Union droht mit "Ende der Friedenspflicht"

Die Gedankenspiele in der SPD, Andrea Ypsilanti mit Hilfe der Linken zur hessischen Ministerpräsidentin wählen zu lassen, belasten zunehmend die Große Koalition. Träte dies ein, würde die Union die "Friedenspflicht" beenden.

Darauf verständigten sich nach Informationen der "Bild"-Zeitung Bundeskanzlerin Angela Merkel am Mittwoch in einem vertraulichen Gespräch mit Unionsfraktionschef Volker Kauder. Sollte die SPD in Hessen mit der Linkspartei zusammenarbeiten, könne die SPD von der Union kein Entgegenkommen mehr in Sachfragen erwarten.

SPD-Chef Kurt Beck hat dafür jüngst grünes Licht gegeben und damit einen Schwenk vollzogen. Auch innerhalb der SPD wird der Streit über den Umgang mit der Linkspartei schärfer. Konservative SPD-Politiker wie Vizeparteichef Peer Steinbrück reagierten alarmiert. Steinbrück warnte Beck vor dem Verlust der Glaubwürdigkeit. Auch nach der Wahl gelte, was Beck und Hessens SPD-Spitzenkandidatin Ypsilanti vor der Wahl gesagt hätten, sagte Steinbrück der "Bild am Sonntag": "Sie haben beide deutlich gemacht, dass sie auch nicht billigend in Kauf nehmen wollen, dass Frau Ypsilanti mit den Stimmen der Linkspartei zur Ministerpräsidentin gewählt wird. Die SPD darf und wird hier nicht ihre Glaubwürdigkeit aufs Spiel setzen."

In den offenen Streit schaltete sich am Samstag auch die SPD-Linke ein und wandte sich gegen Denkverbote. Ihr Sprecher Björn Böhning plädierte dafür, das Verhältnis zur Linkspartei nicht zu tabuisieren. "Es wäre schlecht, diese Debatte mit Dogmen zu beginnen", sagte Böhning der Nachrichtenagentur Reuters. "Die SPD muss die strategische Frage lösen, die mit Bezug auf die Linkspartei vor ihr liegt." SPD-Vorstandsmitglied Hermann Scheer, der als Wirtschaftsminister vorgesehen ist, sähe in Ypsilantis Wahl zur Ministerpräsidentin mit Stimmen der Linkspartei keinen Wortbruch, "wenn wir als Minderheitsregierung ohne inhaltliche Absprachen mit der Linkspartei antreten".

"Spiel mit dem Feuer"

Der CSU-Vorsitzende Erwin Huber warnte offen vor unabsehbaren Folgen für die Große Koalition, sollte sich Ypsilanti mit Stimmen der Linken wählen lassen. "Ein Pakt mit der kommunistischen Linken wäre eine schwere Belastung für die Große Koalition", sagte Huber dem Blatt und warf der SPD ein "Spiel mit dem Feuer" vor. CSU-Präsidiumsmitglied Markus Ferber forderte sogar, in diesem Fall das Bündnis mit der SPD im Bund aufzukündigen. Nach einem solchem Wählerbetrug gäbe es keine Grundlage für eine Zusammenarbeit mehr, sagte er der Zeitung. "Dann sollte die Kanzlerin die SPD-Minister entlassen und Neuwahlen ansteuern."

Linkspartei zweifelt an Ypsilantis Rückhalt

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Der Fraktionschef der Linken im Bundestag, Gregor Gysi, äußerte Zweifel, dass Ypsilanti eine von der Linkspartei tolerierte Regierung in den eigenen Reihen durchsetzen könnte. "Ich glaube nicht, dass Frau Ypsilanti von ihren eigenen Leuten ausreichend gewählt wird", sagte Gysi dem Magazin "Der Spiegel". Nicht alle Mitglieder der Landtagsfraktion seien für eine Tolerierung zu gewinnen. Zugleich verlangte Gysi Verhandlungen zwischen SPD und Linken, sollte es doch zu einer Minderheitsregierung kommen. "Einfach Anträge zu stellen und uns als Mehrheitsbeschaffer von Fall zu Fall zu nutzen, das wird nicht gehen", sagte Gysi. "Wir wollen direkte Gespräche." Er lege die Hand dafür ins Feuer, dass die Abgeordneten der Linkspartei für Ypsilanti stimmten.

Mit wem? Hessens SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti bringt die Union in Rage.
 Mit wem? Hessens SPD-Vorsitzende Andrea Ypsilanti bringt die Union in Rage.

Der Streit erreicht zusehends auch die Koalition im Bund. CSU-Parteichef Erwin Huber warnte die SPD in der "Bild"-Zeitung vor einem "Spiel mit dem Feuer" und einer "schweren Belastung für die große Koalition". Der CSU-Europaabgeordnete Markus Ferber, der auch Mitglied des CSU-Präsidiums ist, forderte für den Fall das Ende der Koalition: "Dann sollte die Kanzlerin die SPD-Minister entlassen und Neuwahlen ansteuern." CSU-Landesgruppenchef Peter Ramsauer warnte in der "Welt am Sonntag" vor "atmosphärischen Störungen". CDU-Generalsekretär Ronald Pofalla sprach von einem Wortbruch Becks und Ypsilantis und forderte die Wähler in Hamburg auf, der SPD dafür bei der Wahl in der Hansestadt die Quittung zu geben.

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FTD.de, 23.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: dpa

 

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