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Euro statt Krone? Die Zeit ist noch nicht reif

5.September 2006 | Veronika B. Horniaková

Die Tschechische Republik seit dem 1. Mai 2004 Mitglied der Europäischen Union, der Eurozone tritt sie aller Wahrscheinlichkeit nach erst um das Jahr 2010 bei. Welche Aufgaben muss sie bis dahin noch meistern?

In der Tschechischen Republik wird als offizielle Währung die tschechische (früher) tschechoslowakische Krone  mit der internationalen Abkürzung CZK verwendet. Das dürfte sich schon in wenigen Jahren ändern.

Der EU-Beitritt bedeutet für die Tschechische Republik den automatischen Beitritt zur Europäischen Währungsunion (EMU), also in einen Staatenkomplex mit einer einheitlichen Währung. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt wird die Tschechische Republik als ein Land betrachtet, für das bislang vorübergehend eine Ausnahme für die EURO-Einführung gilt, was bedeutet, dass sie in dieser Beitrittsphase kein Mitglied der sog. Eurozone ist. Nichtsdestotrotz verpflichtete sich die Tschechische Republik bereits im Beitrittsvertrag dazu, in Zukunft eines ihrer Mitglieder zu werden.  

Gegenwärtig kann man in der Tschechischen Republik nur bei ganz bestimmten Transaktionen und nur in begrenztem Umfang mit Euros bezahlen. Tschechische Händler und Verkäufer akzeptieren beispielsweise keine großen EURO-Banknoten und ebensowenig EURO-Münzen, und grundsätzlich wird das Wechselgeld in tschechischen Kronen zurückgezahlt. Dienstleistungen und Waren können Kunden in den meisten Ladenketten, Elektrogeschäften, an Tankstellen oder in Restaurants mit Euros bezahlen. Weder dort noch in einer Reihe von Wechselstuben werden für Geldtransaktionen irgendwelche Gebühren berechnet, Unterschiede gibt es eben nur infolge des sich täglich geringfügig ändernden aktuellen Tageskurses.

Zum Umstieg von Krone auf Euro ist ein weiter Weg. Warum?


Einleitend sollte interessehalber hinzugefügt werden, dass einige Staaten der Europäischen Union den Beitritt zur Eurozone als Ersatz ihrer nationalen Währung durch den zentral gesteuerten Euro abgelehnt haben. Großbritannien und Dänemark beispielsweise handelten für sich eine sog. Opting-out-Klausel aus. Das bedeutet, dass sie EU-Mitglieder sind, jedoch nicht - zumindest vorerst nicht -  beabsichtigen, sich einem bestimmten Bereich der Zusammenarbeit im Rahmen der EU anzuschließen. Keiner der neuen Mitgliedsstaaten hatte diese Möglichkeit jedoch schon zum Zeitpunkt seines EU-Beitritts. Der englische Premierminister Tony Blair hatte erklärt, dass in Großbritannien zum gegenwärtigen Zeitpunkt "kein ökonomischer Grund für die Einführung des Euro existiert“.

„Der Beitritt der Tschechischen Republik zur Eurozone hat positive wie auch negative Aspekte. Diese zwei Gegenpole müssen jedoch zeitlich ausbalanciert werden", sagt der Hauptökonom der HVB Bank Czech Republik, Pavel Sobíšek. Zu den positiven Effekten für die tschechische Ökonomik können beispielsweise der Druck auf die mittelfristig ausgeglichenen öffentlichen Haushalte, die Einführung von strukturellen Reformen und eine allgemeine Stabilitätssteigerung der Finanzsphäre gerechnet werden. Zu den negativen Erscheinungen gehört vor allem der Verlust der autonomen Währungspolitik, was für die Tschechische Republik ein Verlust wichtiger Instrumente bedeuten wird, die dabei helfen, die aus der unterschiedlichen inländischen und ausländischen ökonomischen Entwicklung resultierenden negativen Auswirkungen zu lindern. Grundlegend für die Sicherstellung einer ausreichenden Reaktionsfähigkeit der tschechischen Ökonomik sind vor allem die Fiskalpolitik, die Flexibilität der Löhne und Gehälter, eine hohe Mobilität der Arbeitskräfte und der unternehmerischen Aktivitäten jenseits der Grenze sowie gut funktionierende Finanzmärkte. Ein weiteres Problem kann aus dem Risiko erstehen, das aus den Differenzen der ökonomischen Niveaus der Preisspiegel resultiert, wo es zu einem Problem mit der Konkurrenzfähigkeit auf der einen Seite und zu einem Problem mit der Möglichkeit eines optimalen Wirtschaftswachstums bei niedriger Inflationsrate auf der anderen Seite kommen kann. Die Beseitigung der Kursrisiken ist jedoch vorteilhaft im Hinblick auf die Kosteneinsparungen der tschechischen Unternehmer.

Bis zum Augenblick der Euro-Einführung in der Tschechischen Republik bleibt noch eine Menge zu tun. Das Hauptziel besteht darin, alle Punkte der sog. "Konvergenz"(Maastrichter)-Kriterien zu verkraften, die jedes Antragstellerland vor der Einführung der gemeinsamen europäischen Währung erfüllen muss.

