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Geld für Steuer-CD "Anreiz für Erpresser"

von Annette Berger und Claus Hecking (Hamburg)

Die Steueraffäre könnte dem Fiskus nicht nur zusätzliche Millionen einbringen - sondern der Bundesregierung auch mehr Ärger bereiten, als ihr lieb ist. Als "Anreiz für Erpresser" wertet die FDP die jüngsten Entwicklungen. Die nächste Sitzung des Haushaltsausschusses könnte für Finanzminister Peer Steinbrück ungemütlich werden.

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Es sei bedenklich, wenn die Regierung Signale an Kriminelle sende, dass mit der Herausgabe von sensiblen Kundendaten viel Geld zu verdienen sei, sagte die FDP-Bundestagsabgeordnete Ulrike Flach FTD-Online. Dadurch würden diejenigen ermutigt, "die ohnehin bereits im Trüben fischen."

Der Bundesnachrichtendienst (BND) hatte einem Informanten für 4 bis 5 Mio. Euro eine CD mit brisanten Steuer-Daten aus Liechtenstein abgekauft. Die Höhe der Zahlung bestätigte am Montag ein Sprecher Steinbrücks. Die gesamte Aktion sei "intensivst im Vorfeld" geprüft worden.

Aus Sicht des Bundes der Steuerzahler hat das Geschäft zwischen dem BND und dem Informanten ein Geschmäckle. "Der Zweck heiligt nicht die Mittel", sagte Ralf Thesing, Justiziar beim Landesverband Niedersachsen und Bremen FTD-Online. Der Verband habe für sich zwar noch nicht geprüft, ob der Straftatbestand der Hehlerei vorliege. Bei Deals, wie ihn der BND gemacht habe, schließe man aber einen Pakt mit dem Straftäter. "Der Staat verlangt Rechtstreue von seinen Bürgern - dann muss er sich auch selbst daran halten", fügte der Anwalt hinzu.

Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble (CDU) hatte den Datenkauf am Wochenende als "rechtlich in Ordnung und sachlich notwendig" bezeichnet. Medienberichten zufolge hofft der Fiskus, mithilfe der Daten Hunderte Steuersünder zu enttarnen und 300 bis 400 Mio. Euro zusätzlich einzunehmen. Die Deutsche Steuergewerkschaft, die Arbeitnehmervertretung der Finanzverwaltung, spricht sogar von möglichen Einnahmen in Milliardenhöhe.

Ulrike Flach (FDP) will Kriminellen keine Anreize für Millionen-Geschäfte mit dem BND geben
 Ulrike Flach (FDP) will Kriminellen keine Anreize für Millionen-Geschäfte mit dem BND geben

Neue Geldquelle für die Halbwelt

"Ich lehne eine solche eine Praxis kategorisch ab", sagte Flach zu dem Datenkauf des BND. Die FDP-Politikerin sitzt im Haushaltsausschuss des Parlaments. Die Bundesregierung eröffne Kriminellen quasi neue Verdienstmöglichkeiten. Die Frage, ob der Staat für zweifelhafte Informationen bezahlen dürfe, beantworte sie klar mit nein. "Es ist nicht Aufgabe des Steuerzahlers, für Daten, die nach rechtlicher Prüfung womöglich nicht verwertet werden dürfen, Millionen zu zahlen", sagte auch die FDP-Parlamentarierin Claudia Winterstein, die ebenfalls dem Haushaltsausschuss angehört.

Finanzminister Steinbrück (SPD) werde bei der nächsten Sitzung des Ausschusses am Mittwoch Stellung nehmen müssen, kündigte Flach an. Das Gremium kontrolliert die Ausgabenpolitik der Bundesregierung. Flach geht davon aus, dass auch der Bundesrechnungshof, der einen Vertreter im Ausschuss hat, "im Laufe der nächsten Wochen" die Millionenzahlungen an den unbekannten Informanten untersuchen werde.

Der BND jagd neuerdings Steuersünder
 Der BND jagd neuerdings Steuersünder

Rechnungshof spitzt die Ohren

Zwar prüft die Finanzkontrolle des Bundes die Zahlungen an den Informanten noch nicht, wie ein Sprecher der Behörde auf Anfrage sagte. Eine Untersuchung sei jedoch möglich. Der Bundesrechnungshof agiert selbstständig und unabhängig - kann also von niemandem beauftragt werden. Über die Zahlungen wisse man bislang "auch nur das, was in den Medien steht", sagte der Sprecher.

Auch das für die Geheimdienste zuständige Parlamentarische Kontrollgremium wird sich am Freitag mit der Rolle des BND in der Steueraffäre befassen. Dies geschehe allerdings "routinemäßig", wie der Vorsitzende des Gremiums, Thomas Oppermann (SPD), am Montag im RBB-Inforadio sagte. "Ich bin ganz sicher, dass er dabei im Rahmen seiner gesetzlichen Zuständigkeiten gehandelt hat", fügte der SPD-Politiker hinzu.

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FTD.de, 18.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: AP, dpa

 

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