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Meyers Großes Taschenlexikon in 24 Bänden plus CD-ROM
ISBN 3-411-11009-0
149,00 € [D]

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Organisierte Kriminalität

organisierte Kriminalität, organisiertes Verbrechen, von kriminellen Vereinigungen mit hohem Organisationsgrad geplante und begangene Straftaten mit verstärkt international organisierter Verwertung der Tatbeute und (übermäßigem) Gewinnstreben. Die Abgrenzung zu anderen Arten der Kriminalität ist im Einzelfall schwierig. In Europa entwickelte sich die organisierte Kriminalität in den einzelnen Staaten unterschiedlich. Die skandinavischen Länder, ferner die Schweiz und Belgien haben mit der Kontrolle geringere Probleme als z. B. Italien, die Niederlande, Großbritannien, Deutschland und Polen sowie die Nachfolgestaaten der Sowjetunion. Als Schwerpunkte der organisierten Kriminalität kommen v. a. Rauschgifthandel und -schmuggel, Waffenhandel und -schmuggel, Kraftfahrzeugdiebstahl, ferner Diebstahl von und Handel mit gestohlenen Kunstgegenständen, Zuhälterei, Prostitution, Menschenhandel und illegales Glücks- und Falschspiel, Schutzgelderpressung, illegale Einschleusung von Ausländern, illegale Entsorgung von Sonderabfall und illegaler Technologietransfer sowie Geldwäsche in Betracht. Obwohl kriminelle Organisationen in Deutschland schon seit Jahrzehnten bekannt sind, hat das organisierte Verbrechen erst in den vergangenen Jahren besondere Schubkraft erhalten. Es besteht ein verstärkter Trend zur Internationalität der organisierten Kriminalität, zur Vergrößerung, Spezialisierung und Professionalisierung heimischer Banden. Neuere Analysen haben die ausgefeilte Logistik krimineller Organisationen verdeutlicht.Deutschland: Gemäß Bundeskriminalamt gab es in Deutschland 2004 (1999) mit Blick auf die organisierte Kriminalität 620 (816) Ermittlungsverfahren, die rund 11 380 (7 780) Tatverdächtige betrafen. Der Gesamtschaden der organisierten Kriminalität in Deutschland wird für 2004 auf 760 Mio. € (1999: 1,4 Mrd. DM), der durch sie erzielte Gewinn auf 1,3 Mrd. € (1999: 2,0 Mrd. DM) geschätzt.

Zur Bekämpfung der organisierten Kriminalität wurden das Gesetz zur Bekämpfung des illegalen Rauschgifthandels und anderer Erscheinungsformen der organisierten Kriminalität (OrgKG) vom 15. 7. 1992 und das Verbrechensbekämpfungsgesetz vom 28. 10. 1994 (u. a. Kronzeugenregelung) verabschiedet. Da die kriminellen Organisationen nicht anders als legale Wirtschaftsunternehmen die Gewinnmaximierung anstreben und illegale Gewinne in großem Umfang in den legalen Wirtschaftskreislauf zurückschleusen müssen, wurde im OrgKG ein neuer Straftatbestand der Geldwäsche geschaffen und die Möglichkeiten der Gewinnabschöpfung ausgebaut (Erweiterter Verfall), um der organisierten Kriminalität die finanziellen Grundlagen zu entziehen. Ergänzend hierzu wurde 1993 das Gesetz über das Aufspüren von Gewinnen aus schweren Straftaten (sogenanntes Geldwäschegesetz) erlassen, dessen Wirksamkeit, gemessen an dem mit ihm verfolgten Zweck, bezweifelt wird (Geldwäsche). Zur Verbesserung der Informationsgewinnung wurde durch Gesetz von 1998 die akustische Wohnraumüberwachung (sogenannter Großer Lauschangriff, Wohnung) eingeführt, die Möglichkeiten der Telefonüberwachung, der Rasterfahndung und des Einsatzes verdeckter Ermittler erweitert.

Um des Problems der Internationalität der organisierten Kriminalität Herr zu werden, wurden auf allen internationalen Ebenen (UNO, OECD, Europarat, EU) Initiativen ergriffen, zuletzt durch die UN-Konvention gegen die grenzüberschreitende organisierte Kriminalität von 2000. Die Bekämpfung der organisierten Kriminalität ist auch einer der Schwerpunkte der EU-Politik im Bereich Justiz und Innere Sicherheit. Durch zahlreiche Richtlinien und Rechtsakte (z. B. den Rahmenbeschluss zum europäischen Haftbefehl) soll die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Mitgliedsstaaten erleichtert werden. Die organisierte Kriminalität ist darüber hinaus eine der Schwerpunktaufgaben von Europol. Auch die im Schengener Abkommen vereinbarte grenzüberschreitende Observation und Nacheile, die Vollstreckung von Haftbefehlen im Ausland sowie der verstärkte Schutz an den Außengrenzen der Gemeinschaft sind wichtige Befugnisse bei der Verfolgung der organisierten Kriminalität.

Sekundärliteratur: J. Kinzig: Die rechtliche Bewältigung v. Erscheinungsformen organisierter Kriminalität (2004); M. Naim: Das Schwarzbuch des globalisierten Verbrechens. Drogen, Waffen, Menschenhandel, Geldwäsche, Markenpiraterie (aus dem Amerikanischen, 2005).

Weiterführende Artikel aus dem Archiv der Wochenzeitung DIE ZEIT

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