Nach einem Gespräch mit Liechtensteins Regierungschef Otmar Hasler sagte Merkel: "Die Zeit drängt". Mit Blick auf die Verstrickung von Liechtensteiner Stiftungen und Banken in die Affäre sagte die Kanzlerin: "Je schneller das passiert, desto besser das Fundament für die gutnachbarschaftlichen Beziehungen." Sie erinnerte daran, dass im Bundestag bei der Umsetzung des Schengen-Abkommens mit Liechtenstein "Fragen" gestellt werden könnten, wenn das Fürstentum nicht zu internationalen Finanzabkommen gegen Steuerbetrug bereit sei.
Im Gegensatz zu den harschen Vorwürfen des Liechtensteiner Staatsoberhaupts Erbprinz Alois, der am Dienstag von einem "Angriff" Deutschlands auf sein Land gesprochen hatte, signalisierte Hasler Bereitschaft zur Zusammenarbeit. Er legte sich nicht auf zusätzliche Schritte fest, vermied aber Vorwürfe wegen der Aktion des Bundesnachrichtendienstes (BND) in seinem Land.
Merkel verlangte konkret den Beitritt des Fürstentums zu drei Abkommen, die Steuerhinterziehung und Geldwäsche verhindern sollen. Als Maßstab nannte sie Abmachungen, die Liechtenstein nach massiven Druck aus Washington mit den USA abgeschlossen hat. "Was in den USA möglich ist, sollte auch mit der EU möglich sein." Liechtenstein musste sich gegenüber den USA verpflichten, im Ausland lebende US-Bürger zu melden, die Geld in das Fürstentum transferieren.
Nach der einstündigen Begegnung mit Hasler wählte die Kanzlerin so deutliche Worte, wie sie sie gegenüber einem ausländischen Gast noch nie gebraucht hatte. Sie bestritt, der Regierung in Vaduz ein Ultimatum gestellt zu haben. Mit Blick auf den geplanten Wegfall der Grenzkontrollen zwischen der EU und Liechtenstein durch das Schengen-Abkommen sagte sie, die Bundestags-Abgeordneten würden sich dann erkundigen, wie es mit anderen Vereinbarungen stünde.
Nachdem sich herausgestellt hat, dass möglicherweise mehrere Hundert Bundesbürger über Stiftungen und Banken in Liechtenstein Steuern hinzogen haben, unterstrich Merkel den Grundsatz der Steuerpflicht aller Bürger in Deutschland. Die Bundesregierung fände es nicht gut, wenn von den Banken in Liechtenstein "gewisse Animationen" ausgingen, die Steuerhinterziehung begünstigten.
Merkel und Hasler unterstrichen ihr Interesse an guten Beziehungen - ungeachtet der harschen Worte der vergangenen Tage. Mit Blick auf die Vorwürfe des Liechtensteiner Staatsoberhauptes sagte die Kanzlerin, sie wolle die Worte "lieber nicht auf die Goldwaage legen". Hasler sagte zu, dass sich Liechtenstein Schritt für Schritt in den europäischen Rechtsrahmen eingliedern wolle. Sein Land habe bereits erhebliche Reformschritte eingeleitet und befinde sich auf einem konstruktiven Weg. "Wir sind interessiert daran, dass das Betrugsabkommen bald abgeschlossen wird."
Auch das Bundesfinanzministerium hat Liechtenstein und andere Steueroasen scharf kritisiert. Staaten, deren Behörden mit ausländischen Steuerbehörden nicht zusammenarbeiteten und in denen es keinen Zugang zu Informationen über Besteuerung gebe, betrieben ein bewusstes "Steuerhinterziehungsgeschäft", sagte die Parlamentarische Finanzstaatssekretärin Nicolette Kressl (SPD) am Mittwoch im Bundestag. "Dieses Verhalten ist ein Angriff auf das Recht der Staaten, ihre Steuern so zu erzielen, wie sie auch die Gesetzgebungen auf den Weg gebracht haben." Dadurch gingen nicht nur Deutschland große Steuerbeträge verloren, sagte Kressl. Ein Sprecher des Finanzministeriums hatte bereits zuvor Transparenz bei Stiftungen in Liechtenstein gefordert. Diese Stiftungen seien eine "Einflugschneise für Kriminalität".
reuters, 20.02.2008
© 2008 Financial Times Deutschland, © Illustration: Getty Images
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