Seit vergangenem Donnerstag tickt die Uhr für ein paar Hundert Steuersünder. Klaus Zumwinkel sei kein Einzelfall, sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums. Gegen sehr viele bekannte und weniger bekannte Leistungsträger werde ermittelt - möglicherweise handele es sich um eine vierstellige Zahl. Rund 125 Ermittlungsverfahren sollen nach Informationen des "Spiegel" ab dieser Woche laufen, die Rede ist von etwa 900 Durchsuchungsbeschlüssen und mehr als 1000 Verdächtigen. Das Ministerium riet den Steuerflüchtigen, noch rechtzeitig eine Selbstanzeige einzureichen.
Grundsätzlich gilt: Wer Steuern hinterzogen hat, aber eine Selbstanzeige erstattet, kann nicht bestraft werden. Erstattet wird diese Anzeige am besten direkt beim Finanzamt. Zweck der Regelung ist, dass der Staat die Steuern bekommt, die ihm ohne die Selbstanzeige entgingen. "Zynisch könnte man sagen: Das ist so eine Art Deal. Der Staat gibt seinen Strafanspruch auf und bekommt dafür die Steuergelder", sagt Andreas Hoyer, Direktor des Instituts für Wirtschafts- und Steuerrecht an der Uni Kiel. Straffrei geht der Täter aber nur dann aus, wenn die Selbstanzeige wirksam ist. "Wenn eine Selbstanzeige nicht sehr sorgfältig vorbereitet wird, schafft sie eher Probleme, als dass sie sie löst", sagt Strafverteidiger Jan Alexander Schemmel von der Kanzlei Roxin.
Die gesetzliche Höchststrafe von bis zu zehn Jahren Haft wird nahezu nie verhängt. Im Einzelfall richtet sich das Strafmaß vor allem nach der Höhe des Schadens. Die Praxis zeigt, dass in Fällen, wo lediglich Kapitaleinkünfte nicht versteuert wurden, die Täter mit einer Geldstrafe davonkommen - sofern sie mit den Ermittlern kooperieren. Bei Millionenschäden kann es auch zu einer Bewährungsstrafe kommen.
Um der Strafe ganz zu ergehen, ist eine Selbstanzeige nur dann wirksam, wenn der Steuerflüchtling falsche oder unvollständige Angaben gegenüber der Finanzbehörde korrigiert und die hinterzogenen Steuern zahlt. Dies geht nur so lange, bis ein Ermittler ein Verfahren eingeleitet hat oder wenn die Tat entdeckt war und der Täter dies wusste oder damit rechnen musste. "Wenn die Ermittler den Klingelknopf betätigen, ist es auf jeden Fall zu spät", sagt Schemmel.
Doch auch wenn der Steuersünder weiß, dass gegen ihn ermittelt wird, kann eine Selbstanzeige sinnvoll sein. Im Falle einer Verurteilung gewährt das Gericht dann einen Strafabschlag, der bis zur Hälfte der hinterzogenen Summe betragen kann. Wenn die Ermittler also vorfahren, sollte man ihnen mit seinen Aktenordnern entgegenrennen und schnell noch Selbstanzeige erstatten, sagt Hoyer. Schemmel rät, bei einer Selbstanzeige dringend alle hinterzogenen Steuern anzugeben.
Eine Selbstanzeige ist aber nur dann sinnvoll, wenn der Steuerpflichtige flüssig ist. "Man muss in der Lage sein, alles zurückzahlen zu können - auch dann, wenn es sich um Millionenbeträge handelt", sagt Schemmel. Die Selbstanzeige sei in seiner Beratung zwar ein wichtiger Punkt, sagt Michael Weber-Blank, Steuerstrafrechtler in der Anwaltskanzlei Schindhelm, der bis vor einigen Jahren selbst als Staatsanwalt Steuersündern auf der Spur war. Doch sei diese in der Praxis kaum durchsetzbar, da enorme Summen aufliefen. "Wer also die Steuern von 1998 nachzahlt, muss noch mal 60 Prozent des Betrages draufschlagen", sagt Weber-Blank. "Das wird unglaublich teuer. Und deshalb kommt das für viele Mandanten nicht infrage."
Für Steuerberater ist das Geschäft mit reuigen Steuersündern lukrativ. Meist geht es um größere hinterzogene Beträge, nach denen sich das Honorar laut Gebührenverordnung richtet. Eine Abrechnung nach Stundensatz ist kaum billiger. "Allein die Auflistung der Erträge auf Auslandskonten nach deutschem Recht benötigt viel Arbeit", sagt Steuerberater Volker Schmidt von der Kanzlei Ebner, Stolz &Partner.; Danach geht es an die Erstellung einer berichtigten Steuererklärung, was wegen der verlängerten Verjährungsfrist oft 13 Jahre umfasst. Dann prüft die Steuerfahndung, ob ein Strafverfahren eingeleitet werden muss, und die Finanzbeamten fordern jeden Bankbeleg an. Denn die schwarz deponierten Gelder stammen oft aus betrieblichen Quellen, die ebenfalls unversteuert waren. Somit müssen auch Bilanzen, Gewerbe- sowie Umsatzsteuererklärungen vergangener Jahre neu erstellt werden.
Das Strafmaß |
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Geregelt Die Abgabenordnung und das Strafgesetzbuch schreiben die Strafen für Steuerhinterziehung vor. Die Steuer wird für bis zu 13 Jahre rückwärts nacherhoben. Hinzu kommen pro Jahr sechs Prozent Hinterziehungszinsen. |
Abgestuft Bei hinterzogener Steuer unter 50.000 Euro wird das Strafverfahren meist gegen eine Geldauflage eingestellt, und bis 200.000 Euro werden 90 Tagessätze fällig. Das zieht Vorbestrafung und berufsrechtliche Folgen nach sich. Bei Hinterziehung über 200.000 Euro Steuer gibt es einen Strafprozess, der oft mit Freiheitsstrafe auf Bewährung ausgeht. Geht der Betrag an die Millionengrenze, muss der Steuersünder für bis zu zwei Jahre ins Gefängnis - in schweren Fällen für maximal zehn Jahre. |
Aus der FTD vom 18.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland
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