer Becken, die Orlasenke, die Goldene Aue und das Gebiet südlich von Altenburg, auf deren fruchtbaren Böden Zuckerrüben, Weizen und Gerste angebaut werden. Die weniger fruchtbaren Gebiete der Randaufwölbungen des Thüringer Beckens werden für den Kartoffel-, Hafer- und Roggenanbau genutzt. Im Unteren Eichsfeld und Werragebiet ist zusätzlich der Tabakanbau verbreitet. Im Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge und Harz erfolgen Grünlandnutzung (Jungrinderaufzucht) und Forstwirtschaft, in den Tälern von Saale und Weißer Elster sowie am Rand des Kyffhäusers in größerem Umfang Obst- und Gemüsebau, um Erfurt Gemüsebau und Blumenzucht (Saatzuchtbetriebe). – Bedeutende Fremdenverkehrsgebiete sind Thüringer Wald, Thüringer Schiefergebirge (Schwarzatal) und Südharz. Der Thüringer Wald ist für den Wintersport (Zentrum Oberhof) wichtig. Thüringen hat bedeutende Kurorte wie Bad Liebenstein, Bad Berka, Bad Sulza und Bad Langensalza. – Die zentrale Lage macht Thüringen zu einem wichtigen Durchgangsland im West-Ost- und Nord-Süd-Verkehr. Nach der Wiedererlangung der deutschen Einheit wurden die zum Teil unterbrochenen Eisenbahn-, Autobahn- und Straßenverbindungen nach Hessen und Bayern wieder neu geknüpft (Werratalbahn zwischen Bad Salzungen und Gerstungen). Die Südharzautobahn Halle (Saale)–Göttingen ist im Bau, die Thüringer-Wald-Autobahn Erfurt–Schweinfurt/Suhl–Lichtenfels (7,9 km langer Autotunnel zwischen Zella-Mehlis und Oberhof) wurde 2005 fertiggestellt. Wichtigster Eisenbahnknotenpunkt ist Erfurt, wo sich auch ein internationaler Flughafen befindet.

Verfassung: Nach der am 25. 10. 1993 verabschiedeten Verfassung liegt die Legislative beim Landtag (88 Abgeordnete, für 5 Jahre gewählt), die Exekutive bei der Landesregierung unter Vorsitz des vom Landtag gewählten Ministerpräsidenten (besitzt Richtlinienkompetenz und kann vom Landtag durch konstruktives Misstrauensvotum gestürzt werden). Die Verfassung, die am 16. 10. 1994 durch Volksentscheid in Kraft gesetzt wurde, fixiert als plebiszitäre Elemente Volksbegehren und -entscheid sowie eine Reihe von Staatszielen (u. a. Umweltschutz, Schutz von Kindern und Jugendlichen, Recht auf Wohnraum und Arbeit).

Geschichte:

Anfang des 5. Jahrhunderts n. Chr. entstand das Königreich der Thüringer, das 531 (Schlacht an der Unstrut; bei Burgscheidungen [?]) von Franken und den (nach Widukind von Corvey) mit ihnen verbündeten Sachsen besiegt und aufgeteilt sowie u. a. von Bonifatius im 8. Jahrhundert missioniert wurde. Die (hessischen) Reichsklöster Hersfeld und Fulda erwarben umfangreichen Grundbesitz; Erfurt kam an das Erzbistum Mainz. Nach 933 (Schlacht bei Riade) wurde im Osten der slawische Siedlungsraum eingegliedert. Thüringen wurde zum Kerngebiet des (späteren) Heiligen Römischen Reiches (Königtum der Liudolfinger; Pfalzen in Erfurt, Tilleda, Wallhausen, Allstedt; Kloster Memleben). Unter den Herrengeschlechtern mit gräflicher Gewalt gewannen im 11. Jahrhundert die Ludowinger die Führung, die 1130 Landgrafen von Thüringen wurden (seit 1122 Herrschaftsverbindung mit Hessen). Sie waren bedeutende Reichsfürsten und Kreuzfahrer, Förderer der Minnesänger (Wartburgkrieg) und des Kirchenwesens (v. a. Ludwig IV., Gemahl der heiligen Elisabeth), jedoch gelang ihnen der Aufbau eines einheitlichen Territorialstaates nicht. Als sie mit Heinrich Raspe (IV.), dem Gegenkönig Friedrichs II., 1247 im Mannesstamm ausstarben, kam es zum Thüringer Erbfolgekrieg (bis 1263/64); der hessische Anteil der Ludowinger fiel an die Grafen von Brabant, Thüringen kam an die wettinischen Markgrafen von Meißen (1294–1307 [Schlacht bei Lucka] veräußert). Nach dem Grafenkrieg (1342–46) wurde die Lehnsherrschaft der Wettiner anerkannt; dennoch konnten Schwarzburg und Reuß (beide später in zum Teil mehrere Linien verzweigt) sowie Henneberg eigene Landesherrschaften errichten. 1353 gewannen die Wettiner Coburg, 1372 die Grafschaft Weimar-Orlamünde, 1583 die Grafschaft Henneberg; durch die wettinische Teilung von 1485 kam der kleinere nördliche Teil Thüringens an die Albertiner, der größere südliche Teil an die Ernestiner (Kursachsen), die mit Hessen ab 1526 protestantische Führungsmacht waren. Das albertinische Thüringen (seit 1547 [Wittenberger Kapitulation] kursächsisch, seit 1806 königlich) fiel 1815 an Preußen, wie schon 1803 das kurmainzische Erfurt und das Eichsfeld (seit 1423 zu Kurmainz) sowie die Reichsstädte Mühlhausen und Nordhausen (Provinz Sachsen [[[Sachsen-Anhalt|Sachsen-Anhalt]], Geschichte]). Das ernestinische Thüringen wurde ab 1572 durch häufige Teilungen (bis zu zehn Linien) stark zersplittert; besonders das (Groß-)Herzogtum Sachsen-Weimar-Eisenach war Ende des 18. Jahrhunderts ein geistiger Mittelpunkt Deutschlands (Weimarer Klassik). 1918/19 wurden die (ab 1826) vier ernestinischen Sächsischen Herzogtümer, die je zwei Fürstentümer Schwarzburg (Rudolstadt und Sondershausen) und Reuß (jüngere und ältere Linie), Freistaaten und 1920 zum Land (Freistaat) Thüringen vereinigt (Verfassung vom 11. 3. 1921; Hauptstadt: Weimar); Coburg schloss sich Bayern an. 1932 hatte Thüringen die erste NSDAP-Regierung in Deutschland; 1944 fielen Erfurt und Schmalkalden an Thüringen. Im April 1945 zunächst amerikanisch besetzt, kam das Land im Juli 1945 zur SBZ (20. 12. 1946 Verfassung; Hauptstadt: Weimar; Regierungssitz 1948–52 nach Erfurt verlegt). 1952 wurde es in die DDR-Bezirke Erfurt, Gera und Suhl aufgeteilt. Durch das Ländereinführungsgesetz vom 22. 7. 1990 wurde das Land Thüringen zum 3. 10. 1990 wiederhergestellt (seit 1993 Freistaat). Seit den ersten Landtagswahlen vom 14. 10. 1990 regiert die CDU, 1990–94 in Koalition mit der FDP, zunächst unter Ministerpräsident J. Duchač, seit Februar 1992 unter B. Vogel (beide CDU). Bei den Landtagswahlen vom 16. 10. 1994 wurde die CDU wieder stärkste Partei, gefolgt von SPD und PDS; Ministerpräsident Vogel wurde im Amt bestätigt und bildete eine Große Koalition mit der SPD. Nach den Landtagswahlen vom 12. 9. 1999 übernahm die CDU (nach dem Erreichen der absoluten Mehrheit) unter Ministerpräsident Vogel allein die Regierungsverantwortung; die PDS wurde erstmals zweitstärkste Partei. Anfang Juni 2003 erklärte Vogel seinen Rücktritt; sein Nachfolger wurde D. Althaus (ebenfalls CDU), der in den Landtagswahlen vom 13. 6. 2004 der CDU die absolute Mehrheit (der Mandate) und somit die weitere Alleinregierung sichern konnte.

