Wohl kein anderer Markt ist so stark reguliert wie das deutsche Gesundheitswesen. Dabei existiert nicht der eine, alles regelnde Koordinationsmechanismus. Im Gegenteil: Zahlreiche Gesetze, Rechtsgebiete und Akteure bestimmen die komplexen Spielregeln und vor allem die Abläufe im Gesundheitsmarkt.
Im Alltag führt das zu vielen Problemen und Fragen, insbesondere was die Rolle der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) im Markt angeht. In den vergangenen Jahren hat der Gesetzgeber die historisch eindeutige Zuordnung des Gesundheitswesens zum Sozialrecht an vielen Stellen durchbrochen.
Seit der Einführung von "solidarischem Wettbewerb", leistungsorientierten Vergütungsregelungen und insbesondere der Abkehr vom traditionellen Kollektivprinzip auf der Leistungssteuerungsseite ist die Situation zwischen Krankenversicherungen und Leistungserbringern ambivalent. Ihr Verhältnis hat sich geändert - und damit die Anforderungen an den Rechtsrahmen.
Je mehr wettbewerbliche Elemente in sozialen Sicherungssystemen Einzug halten, desto eher scheitern die Versuche, die GKV als Ausnahmebereich vom allgemeinen Wettbewerbsrecht anzusehen. Nach dem politischen Leitbild einer "solidarischen Wettbewerbsordnung" soll das Gemeinwohl bewusst durch den Wettbewerb und nicht mehr durch hoheitliche Anspruchsrechte erreicht werden.
Folglich sind auch wettbewerbsrechtliche Fragen zu beachten - sonst wird das Ziel verfehlt. Als Ausnahmebereich ließe sich das Gesundheitswesen nur einordnen, wenn sich Solidarprinzip und Markt völlig ausschließen würden. Vielfältige Modelle zeigen aber: Das ist nicht der Fall. Daher ist auch bei der GKV zunehmend von Wettbewerb auszugehen.
Das ist politisch gewollt: Mit der Idee des selektiven Kontrahierens - danach sollen sich die Kassen ihre Partner gezielt aussuchen und nicht mehr alles bezahlen - wird der Vorstellung eines Wettbewerbs als Suchprozess um bessere Qualität und Leistungen gefolgt. Hier sollen die Kassen unternehmerisches Verhalten im Sinne einer funktionalen Wettbewerbsordnung zeigen.
Krankenversicherungen verhalten sich demnach wie Unternehmen - zumindest in Modellvorhaben und Integrationsverträgen. Als Agenten ihrer Versicherten gewährleisten sie effektive und effiziente Leistungen. Selbst im regulierten Wettbewerb der GKV sind die Kassen als agierende Akteure Unternehmen im funktionalen Sinne - und keine reinen Verwalter.
Noch ist der Wettbewerb in vielerlei Weise reglementiert und kontrolliert. Aber er hat bereits einen tiefgreifenden Veränderungsprozess in der Kassenlandschaft gestaltet. Dies als Chance zu begreifen ist die Option der Zukunft. Die jüngsten Beispiele für Ausschreibungsmodelle und Rabattverträge zeigen, dass es höchste Zeit ist, gleiche Wettbewerbsbedingungen für Leistungserbringer und Kassen zu schaffen.
Unternehmerisch tätig werden zu können bedeutet auch, sich die unternehmerischen Konsequenzen zurechnen zu lassen. Dies geht nur durch konsequente Anwendung des Kartell-, Wettbewerbs- und Vergaberechts für Krankenversicherungen - und, zumindest langfristig, durch eine Abkehr vom Status der Körperschaft des öffentlichen Rechts.
Peter Oberender leitet das Institut für angewandte Gesundheitsökonomie
FTD.de, 24.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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