Fast jeden Tag, bei Wind und Wetter steht Robert Burck mit seiner weißen Gitarre am Times Square in New York. Bekleidet ist er nur mit einem Cowboyhut, Cowboystiefeln und einer weißen Unterhose, auf deren Rückseite der Schriftzug "Get Naked" prankt. Seit fast zehn Jahren macht Straßenmusiker Burck das. Naked Cowboy nennt er sich und ist längst eine Institution: Tag für Tag schmiegen sich Touristinnen aus der ganzen Welt an seine Schultern, blicken verträumt in die Kamera und lassen sich mit ihm fotografieren. "Ich bin die drittbeliebteste Touristenattraktion in New York, gleich nach dem Empire State Building und der Freiheitsstatue", behauptet Burck.
Eine Attraktion ist er gern. Doch ungefragt will er sich nicht für Werbezwecke missbrauchen lassen. Und so war er ziemlich wütend, als ein dickes, blaues M&M;'s-Männchen von einer Reklamewand am Times Square auf ihn hinunterblickte und ihm das Gefühl gab, in den Spiegel zu gucken. In einem fünfminütigen Werbevideo für die Schokobonbons spielt das M&M;'s-Männchen nicht nur auf einer Gitarre, die Burcks sehr ähnlich sieht, sondern hat auch genauso wenig an wie der Cowboy.
Dem gefällt die Kopie überhaupt nicht: Burck hat jetzt die Firma Mars, Hersteller von M&M;'s, verklagt. Und die Werbeagentur, die sich den Spot ausgedacht hat, gleich mit. "Das M&M;'s ist nicht nur wie der Naked Cowboy gekleidet, sondern spielt auch noch mit der unverwechselbaren weißen Gitarre, mit der der Künstler täglich am Times Square Musik macht. Mars und Chute Gerdeman nutzen die berühmte Gestalt des Naked Cowboy ohne Einwilligung und ohne Vergütung aus", heißt es in der Klageanschrift. 6 Mio. $ verlangt Burck als Entschädigung.
Vor seiner Zeit am Times Square tanzte Burck in Schwulenklubs der Stadt - inzwischen ist der 37-Jährige so berühmt, dass er seinen Look rechtlich schützen ließ und sich selbst entsprechend vermarktet: Unzählige Magazine und Reiseführer druckten sein Bild, er trat bereits in mehreren Fernsehshows wie "American Idol" auf, dem amerikanischen Vorbild von "Deutschland sucht den Superstar". 4 Sight-Records hat das erste Album des Naked Cowboy produziert. Sogar als Klingelton fürs Handy ist seine Musik zu haben. Auf seiner Homepage www.nakedcowboy.com bietet er seine leichte Bekleidung an, ein Cowboyhut kostet dort 75 $. In Großbritannien war er in einer Bierwerbung zu sehen, Kampagnen mit anderen Unternehmen seien geplant, so Burck. "Business is fun", sagte ein Börsenmoderator des Fernsehsenders Fox in seiner Sendung über den Naked Cowboy. Und: "Falls der Typ jemals an die Börse geht, bin ich dabei."
Wenn Burck ehrlich ist, findet er das M&M;'s-Männchen gar nicht so schlimm. Im Grunde sei es doch "ziemlich cool", gesteht er. Eigentlich hätten ihn nur seine Anwälte zur Klage überredet. "Meine Unterwäsche ist alles, was ich habe. Wenn man das Video aus Marketingperspektive betrachtet, ist es die beste Werbeidee, die je erfunden wurde", so der Cowboy gegenüber der "New York Post". Schließlich wolle er eines Tages die Werbelandschaft weltweit dominieren.
Die Straßen New Yorks beherrscht er schon, wenn man ihm glaubt: Allein durch das Geld, das er am Times Square von Touristen bekommt, verdient er nach eigenen Angaben 250.000 $ im Jahr. In bar. Für das Geld könnte er sich ja dann vielleicht doch mal einen neuen Anzug leisten - wenigstens bis zum 6-Mio.-$-Prozess.
Aus der FTD vom 15.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: reuters
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