Landtagswahlen in Thüringen 1990–2004 (Sitzverteilung und Stimmenanteile der Parteien)
Parteien14. 10. 199016. 10. 199412. 10. 199913. 6. 2004
CDU44;45,4 %42;42,6 %49;51,0 %45;43,0 %
SPD21;22,8 %29;29,6 %18;18,5 %15;14,5 %
PDS9;9,7 %17;16,6 %21;21,3 %28; 26,1 %
Bündnis 90/Die Grünen1)6;6,5 %–;4,5 %–;1,9 %–;4,5 %
FDP9;9,3 %–;3,1 %–;1,1 %–;3,6 %
REP–;0,8 %–;1,3 %–;0,8 %–;2,0 %
DVU–;–;3,1 %–;-
Andere-;5,3 %2)–;2,2 %3)-;3,1 %4)–;6,3 %
1) 1990 als Neues Forum/Grüne/Demokratie Jetzt, seit 1993 Bündnis 90/DieGrünen. – 2)Davon 3,3 % der Stimmen Deutsche Soziale Union (DSU). – 3)Davon 0,2 % DSU. – 4)Davon 0,9 % Volksinteressenbund Thüringen (VIBT) sowie u. a. 0,2 % DSU und 0,2 % NPD.

Thüringen

Thüringen: Verwaltungsgliederung (Größe und Bevölkerung 31. 12. 2003)
VerwaltungseinheitFläche (in km2)Einwohner (in 1 000)Einwohner (je km2)Verwaltungssitz
Kreisfreie Städte
Eisenach10444,1424
Erfurt269201,6749
Gera152106,4700
Jena115102,6892
Suhl10344,5432
Weimar8464,4767
Landkreise
Altenburger Land569109,3192Altenburg
Eichsfeld940111,5119Heilbad Heiligenstadt
Gotha936145,4155Gotha
Greiz844119,5142Greiz
Hildburghausen93772,077Hildburghausen
Ilmkreis843119,3142Arnstadt
Kyffhäuserkreis1 03590,888Sondershausen
Nordhausen71195,6134Nordhausen
Saale-Holzland-Kreis81792,3113Eisenberg
Saale-Orla-Kreis1 14895,483Schleiz
Saalfeld-Rudolstadt1 035127,9124Saalfeld/Saale
Schmalkalden-Meiningen1 210139,6115Meiningen
Sömmerda80478,798Sömmerda
Sonneberg43365,7152Sonneberg
Unstrut-Hainich-Kreis976116,1119Mühlhausen/Thüringen
Wartburgkreis1 305141,0108Bad Salzungen
Weimarer Land80389,5111Apolda
16 1722 373,2147Erfurt

Sekundärliteratur: Vom Königreich der Thüringer zum Freistaat Thüringen, hg. vom Thüringer Landtag (22000); J. John u. a.: Geschichte in Daten. Thüringen (Neuausgabe 2003); R. Jonscher: Kleine thüringische Geschichte. Vom Thüringer Reich bis 1990 (42005); Hans Müller: Thüringen. Landschaft, Kultur u. Geschichte im »grünen Herzen« Deutschlands (52005).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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