Die Konvergenzkriterien  bestimmen den begrenzten Umfang des Haushaltsdefizits (bis 3 % BIP), die Forderung einer niedrigen Rate der öffentliche Schulden insgesamt (bis 60 % BIP), die Preisstabilität, die von der Inflation abgeleitet wird, welche den Durchschnitt der drei besten EU-Länder in dieser Kennziffer nicht um mehr als 1,5 % überschreitet, die Stabilität der langfristigen Zinssätze und die Fähigkeit, den Kurs der Währung in dem gegebenen Bereich zu halten. Dieses "Fluktuationsband" wird festgesetzt auf maximal ± 15 % unter und über dem Kurs im Augenblick des Eintritts in den Mechanismus der Währungskurse ERM-II, wo  wenigstens zwei Jahre vor der Einführung des Euro verharrt werden muss. Dem Land wird ein mittlerer Kurswert bestimmt, dem gerade für die Extremwerte des Fluktuationsbandes eine Schlüsselbedeutung zukommt.

In den meisten Kriterien gelang es der Tschechischen Republik das gewünschte Niveau zu erreichen, andere Kriterien aber bleiben langfristig problematisch - dazu gehört vor allem das Haushaltsdefizit. Dieser konnte zwar im Jahr 2004 unter die von dem Kriterium geforderten 3 % des Bruttoinlandsprodukts gesenkt werden, ein Verdienst daran hatte vor allem die starke tschechische Wirtschaft, die das Bruttoinlandsprodukt  auf das historisch höchste Niveau seit Bestehen der Tschechischen Republik - um 6 % - hochschraubte. Es ist jedoch nicht sicher, ob es gelingen wird, dieses Tempo durchzuhalten. Das Defizit in dem von der abgetretenen sozialdemokratischen Regierung vorgeschlagenen Haushalt für das Jahr 2007 könnte bis zu 3,8 % erreichen und damit auch die der Europäischen Kommission zugesagte 3,3%-Grenze überschreiten.

Ein weiteres Kriterium - die Schulden der öffentlichen Finanzen - sank im Jahr 2005 auf 36 %, sodass das Land auch diese Bedingung im Jahr 2005 mit Reserve erfüllte. Schon seit längerem gelingt es, eine niedrige Inflation und niedrige Zinssätze aufrecht zu erhalten.

„Haushaltsdisziplin“ ist dabei nicht nur bei den Staaten gefragt, die eine Einführung des Euro vorbereiten, sondern verständlicherweise auch bei den Mitgliedern der Eurozone. Für sie gelten die vom Stabilitäts- und Wachstumspakt bestimmte Verpflichtung und im Falle einer Nichteinhaltung auch die Sanktionen. Die Haushaltskriterien wurden in der Vergangenheit allerdings von Deutschland und Frankreich zum wiederholten Male nicht erfüllt. Sanktionen hatten diese Länder jedoch abgelehnt, was eine Welle negativer Emotionen und eine Diskussion über die "Gleichheit" der Unionsmitglieder zur Folge hatte. Für die künftigen Neulinge, zu denen auch die Tschechische Republik gehört, ist das System ungleich kompromissloser, verlangt es doch die Einhaltung der Konvergenzkriterien mit einer weitaus größeren Genauigkeit.

Einführungsplan


Die gegenwärtige Regierungsstrategie, die in Zusammenarbeit mit der tschechischen Nationalbank ausgearbeitet wurde, rechnet mit der Euro-Einführung zum 1. Januar 2010 . Die Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung OECD bezeichnete dieses Datum noch im Juni 2006 als realistisch, doch empfahl sie, die Reformen der öffentlichen Finanzen und des Rentensystems, dessen gegenwärtiger Zustand gerade die Aufrechterhaltung der öffentlichen Haushalte bedroht, beschleunigt abzuschließen. Nach der Veröffentlichung des Haushaltsentwurfs für das Jahr 2007 wurden allerdings bereits Stimmen aus den Reihen der Experten laut, die das Datum als unrealisierbar bezeichneten, da der Haushalt keine Streichungen enthalte, die zur Erfüllung der Kriterien notwendig sind.

Mit der Aussicht auf die Euro-Einführung im Jahr 2010 müsste die Tschechische Republik spätestens Mitte 2007 in den Kursmechanismus ERM-II eintreten, in dem sie die tschechische Krone an den Euro bindet. Dabei muss sie das Kriterium der Aufrechterhaltung des Devisenkurses in einem Intervall von  +/- 2,25 % erfüllen, d.h. in einem engeren Intervall, als es das standardmäßige Fluktuationsband ist.

„Der Beitritt der Tschechischen Republik zur ERM-II würde ich nicht Mitte des Jahres 2007 sehen, und ich glaube auch nicht, das dies wünschenswert wäre," sagt Pavel Sobíšek. „Besser wäre es, auf den Moment zu warten, da die Reformen durchgeführt sind, die die Flexibilität der Ökonomik und der Fiskalpolitik gewährleisten," erklärt der Ökonom Sobíšek. Eine ähnliche Meinung vertritt auch der stellvertretende Finanzminister Eduard Janota, der erklärte, dass die Tschechische Republik  das Kriterium des Defizits der öffentlichen Haushalte zum Bruttoinlandsprodukt ohne Änderungen im Haushalt für das Jahr 2007 "ganz sicher" nicht erfüllt. 

