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Ich bin älter. Alt. Sehr alt.

Bruce Willis über Stunts, den Mythos Hollywood und "Stirb langsam 4.0"

28.06.2007

Kulturkalender - Seite K02

Thomas Klein

Lange hat sich Bruce Willis - Schauspieler, Ex-Ehemann von Demi Moore, Vater dreier Töchter und Unterstützer des Irak-Kriegs - Zeit gelassen: Gut 12 Jahre sind seit dem dritten (und fast 20 Jahre seit dem ersten) "Stirb langsam"-Film vergangen. Zur Premiere von "Stirb langsam 4.0" kam der 1955 auf einer US-Basis in Idar-Oberstein geborene und in New Jersey aufgewachsene Schauspieler nach Berlin. Sein Schlüsselsatz: "Zum Helden wird man, wenn Hilfe gebraucht wird und niemand anderes da ist, was zu tun."

Mister Willis, betrachtet man Anfang und Ende von "Stirb langsam 4.0", wirkt es fast, als ginge es nur darum, für John McClanes Tochter einen geeigneten Freund zu finden ...

Darum geht es vielleicht auch, aber kaum in erster Linie. Natürlich sollte das eine etwas amüsantere Klammer für den Film bilden, doch es stehen andere Sachen im Vordergrund: Technologie, Cyber-Terrorismus und auch die Mythologie der "Stirb langsam"-Serie.

Denkt man eigentlich während des Drehs, wenn man erschöpft ist und voller Filmblut: Mann, als nächstes mache ich mal eine nette, kleine romantische Komödie?

Ich hätte nichts gegen eine romantische Komödie. Ich frage mich, wie andere Schauspieler an solche Rollen kommen, wo sie einen schicken Anzug tragen und mit den Damen herumknutschen. Das mache ich höchstens privat. Was Ihre Frage betrifft: Ich mag Filmblut. Ich finde, am besten wirke ich im Dunkeln, schmutzig und blutverschmiert. So sehe ich dann auch in den meisten meiner Filme aus.

Können Sie sich Ihre Popularität und die der "Stirb langsam"-Filme erklären?

Irgendwie schon. Als ich den ersten "Stirb langsam" gedreht habe, war ich 32 Jahre alt und hatte wenig Berufserfahrung. Deshalb habe ich für die Rolle des John McClane viel von mir selber eingebracht; es war mir sehr wichtig, ihn als ganz normalen Typen zu zeigen, nicht als Superhelden. McClane hatte viel von mir: den Sinn für Humor, die Ablehnung von Autorität, die Liebe zur Familie, meinem Land und, das ist mir immer wichtig gewesen, die Abscheu gegenüber jeglicher Form von Ungerechtigkeit. Ich ertrage es nicht, wenn Unschuldigen etwas angetan wird - auch ein Motiv der "Stirb langsam"-Reihe. Ein Grund, den vierten Film zu machen, war für mich die Chance, dem ursprünglichen Konzept noch mal möglichst nahe zu kommen. Film 2 und 3 hatten zwar einige gute Elemente, sich aber deutlich vom ersten Film entfernt. Und mir hat das Original immer am besten gefallen.

Was war diesmal bei den Dreharbeiten anders als 1988?

Ich bin älter. Alt. (Auf Deutsch:) Sehr alt. Das war alles nicht so einfach. Die Stunt-Leute waren etwa halb so alt wie ich; sie haben mir gesagt, ich sollte weniger Action-Szenen selbst drehen. Da fühlte ich mich herausgefordert und hab dann mehr Stunts selbst gemacht als ursprünglich geplant. Hat Spaß gemacht. Mir hat gefallen, dass der Regisseur Len Wiseman die "Stirb langsam"-Idee ins 21. Jahrhundert retten wollte, ohne sich dabei auf Computereffekte zu verlassen: Gut 80 Prozent sind ganz altmodische Stunt-Sequenzen. Irgendwie war das, als würde man einen neuen Film in den 80ern drehen. Es gab auch nur eine Green-Screen-Aufnahme: Man darf offenbar in Washington nicht mit einem Kampfjet wenige Meter über dem Boden eine Straße herunterjagen. Ich fand die klassische Action-Arbeit wirklich gut, aber ohne Blessuren geht das selten ab: Beim Dreh bin ich schon mal umgehauen worden, einmal musste an meinem Auge genäht werden. Aber ich mag das, da kann man mal was rauslassen, so ein Männer-Ding, sich auch mal prügeln. Im richtigen Leben lass ich's, das kommt nicht so gut.

Es hieß anfangs oft, "Stirb langsam 4.0" wäre so etwas wie ein Stafettenwechsel und dass die Serie in jüngere Hände gelegt werden würde. Gab es dafür ernsthafte Pläne?

Nein, eigentlich nicht. Der junge Mann, der McClane an die Hand gegeben wird, sollte dem Polizisten aus dem Analog-Zeitalter bei den technischen Herausforderungen helfen. Ich würde jedoch nicht das Schicksal der Welt in die Hände von Justin Long legen wollen. Aber er hatte, nicht unwichtig, komödiantisches Talent: Die Filme sind auch für McClanes eher düsteren Humor bekannt, und Justin hat das gut ergänzt.

Was halten eigentlich Ihre drei Töchter von John McClane?

Den neuen Film haben sie noch nicht gesehen, aber sie kennen die anderen. Da heißt es oft: Hey, Papa, du spielst ja nur dich selbst ... Das ist okay, ich nehme das ja auch nicht so ernst. Jeder denkt, ich wäre berühmt, aber für mich ist das Blödsinn. Viel zu viel vom Star-Rummel und der Popkultur ist nur eine Illusion.

Wie meinen Sie das?

Ich bin doch auch nur ein ganz normaler Kerl. Klar, einer, der das Glück hatte, Filmschauspieler sein zu können. Mit diesem Mythos Hollywood-Star, der rund um die Uhr ein supertolles Leben führt, hat das aber nichts zu tun. Am schönsten ist es für mich, Zeit mit meinen Töchtern zu verbringen - das ist eine Seite, die man weder auf der Leinwand noch im Fernsehen oder in Magazinen zu sehen bekommt. Stattdessen wird da die Illusion Hollywood, das Irreale kultiviert. Mir selbst bedeutet das nichts.

Interview: Thomas Klein

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Foto: Muss sich unbedingt ein stärkeres Rheuma-Mittel verschreiben lassen: Bruce Willis als John McClane.