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Investitionen in die Kunst stark im Kommen

21.November 2006 |

Investitionen in die Kunst reihen Finanzberater und Analysten in ihren Übersichten immer noch in die als alternative Investitionen bezeichnete Gruppe ein. Vielen Menschen auf der ganzen Welt ist keineswegs entgangen, dass der Erwerb eines Gemäldes oder einer Plastik eine der besten Alternativen darstellt, Geld zu investieren.

Menschen, denen größere Beträge zur Verfügung stehen, nehmen häufig Abstand vom Kauf von Aktien oder Edelmetallen und verbinden stattdessen das Angenehme mit dem Nützlichen – sie kaufen herrliche Kunstwerke mit hohem Wert, der mit großer Wahrscheinlichkeit sogar noch zunimmt.

Die Tschechische Republik bildet in dieser Richtung keine Ausnahme. Davon, dass hierzulande das Interesse an Investitionen in die Kunst wächst, zeugen beispielsweise die kürzlich erzielten Rekordsummen für verschiedene Gemälde. Ein Werk von Josef Čapek, einem der bedeutendsten tschechischen Künstler des Kubismus, wurde zu einem bislang nicht für möglich gehaltenen Auktionspreis von 9,3 Millionen Kronen versteigert. Es handelte sich um das Bild Das Fußbad, das Čapek, übrigens ein Bruder des berühmten Schriftstellers Karel Čapek, im Jahre 1921 gemalt hatte.

Der Verkauf des Čapek-Gemäldes stellt sicherlich kein zufälliges Preisextrem dar. Eher hat es den Anschein, dass er Teil eines gegenwärtigen Trends ist. Denn immerhin wurde Anfang April in Prag das Gemälde Vor dem Spiegel, ein Klassiker der russischen Malerei, von Ivan Ivanovič Šiškin für 7,5 Millionen und Zirkus Simonette von Jindřich Štyrský, dem vielleicht bedeutendsten tschechischen Surrealisten, für 8,6 Millionen Kronen verkauft. Die Tschechen stecken also mehr als früher ihr Geld in die Kunst.

Jindřich Štýrský - Zirkus Simonette Jindřich Štýrský - Zirkus Simonette. Quelle: Galerie Art Prag

Unter den Käufern überwiegen Menschen aus der Unternehmerschicht, die häufig in Kunst investieren, und zwar mit dem Hintergedanken, dass es sich dabei um gut angelegtes Geld handelt, aber später werden aus ihnen Sammler, für die eine erstklassige Sammlung auf hohem Niveau wichtiger als der finanzielle Gewinn ist. Man könnte also sagen, dass ursprüngliche Investoren sich nach und nach zu begeisterten Kunstliebhabern wandeln, die nur noch das Beste wollen.
 
„Nach einer gewissen Rezession, die zu Beginn des neuen Jahrhunderts zu beobachten war, wächst nun eine neue Gruppe von Unternehmern heran, die anfangen, Kunst zu kaufen, sich aber nur mit absolut erstklassigen Gemälden zufrieden geben. Am meisten sind sie an Werken aus den zwanziger und dreißiger Jahren interessiert,“ sagt Vladimír Neubert, Besitzer der Galerie Art in Prag. „Die Sammler, die heute Gemälde kaufen, tun dies zumeist nicht für einen künftigen Gewinn, sondern weil ihnen diese Kunst gleichzeitig gefällt. Sie legen sich Sammlungen mit tschechischer Kunst an. Sie wollen selbstverständlich, dass das alles einen gewissen Wert besitzt, aber es geht hier vor allem um das Prestige.“

Einen Schritt hinterher

Dennoch hinkt die Tschechische Republik den westlichen Ländern auf diesem Gebiet etwas hinterher. Mária Gálová, die Direktorin der Gesellschaft Dorotheum, sagte dazu in einem Gespräch mit der Zeitschrift Ekonom:

„Weltweit hat das Interesse an Kunstinvestitionen ungefähr zu Beginn des Jahrhunderts begonnen, zweifellos hängt dies mit den Einbrüchen an den Finanz- und Kapitalmärkten zusammen. Ein Teil der Investoren sah sich nach anderen Anlagemöglichkeiten um, und Kunstwerke wurden eine von diesen Gelegenheiten. Eine extreme Preissteigerung auf Auktionen verlief in den Jahren 2001 bis 2003. Ich würde sagen, dass sich die Weltmärkte derzeit beruhigen, auch wenn das Interesse immer noch überdurchschnittlich hoch ist. Die Rekordsummen der kürzlichen tschechischen Auktionen haben in gewisser Hinsicht auch die Experten überrascht, und ich wage nicht vorauszusagen, wie lange der diesjährige Boom noch andauern wird."