Falls die Tschechische Republik (auch zu einem anderen Termin) alle Bedingungen erfüllt und sich dazu entschließt, der Eurozone beizutreten, rechnet man eher mit einer Euro-Einführung durch einen sog. "großen Knall" als mit einer Übergangsphase. "Diese Variante ist die billigste und transparenteste und gibt allen das höchste Maß an Rechtssicherheit," sagt Tomáš Prouza, stellvertretender Finanzminister und Mitglied der ressortübergreifenden Nationalen Koordinationsgruppe für die Euro-Einführung in der Tschechischen Republik, die seit dem 20. Februar 2006 tätig ist. "Das gleiche Szenarium wählten sich auch alle Länder, die der Eurozone beitreten möchten, sodass wir  die Möglichkeit haben werden, aus den Erfahrungen jener zu lernen, die den Euro früher als die Tschechische Republik eingeführt haben," fügt er hinzu.

In der Praxis wird es möglich sein, beide Währungen über einen Zeitraum von einem Monat parallel zu benutzen. Die neuen Banknoten und Münzen, über deren nationalen Teil des Designs noch längst nicht entschieden ist, wird man im Umtauschverfahren in einer Bank oder bei der Ausgabe aus dem Bankomat bekommen können. Gültigkeit werden natürlich auch diejenigen Banknoten und Münzen besitzen, die in anderen Ländern der Eurozone herausgegeben wurden. 

Die Folgen der Euro-Einführung


Im Moment der Euro-Einführung wird die Tschechische Republik nicht in der Lage sein, die gleiche Aktionsfähigkeit sicherzustellen, über die  sie nun vermittels etwaiger Eingriffe der Tschechischen Nationalbank verfügt. Sie verliert zudem eine gewisse Flexibilität der Ausgaben des Staatshaushalts, die sie auf andere Weisen wird ersetzen müssen, und zwar dergestalt, dass sie zu einer effektiven Aktion fähig ist.  Von entscheidender Bedeutung sind dabei insbesondere eine stabilisierende Fiskalpolitik, Flexibilität auf dem Arbeits- und Produktmarkt sowie gut funktionierende Finanzmärkte.

Technisch genommen ist eine Währungsänderung nur eine technische Umrechnung der Preise und weiterer Größen auf ein anderes Niveau. In der Praxis aber hat sich gezeigt, dass viele Geschäftsleute die Umrechnung auch zu einer parallel laufenden Verteuerung der Ware ausnutzten. Dies geschah beispielsweise in Deutschland, Italien und Frankreich.

In der Tschechischen Republik dürfte ein sprunghafter Preisanstieg durch die Pflicht aller Geschäftsleute verhindert werden, den Preis einer Ware in tschechischen Kronen wie auch in Euro gleichzeitig anzugeben, und dies über einen Zeitraum von mindestens einem halben Jahr vor der Euro-Einführung und ein Jahr nach dieser.

„Unter den Deutschen herrschte ein gewisses Vertrauen, weshalb sie keine doppelte Preisausschreibung in den Geschäften einführten, wie dies bei uns vorbereitet wird. Aber an das Umrechnen konnte sich keiner so recht gewöhnen, weshalb die Geschäfte dann verteuern konnten," gibt Prouza im Gespräch mit dem Server Euroskop zu bedenken. "Die österreichischen Verbraucherorganisationen," so Prouza weiter, "führten hingegen Preisuntersuchungen durch. Jedermann konnte sich somit im Internet seine Rechnungen selbst nachprüfen und dabei etwa zu dem Ergebnis kommen: In diesem Geschäft haben sie mir umgerechnet 112 Schilling berechnet, aber vor der Einführung waren es nur 105, also wo ist das Problem?"

Die Tschechische Nationalbank weist darauf hin, dass eine Zunahme der Fälschungen der europäischen Währung nicht ausgeschlossen werden kann. Die meisten Fälschungen von Euro-Banknoten wurden nach vorliegenden Informationen in Frankreich, Italien und in Spanien festgestellt. Diese Länder gehörten laut Nationalbank langfristig zu den Ländern mit den meisten Fälschungen unterschiedlichster Währungen. Die Fälschungen verursachen vor allem in jenen Ländern Probleme, deren Währungen in der Vergangenheit nicht allzu oft gefälscht wurden. Dazu gehören Belgien, Österreich, die Niederlande und Irland.

Gegen einen eventuellen Mangel an Euro-Münzen und Euro-Banknoten bei deren Einführung als offizielles Zahlungsmittel will sich die Tschechische Republik mit Hilfe einer Überversorgung und der Bildung  strategischer Reserven rüsten. Ein eventueller Mangel sollte in Zusammenarbeit  mit der Europäischen Zentralbank oder durch den Ankauf von Banknoten in anderen EU-Ländern  zu kompensieren sein.

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