Versteigerungen außerhalb des Auktionssaals

Es ist interessant, dass im Falle kleinerer Verkäufe, wo Werke bis ungefähr 50 Tausend Kronen versteigert werden, ein immer größerer Teil der Geschäfte keineswegs in steinernen Auktionssälen, sondern im Internet abgewickelt wird. Online-Auktionen sind in der Welt der Kunst keinesfalls ungewöhnlich. Wie Martin Zeman vom Auktionshaus Vltavín im Gespräch für die Tageszeitung Hospodářské noviny bemerkt, nehmen an einer einzigen Auktion rund zweitausend Personen teil und diese Zahl nimmt ständig zu. Wie Zeman sagt, bedeutet dies für die Auktionssäle eine relativ hohe Ersparnis der mit der Veranstaltung einer herkömmlichen Versteigerung verbundenen Kosten. Das Internet stellt darüber hinaus eine ideale Möglichkeit für den Einkauf und Verkauf weniger kostbarer Werke dar, die anderenfalls gar nicht erst den Weg in einen Auktionssaal finden würden.

In vielerlei Hinsicht überwiegen die Vorteile von Online-Auktionen deren Nachteile. Der Interessent eines Gemäldes oder einer Plastik kann sich stets vor Abhaltung einer Auktion das zu verkaufende Gemälde direkt im Sitz der Galerie anschauen, sich die ganze Sache überlegen und sich erst dann in die Versteigerung einschalten, und zwar ganz gemütlich vom Wohnzimmersessel aus. Nichtsdestotrotz ist es wichtig, erneut daran zu erinnern, dass teurere Stücke einstweilen nicht per Internet versteigert werden und Interessenten für diese Stücke nicht an einer Fahrt direkt zum Aktionssaal herumkommen.

Lieber ein Gemälde als Gold

Der Vorteil von Kunstinvestitionen besteht neben dem gesellschaftlichen Prestige auch aus der Tatsache, dass Kunst im Unterschied zu Aktien eine nichterneuerbare Kommodität darstellt. Hochwertige Kunstwerke sind immer seltener auf dem Markt zu finden, der Wert von wirklich wertvollen Werken steigt dabei nach und nach in ungeahnte Höhen, und so haben sich viele Menschen dazu entschlossen, ihr Geld eben in den Erwerb von Kunstwerken zu stecken. Viele Stücke landen in Privatsammlungen und müssen von daher nicht zwangsläufig irgendwann einmal wieder auf dem Markt auftauchen. Das ist auch ein Grund dafür, warum die Preise steigen und die Investitionen dieser Art eine Aufwertung erfahren.

Aus Sicht der Ökonomen und Finanzberater erweist sich die Aufwertung von Geld in Form des Einkaufs von Kunstwerken als langfristige Investition. Häufig dauert sie mindestens fünf Jahre, bevor der Preis des angeschafften Kunstwerks in nennenswerter Weise steigt. Dies gilt natürlich nicht für alle Schöpfer dieser Kunstwerke. Insbesondere bei jenen der jüngsten Generation kann es innerhalb kurzer Zeit zu großen Preissprüngen kommen.

Die Mitteleuropäische Kunstmetropole

Im Mai fand in Prag einmal mehr die Messe für zeitgenössischen Kunst, Art Prague, statt. Das unaufhörlich zunehmende Interesse an dieser Aktion – und zwar sowohl von Seiten der Galerien, von denen in diesem Jahr vierzig vertreten waren, als auch von Seiten der Besucher – zeigt, dass Tschechien im Berech der Kunstinvestitionen schon bald das Niveau seiner westlichen Nachbarn erreichen könnte. Die Besucherzahlen wie auch das Verkaufsvolumen auf der diesjährigen Art Prague stiegen im Vergleich zum Vorjahr um zehn Prozent.

Hejna Václav (1914 - 1985): Ležící žena, 1941 Václav Hejna - Liegende Frau. Quelle: Auktionshaus Greisen

Was die darstellende Kunst anbelangt, verkauften sich in Tschechien früher vor allem jene Künstler, die in der Zwischenkriegszeit und während des Krieges ihre Werke schufen, wie etwa Josef Šíma, Václav Hejna, Jan Kotík, Josef Liesler oder František Hudeček. Aber die Aufmerksamkeit der Kunstliebhaber und Investoren verlagert sich jetzt auf die Nachkriegszeit, und das Interesse an Künstlern, die ab den sechziger Jahren arbeiteten, ja sogar auch an den Vertretern der jüngsten Künstlergeneration, nimmt zu.

Bestseller

Wie die Galeristin Karolina Bayerová von der Galerie Bayer&Bayer in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur ČTK sagte, stellt der Erwerb zeitgenössischer Künstler, insbesondere der Avantgarde der 60er Jahre sowie von bekannten lebenden Künstlern, eine solide Investition dar, und zwar mit einem zu erwartenden Anstieg des Marktpreises. Zu den angesagtesten Malern und Malerinnen gehören Adriena Šimotová, Václav Boštík, Josef Istler, Jitka Válová und Stanislav Kolíbal.

„Nur zum Vergleich: Eine Pastellarbeit von Václav Boštík kostete im Jahr 1995 25 000 Kronen, heute bewegt sich ihr Preis um die 150 000 Kronen. Ein Gemälde von Václav Boštík aus dem Jahr 1993, das damals für 50 000 Kronen zu haben war, wurde auf einer Auktion im Mai dieses Jahres für 570 000 Kronen – ohne Auktionsgebühr -  versteigert," bemerkt Bayerová.

„Der Kauf von zeitgenössischer Kunst kann ein großes Abenteuer sein. An die Zukunft eines unbekannten Künstlers zu glauben, ist so ähnlich, wie bei einem Pferderennen auf einen Außenseiter zu setzen, für dessen Sieg es zwar die größte Gewinnquote gibt, der aber eben nur hin und wieder siegt."

Nach den Worten des Galeristen Jiří Švestka, der im Ausland auch junge tschechische Künstler vertritt, besteht an einigen von ihnen ein enormes Interesse, was den Preis ihrer Werke nach und nach in die Höhe treiben wird. Das gilt beispielsweise für Krištof Kintera, Veronika Holcová, Markéta Othová oder Jiří Černický.

Krištof Kintera - Revolution Krištof Kintera - Revolution. Quelle: Galerie von Jiří Švestka

"Die Preissprünge von ein paar Hundert Euro auf Zehntausende von Euro innerhalb von fünf Jahren, wie dies bei einigen Künstlern etwa aus Polen zu beobachten war, können und werden sich ganz sicher auch innerhalb der tschechischen Kunstszene wiederholen. Mehr oder weniger alle Sammler der zeitgenössischen Kunst spekulieren auf einen Preisanstieg bei den jungen Künstlern, fügt der Galerist hinzu.

Unter den Experten spricht man auch darüber, dass man in Zukunft wohl auch in größerem Umfang Plastiken verkaufen wird, die zum gegenwärtigen Zeitpunkt vielleicht etwas vernachlässigt werden und seitens der tschechischen Öffentlichkeit bislang nicht besonders gefragt sind. Vielleicht auch deshalb, weil es ungleich schwerer ist, in einem Raum den richtigen Platz für eine Plastik zu finden, als ein Gemälde unterzubringen. In dieser Hinsicht möchten sich beginnende Sammler und Investoren das Leben nicht komplizieren.

Auf die Frage, ob im Bereich des Kunstverkaufs in Tschechien eine weitere Rezession zu erwarten ist, beispielsweise eine solche wie vor fünf Jahren, antwortet der Galerist Neubert:

„Ich glaube nicht. Die heutigen tschechischen Kunstsammler sind sehr reiche Menschen, die an der darstellenden Kunst Gefallen gefunden haben und sich mittlerweile gar nicht mehr vorstellen können, dass die Wand nun leer bleiben sollte oder dass sie diese mit etwas kleinerem als einem Gemälde dekoriere

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